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Rom - Band III

Rom - Band III

Titel: Rom - Band III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emil Zola , A. Berger
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Settembre brachte.
    Während der ganzen Nacht war ein feiner Regen gefallen, dessen Feuchtigkeit die Stadt in einen grünen Dunst einhüllte. Dieser Regen hatte aufgehört, aber der Himmel blieb sehr düster, und die Fassaden der großen neuen Paläste der Via Venti Settembre sahen unter diesem Dezemberhimmel mit ihren ganz gleichen Balkonen, ihren regelmäßigen Fensterreihen, die kein Ende nahmen, fahl, unendlich schwermütig aus. Besonders das Finanzministerium, diese gewaltige Anhäufung von Mauerwerk und Skulpturen, nahm das Aussehen einer toten Stadt, die unendliche Trauer eines großen, blutlosen Körpers an, den das Leben verlassen hat. Die Luft war durch den Regen milder geworden; es war beinahe heiß, eine feuchte Fieberwärme herrschte.
    In der Vorhalle des kleinen Palastes Prada begegnete Pierre zu seiner Ueberraschung vier bis fünf Herren, die im Begriffe waren, die Ueberröcke abzulegen; ein Diener sagte ihm, daß der Herr Graf eine Besprechung mit Unternehmern habe. Uebrigens, da der Herr Abbé den Vater des Grafen besuchen wolle, brauche er nur in den dritten Stock hinaufzusteigen. Die kleine Thür, rechts auf dem Treppenabsatz.
    Aber im ersten Stock sah sich Pierre plötzlich Prada gegenüber, der seine Unternehmer empfing. Er bemerkte, daß er furchtbar bleich wurde, als er ihn erkannte. Seit dem entsetzlichen Drama hatten sie sich nicht gesehen. Der Priester begriff daher, welche Angst, welche ungelegene Erinnerung an eine moralische Mitschuld, welche tödliche Unruhe sein Anblick in diesem Manne hervorrufen mußte.
    »Sie kommen zu mir? Sie haben mir etwas zu sagen?«
    »Nein, ich reise ab und will mich von Ihrem Vater verabschieden.«
    Pradas Blässe nahm noch zu; ein Zittern bewegte sein ganzes Gesicht.
    »Ah, zu meinem Vater. Er ist ein wenig leidend – schonen Sie ihn.«
    Und seine Angst verriet wider seinen Willen deutlich, was er befürchtete: ein unvorsichtiges Wort, vielleicht sogar eine letzte Mission, den Fluch jenes Mannes und jener Frau, die er getötet hatte. Sicherlich würde dann auch sein Vater sterben.
    »Ach, wie ärgerlich, daß ich nicht mit Ihnen hinaufgehen kann! Diese Herren erwarten mich. Mein Gott, wie ärgerlich! So wie ich nur kann, komme ich nach. O, gleich, gleich!«
    Da er nicht wußte, wie er ihn zurückhalten solle, mußte er ihn wohl mit seinem Vater allein lassen, während er selbst von seinen Geldangelegenheiten, die sich verschlechterten, hier unten angenagelt ward. Aber mit wie angstvollen Augen sah er ihm nach, wie flehte sein ganzes Zittern! Sein Vater, die einzige, wirkliche Liebe, die große, reine und treue Leidenschaft seines Lebens!
    »Lassen Sie ihn nicht zu viel reden, heitern Sie ihn auf. Nicht wahr, Sie werden das thun?«
    Oben wurde die Thür nicht von Battista, dem seinem Herrn so ergebenen ehemaligen Soldaten geöffnet, sondern von einem ganz jungen Manne, was Pierre anfangs nicht einmal bemerkte. Er fand das ganz kahle, ganz weiße Zimmer mit seiner einfachen hellen, blaugeblümten Papiertapete, mit seinem ärmlichen, hinter einem Wandschirm stehenden Eisenbette, den als Bibliothek dienenden paar Brettern an einer Wand, dem schwarzen, hölzernen Tisch und den zwei Rohrsesseln wieder, die die ganze Einrichtung ausmachten. Und aus dem breiten, hellen, vorhanglosen Fenster bot sich dasselbe wunderbare Panorama von Rom – ganz Rom, bis zu den fernen Bäumen des Janiculus. An diesem Tage war es von einem bleiernen Himmel erdrückt, von düstertraurigen Schatten überflutet. Aber der alte Orlando selbst, mit seinem prächtigen, alten weißen Löwenkopf, dem mächtigen Gesicht, den jugendlichen Augen, in denen noch die Leidenschaften funkelten, die einst in dieser Feuerseele gegrollt, hatte sich nicht verändert. Pierre fand ihn in demselben Lehnstuhl, neben demselben, mit denselben Zeitungen bedeckten Tisch wieder; seine Beine waren von derselben schwarzen Decke bedeckt, verhüllt, als ob diese toten Beine ihn da in einem steinernen Gehäuse unbeweglich festhielten, so daß man sicher war, ihn nach Monaten, nach Jahren ohne jede Veränderung, mit seinem lebendigen Oberkörper, seinem von Kraft und Intelligenz leuchtenden Gesicht wiederzufinden.
    Dennoch schien er an diesem trüben Tage niedergeschlagen zu sein und sein Gesicht sah düster aus.
    »Ach, da sind Sie, mein lieber Herr Froment! Seit drei Tagen denke ich an Sie; ich stelle mir die gräßlichen Tage vor, die Sie in dem tragischen Palaste Boccanera mitmachen mußten. Mein Gott, was für ein

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