Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
Vom Netzwerk:
Schoß der einzigen römisch-katholisch-apostolischen Kirche zurückkehren müssen, sobald sich die von Christus geweissagte Zeit erfüllen wird. Was Sie aber nicht gesagt haben, ist, daß die Kirche nicht das geringste vom Dogma aufgeben kann. Im Gegenteil, Sie scheinen geglaubt zu haben, daß eine Einigung entstehen, daß man sich von dieser und jener Seite Zugeständnisse machen wird; das ist ein verdammungswürdiger Gedanke, eine Sprache, die ein Priester nicht sprechen darf, ohne ein Verbrecher zu sein. Die Wahrheit ist absolut; kein Stein des Gebäudes darf verrückt werden. O, in der Form – soviel man will! Wir sind zur größten Versöhnlichkeit geneigt, wenn es sich nur um die Umgehung gewisser Schwierigkeiten, um eine vorsichtige Ausdrucksweise zur Erleichterung der Einigung handelt. Das ist gerade so wie unsere Rolle im zeitgenössischen Sozialismus. Wir müssen uns verstehen. Gewiß sind die, die Sie so richtig die Enterbten dieser Welt nannten, der Gegenstand unserer Sorge. Wenn der Sozialismus einfach den Wunsch nach Gerechtigkeit, die fortwährende Absicht ist, den Schwachen und Leidenden zu Hilfe zu kommen, so beschäftigt sich, so arbeitet niemand mit größerer Energie daran wie wir. Ist denn die Kirche nicht stets die Mutter der Betrübten, die Helferin und Wohlthäterin der Armen gewesen? Wir sind für allen vernünftigen Fortschritt, wir geben alle neuen sozialen Formen zu, die zum Frieden, zur Brüderlichkeit verhelfen werden. Aber den Sozialismus, der damit anfängt, Gott zu versagen, um das Glück der Menschen zu sichern, können wir nicht anders als verdammen. Das ist einfach ein Zustand der Wildheit, ein abscheulicher Rückfall, bei dem es nichts als Katastrophen, Brand und Gemetzel geben wird. Das ist auch etwas, was Sie nicht mit genügendem Nachdruck gesagt haben; denn Sie haben nicht dargelegt, daß außerhalb der Kirche keinerlei Fortschritt stattzufinden vermag, mit einem Worte, daß sie die einzige Einweihende, die einzige Führerin ist, der man sich furchtlos anvertrauen darf. Ja, es schien mir sogar – und das ist eines Ihrer Verbrechen – es schien mir, daß Sie Gott beiseite setzten, daß die Religion für Sie einzig und allein ein seelischer Zustand, eine Blüte der Liebe und Barmherzigkeit blieb, in der man sich bloß zu finden braucht, um sein Heil zu sichern. Eine fluchwürdige Häresie! Gott ist immer gegenwärtig, der Herr der Seelen und Körper, und die Religion bleibt das Band, das Gesetz, sogar die Regierung der Menschen, ohne die es nichts als Barbarei in dieser Welt und Verdammung in der andern geben könnte. Nochmals, an der Form liegt nichts; es genügt, wenn das Dogma bestehen bleibt. So beweist unsere Zustimmung zur Republik in Frankreich, daß wir das Schicksal der Religion nicht an eine selbst erhabene und uralte Regierungsform knüpfen wollen. Wenn die Zeit der Dynastien vorüber ist – Gott ist ewig. Mögen die Könige zu Grunde gehen, Gott aber lebe! Uebrigens hat die republikanische Staatsform nichts antichristliches an sich; im Gegenteil, es scheint, daß sie etwas wie ein Erwachen jener christlichen Gemeinde ist, von der Sie in wirklich reizenden Worten sprachen. Das Schlimmste ist, daß die Freiheit sofort eine Licenz wird und daß man uns unsern Vermittlungswunsch oft sehr böse lohnt. – Ach, mein Sohn, was für ein schlechtes Buch haben Sie geschrieben! Ich will ja glauben, daß es in der besten Absicht geschah. Und wie beweist Ihr Schweigen, daß Sie die verhängnisvollen Folgen Ihres Fehlers einzusehen beginnen!« Vernichtet, fuhr Pierre fort zu schweigen; er fühlte in der That, daß eines seiner Argumente nach dem andern wie an einem tauben, blinden, undurchdringlichen Felsen zusammenbrach. Es wäre nutzlos, es wäre ein Hohn gewesen, wenn er versucht hätte, sie in ihn hineinzutreiben. Wozu denn, da doch nichts in ihn eindrang? Er hatte jetzt nur noch einen Gedanken: er fragte sich mit Ueberraschung, wie ein Mann von dieser Intelligenz, diesem Ehrgeiz sich nicht einen klareren und genaueren Begriff von der modernen Welt gemacht habe? Offenbar war er über alles belehrt, unterrichtet, auf alles achtsam, hatte die unermeßliche Karte der Christenheit mit deren Bedürfnissen, Hoffnungen, Handlungen im Kopfe, und blieb inmitten des komplizirten Gewirres seiner diplomatischen Kämpfe hellsehend und klar. Und dennoch, was für Lücken! Es konnte nicht anders sein, als daß er von der Welt einzig und allein das wußte, was er von ihr während seiner

Weitere Kostenlose Bücher