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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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verscheidet! Es ist die Agonie so großen Ruhmes, die furchtbare Schwermut einer Welt, die an Erschöpfung und aus Hunger stirbt! ... Und habe ich nicht da, unter den Fenstern Eurer Heiligkeit ein grauenhaftes Viertel, unvollendete Paläste gesehen, die von einem unseligen Erbe heimgesucht sind, wie rhachitische Kinder, die nicht ans Ende ihres Wachstums gelangen können – Paläste, die bereits Ruinen, der Zufluchtsort alles jammervollen Elends von Rom geworden sind? Und was für ein Leidensvolk, gerade wie in Paris! Nur stellt es sich mit noch größerer Unverschämtheit offen dar, duldet und zeigt in seiner furchtbaren Unbewußtheit die ganze soziale Wunde, den fressenden Krebs. Ganze Familien bringen ihr hungriges Müßiggängerleben unter der herrlichen Sonne zu. Die Alten sind nun gebrechlich geworden, die Väter warten darauf, daß ihnen ein bischen Arbeit vom Himmel fällt, die Söhne schlafen im trockenen Grase, die Mütter und Töchter, vorzeitig verwelkt, schwatzen und schleppen sich faul hin. O, heiliger Vater, gleich morgen, wenn der Tag anbricht, möge Eure Heiligkeit dies Fenster öffnen und durch den höchsten Segen dieses große Kindervolk wecken, das noch in seiner Unwissenheit und seiner Armut schlummert! Möge Eure Heiligkeit ihm die fehlende Seele geben, eine Seele, die sich der Menschenwürde, des notwendigen Gesetzes der Arbeit, des freien und brüderlichen, bloß von der Gerechtigkeit geregelten Lebens bewußt ist! Ja, möge Eure Heiligkeit ein Volk aus diesem Gesindel von Unglücklichen schaffen, deren Entschuldigung darin liegt, daß sie an Geist und Körper so viel leiden, daß sie wie das Vieh leben, das lebt und stirbt, ohne etwas zu wissen, zu begreifen, das mit Schlägen bearbeitet wird!«
    Nach und nach erstickte ihn das Schluchzen; von seiner Leidenschaft geschüttelt, fortgerissen, vermochte er nur noch stoßweise zu sprechen.
    »Ist es nicht der heilige Vater, an den ich mich im Namen der Unglücklichen wenden muß? Sind Eure Heiligkeit nicht der Vater? Muß nicht der Abgesandte der Armen und Geringen vor dem Vater niederknieen, so wie ich in diesem Augenblick kniee? Muß er nicht dem Vater die ungeheure Last ihrer Schmerzen überbringen, und endlich Mitleid, Hilfe, Rettung, Gerechtigkeit, o vor allem Gerechtigkeit verlangen? Eure Heiligkeit sind der Vater: möge also Eure Heiligkeit weit die Thür aufthun, damit alle Welt eintreten kann, bis zu den Geringsten ihrer Kinder – die Getreuen, die zufällig Vorübergehenden, selbst die Empörer, die Verirrten, jene, die vielleicht eintreten, die Eure Heiligkeit vor den Fehlern der Vernachlässigung retten werden. Seien Eure Heiligkeit der Zufluchtsort nach den bösen Straßen, der zärtliche Empfang, der die Wanderer erwartet, die immerwährend brennende gastliche Lampe, die schon von ferne bemerkt wird und die Rettung im Sturm ist ... Und da Eure Heiligkeit die Macht sind, seien Eure Heiligkeit das Heil. Eure Heiligkeit vermögen alles; Eure Heiligkeit haben Jahrhunderte der Gewalt hinter sich, sind heutigentags zu einer moralischen Autorität emporgestiegen, die sich zum Schiedsrichter der Welt machte, und stehen hier vor mir, wie die Majestät der erhellenden und fruchtbar machenden Sonne selbst. O, seien Eure Heiligkeit der Stern der Güte und Barmherzigkeit, der Erlöser, nehmen Eure Heiligkeit die Arbeit Jesu wieder auf! Man hat sie im Lauf der Jahrhunderte verderbt, indem man sie in den Händen der Reichen und Mächtigen ließ, die zuletzt aus dem evangelischen Werke das fluchwürdigste Monument der Hoffart und Tyrannei machten. Das Werk ist verfehlt; möge Eure Heiligkeit es wieder von vorne anfangen, sich mit den Kleinen, den Geringen, den Armen aussöhnen, sie zum Frieden, zur Brüderlichkeit, zur Gerechtigkeit der christlichen Gemeinde zurückführen ... Und Eure Heiligkeit spreche es aus, spreche es aus, daß ich Eure Heiligkeit verstanden, daß ich nur einfach die liebsten Ideen, den einzigen, lebhaften Wunsch der Regierung Eurer Heiligkeit ausgesprochen habe. An dem übrigen, o an dem übrigen, meinem Buche, mir – was liegt daran! Ich verteidige mich nicht, ich will nur den Ruhm Eurer Heiligkeit und das Glück der Menschen. Sprechen Eure Heiligkeit es aus, daß Sie aus der Tiefe Ihres Vatikans das dumpfe Krachen der alten, verfaulten Gesellschaften gehört haben. Sprechen Eure Heiligkeit es aus, daß Sie vor Rührung und Mitleid zittern, daß Sie die furchtbare Katastrophe verhindern wollten, indem Sie Ihren

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