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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Schritten von einem Ende des Zimmers zum andern.
    »Nein, nein, keine Anbequemung, Kein Nachlassen, keine Schwäche! Die Mauer aus Erz, die den Weg versperrt, der granitne Grenzstein, der eine Welt begrenzt! ... Mein lieber Sohn, ich habe es Ihnen bereits am Tage Ihrer Ankunft gesagt. Den Katholizismus den neuen Zeiten anbequemen wollen, heißt sein Ende beschleunigen, wenn er wirklich, wie die Atheisten behaupten, von einem nahen Tode bedroht wird. Er würde niedrig, schändlich sterben, statt aufrecht, würdig, stolz, in seiner alten, glorreichen Königswürde ... Ah, aufrecht sterben, nichts von der Vergangenheit verleugnen, der Zukunft trotzend, seinen ganzen Glauben bekennend!«
    Und dieser Greis von siebenzig Jahren, der furchtlos, mit der Geberde eines künftigen Jahrhunderten trotzenden Helden der endgiltigen Vernichtung entgegenblickte, schien noch zu wachsen. Der Glaube hatte ihm diesen ruhigen Frieden gegeben; es war der Frieden, den die Erklärung des Unbekannten durch das Göttliche dem Geiste verleiht, dessen Bedürfnis nach Gewißheit sie vollständig befriedigt, indem sie ihn ausfüllt. Er glaubte, er wußte, und hegte über den Tag nach dem Tode weder Zweifel noch Furcht. Aber eine stolze Schwermut klang jetzt aus seiner Stimme.
    »Gott vermag alles, selbst sein Werk zu zerstören, wenn er es schlecht findet. Wenn morgen alles zusammenfallen, die heilige Kirche unter Trümmern verschwinden, die ehrwürdigsten Heiligtümer unter den herabstürzenden Welten zusammenbrechen würden, so müßte man sich beugen und Gott anbeten, dessen Hand, nachdem sie die Welt geschaffen, sie wieder zu seinem eigenen Ruhm vernichtet. Ich warte, ich unterwerfe mich im voraus seinem Willen, der allein sich bekannt machen kann; denn nichts geschieht, ohne daß er es will. Wenn die Tempel wirklich erschüttert sind, wenn der Katholizismus wirklich morgen in Staub zerfallen muß, so werde ich da sein, um der Diener des Todes zu sein, so wie ich der des Lebens war. Ich bekenne sogar, es steht fest, daß es Stunden gibt, da schreckliche Zeichen mich betroffen machen. Vielleicht ist in der That das Ende der Zeiten nahe und werden wir jenem Zusammenbrechen der alten Welt beiwohnen, mit dem uns gedroht wurde. Die Würdigsten, die Höchsten werden zerschmettert, als ob der Himmel sich irre und in ihnen die Verbrechen der Erde strafe. Habe ich nicht den Hauch des Abgrunds, in dem alles untergehen wird, gespürt, seit mein Haus für Sünden, die mir unbekannt sind, von dieser furchtbaren Trauer heimgesucht ward, die es in den Schlund hinabstürzt, für ewig in die Nacht zurückkehren läßt?«
    Er beschwor die zwei teuren Toten im Nebengemach herauf, die unaufhörlich anwesend waren. Ein Schluchzen stieg ihm wieder in die Kehle; seine Hände zitterten, ein letztes Aufbäumen des Schmerzes schüttelte seinen großen Körper, ehe er sich mit Anstrengung unterwarf. Ja, da Gott sich erlaubt hatte, ihn so grausam anzugreifen, sein Geschlecht zu unterdrücken, da er mit dem Größten, mit dem Getreuesten begonnen hatte, mußte die Welt endgiltig verdammt sein. War das Ende seines Hauses nicht das nahe Ende von allem? Und in seinem hehren Fürsten- und Priesterstolz entrang sich ihm ein Schrei höchster Ergebung, während seine beiden Arme sich abermals gen Himmel erhoben.
    »O Allmächtiger, geschehe also dein Wille! Mag alles sterben, mag alles zusammenbrechen, alles in die Nacht des Chaos zurückkehren! Ich werde in diesem zerstörten Palaste aufrecht bleiben, ich werde warten, bis mich seine Trümmer begraben. Und wenn es dein Wille ist, daß ich der erhabene Totengräber deiner heiligen Religion werde, o, so sei ohne Furcht: ich werde nichts Unwürdiges thun, um ihr Leben um einige Tage zu verlängern! Ich werde sie aufrecht halten wie mich selbst, ebenso stolz, ebenso unwandelbar wie zur Zeit ihrer Allmacht. Ich werde sie mit derselben tapfern Hartnäckigkeit bekennen und nichts von ihr aufgeben – nichts, weder von der Disziplin, noch vom Ritus, noch vom Dogma. Und wenn der Tag kommen wird, werde ich sie mit mir begraben, werde sie lieber ganz mit mir in die Erde nehmen, ehe daß ich etwas von ihr abtrete, werde sie in meinen erstarrten Armen halten, um sie dir zurückzustellen, so wie du sie deiner Kirche in die Hut gegeben ... O Allmächtiger, Allerhöchster, verfüge über mich, mache aus mir, so es dein Wille ist, den Papst der Zerstörung, des Todes der Welt!«
    Pierre, von Furcht und Bewunderung gepackt, erzitterte vor der

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