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Rom kann sehr heiss sein

Titel: Rom kann sehr heiss sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henning Bo tius
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dunkel ist wegen der schlechten Beleuchtung. Sie muss noch eine Weile gelebt haben, den Spuren nach, denn sie hat sich einige Meter weitergeschleppt bis ins 17. Jahrhundert. Sie hat mit ihrem eigenen Blut etwas auf die Bordsteine geschrieben. Das Wort HUBRO. Es war schwierig, ihre Identität festzustellen, denn sie hatte keine Papiere dabei. Sie sah wie eine Südländerin aus, außerdem trug sie italienische Klamotten. Wir haben ihr Hotel ausfindig gemacht. Sie war dort als Silvia da Ponte registriert. Italienerin, wie der Portier bestätigte. Am Tag vor ihrer Ermordung angekommen. Sie sprach kein Finnisch, nur gebrochen Englisch, aber fließend Italienisch. Noch etwas war merkwürdig, sie war im achten Monat schwanger. Das Kind hat nicht überlebt. Wir haben ihren Weg anhand eines Fotos der Leiche zurückverfolgt. Sie ist tatsächlich aus Rom gekommen, mit Alitalia. Am Tag vor dem Mord. Sie stand in der Passagierliste als Valentina Fortichiari. Ein solcher Wechsel des Namens deutet natürlich darauf hin, dass sie untertauchen wollte. Sie muss überstürzt abgereist sein, denn sie hatte kein Gepäck. In Rom verliert sich ihre Spur. Einer der Gründe, weshalb ich hier bin. Der andere ist HUBRO. Wir wussten mit diesem Wort zunächst nichts anzufangen, bis einer von uns, ein gewisser Matti Vaala, eine Idee hatte, die uns weiterbrachte. Matti ist nicht nur sehr gebildet, vor allem was Mythologie, Sekten und dergleichen anbelangt, er ist auch ein Assoziationsgenie. Im Grunde hat er seinen Beruf verfehlt. Statt bei der Kripo zu arbeiten, hätte er lieber Dichter werden sollen. Matti denkt immer in Koinzidenzen, in Analogien, in Metaphern. Er assoziiert ständig alles mit allem. Mit ihm reden ist eine spannende Angelegenheit, weil er bei einer Diskussion ständig auf neue Verzweigungen kommt. Er behauptet von sich, eine moderne Form des Schamanen zu verkörpern. Schamanen analysieren nicht, sie bevorzugen einen anderen, direkten Zugang zu Problemen. Instinkt, Assoziationen, Charisma, Feeling, was weiß ich. Denken zweiter Ordnung nennt Matti es. Er sagt immer, man verscheucht das Problem, wenn man anfängt es zu analysieren. Man muss sich ihm nähern wie ein Kleinkind, das noch nicht sprechen kann. Es hört Laute und versteht sie irgendwann, ohne sie je analysiert zu haben. Ist das nicht auch deine Methode? Vielleicht lernt ihr euch ja mal kennen. Also Matti Vaala assoziierte HUBRO mit ARBRO. Das ist eine Abkürzung. Sie bedeutet Animal Breeding Organization. Irgendeine schottische Firma, die sich mit Klonen befasst. So viel ich weiß, existiert sie heute nicht mehr. Aber Leute, die bei ihr gearbeitet haben, sind durch das Klonschaf Dolly weltberühmt geworden. Matti entschlüsselte auf seine schamanenhafte Art HUBRO als Abkürzung für Human Breeding Organization. Wir sind der Meinung, dass es sich um eine Organisation handelt, die sich mit der Herstellung menschlicher Klone befasst. Wir glauben auch, dass sie sich hier in Rom befindet. In irgendeinem klimatisierten Keller. Natürlich kann man sie nicht im Branchenverzeichnis finden. Das Klonen von Menschen ist nach wie vor illegal, zumindest umstritten. Signora Fortichiari muss mit diesen Leuten zu tun gehabt haben, sonst hätte sie wohl kaum diese blutige Botschaft hinterlassen. Jetzt kennst du die Gründe dafür, warum ich hier bin. Übrigens, dass wir uns in diesem Moloch begegnet sind, würde Matti Vaala als Erfolg schamanistischer Vorgehensweise interpretieren.«
    Er seufzte und lehnte sich zurück. Die Kirchenbank quittierte es mit einem leisen Knarren. Einar legte seinen Arm um meine Schulter und sah mich liebevoll an. »Du hast damals auf meinem Balkon gesagt, man müsse sich den Zufall geneigt machen, sodass er sich wie die Vorsehung benimmt. Das waren deine Worte. Sie kamen mir damals reichlich esoterisch vor. Eine Art Verführung der dummen Wirklichkeit zur Logik! Ich habe mich also nach Rom aufgemacht, um mir den Zufall geneigt zu machen, um ihn zu verführen, und siehe da, was finde ich? Einen gewissen Piet Hieronymus!«
    Er stand auf. »Ich habe verdammt großen Hunger. Komm, wir essen was, und dann bist du dran mit Erzählen!«
    Wir landeten in einer billigen Kneipe, in der die Pizza vermutlich genauso schmeckte wie eine Pizza außerhalb Italiens. Vorsichtshalber bestellten wir Spagetti. »Piet«, sagte Einar, und allein an dem Nachdruck, den er seiner Stimme verlieh, begriff ich, dass es um schweres Gepäck ging, das man nur zu tragen in der Lage ist wegen

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