Roman
Sofort Klappe schließen und zurückziehen! Unerwartete oder unangenehme Situationen führten bei mir unweigerlich zum Ausstoß verbalen Mülls.
»Der Ärmste ist nie richtig darüber hinweggekommen. Er ist Buddhist geworden und zur Selbstfindung nach Nepal gegangen«, berichtete der Süße.
Ich war erneut vorübergehend sprachlos, bis das Grinsen wieder erschien, und mir klar wurde, dass das ein Witz sein sollte.
»In Wahrheit ist er zu Thomas Cook gewechselt und arbeitet jetzt im Charterverkehr zwischen Manchester und Malaga.«
Es fiel mir schwer, nicht zu lachen, zumal Lizzy neben mir die ganze Zeit kicherte.
»Gott sei Dank! In Nepal hätte er seine blonden Strähnchen gar nicht erneuern lassen können.«
Er lachte ebenfalls, dann sagte er: »Sorry, ich hab mich noch gar nicht vorgestellt. Ich bin Marc Cheyne. Und du bist sicher Lou.«
Seinem Gesichtsausdruck war anzusehen, dass er Informationen aus der Vergangenheit zusammensuchte.
Ich nickte. »Und das hier ist Lizzy.« Mit einer Geste, die in dieser Umgebung ein wenig übertrieben wirkte, schüttelte er ihr die Hand.
»Für wann ist das Baby ausgerechnet worden?«
»In zwölf Wochen.«
»Ah! Hattest du an dem Abend nicht kurz nach der Schlägerei Wehen bekommen? Ich erinnere mich vage, dass dich irgendwelche Sanitäter rausgetragen haben.«
Lizzy nickte. »Ja, es war in jeder Beziehung ein würdiger Abend.«
Plötzlich wurde mir klar, dass dieser Typ, so süß wie er war, allein da war. War das nicht ein bisschen seltsam? Zumal er auch noch aussah wie Anfang dreißig und somit ungefähr zehn Jahre älter als die meisten anderen in der Rock Lounge.
Hm, bestimmt war er ein Lustmolch, auf der Pirsch nach einem Opfer, das er flachlegen konnte. Und natürlich verheiratet. Die Tatsache, dass er keinen Ring trug, bedeutete schließlich nicht, dass er solo war. Wahrscheinlich hatte er ihn vorher abgezogen. Ich hatte ihn durchschaut! Aber was meine Lustgene betraf, überwogen all diese Fakten das süße Lächeln und die funkelnden Augen irgendwie nicht. Zum Glück war ich nüchtern genug, um die Situation im Griff zu haben und vernünftige Entscheidungen zu treffen. Lust oder nicht – ich würde mit einem seltsamen Typen, der allein durch dunkle Clubs schlich, nirgends hingehen.
»Bist du mit Freunden hier?«, hörte ich Lizzy fragen.
Verdammt, wieso war ich nicht selbst auf diese Idee gekommen?
»Nein …«
Ha! Ich hatte also recht! Ein Lustmolch auf der Suche. Wahrscheinlich hatte er nicht nur eine ansteckende Geschlechtskrankheit.
»Ich bin hier der Manager. Daher kenne ich auch Dan. Er war mit seinen Freunden regelmäßig hier. An dem Abend damals haben sie mich eingeladen mitzukommen.«
»Ich muss mal schnell aufs Klo«, meinte Lizzy. »Meine Blase macht, was sie will.«
In diesem Moment wechselte die Musik erneut die Richtung, und die Spice Girls erklärten mir, was ich wirklich, wirklich wollte. Ich brauchte keine Anleitung.
»Und? Bist du noch mit diesem anderen Typen zusammen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein. Öffentliche Erniedrigung hat auf die meisten Menschen eine abschreckende Wirkung.«
Er nickte grinsend. »Ja, manche Leute sind da empfindlich.«
Eine Pause entstand, und wir schauten uns mit dämlichem Grinsen an.
»Tja also …«, begann er.
Ich wartete auf das, was hoffentlich kommen würde.
»Würdest du gern mal mit mir essen gehen, wenn ich meinen nächsten freien Abend habe?«
Bingo!
»Nein.« Ich schüttelte bedauernd den Kopf. »Es tut mir leid, aber das geht leider nicht.«
Irgendwo tief in mir drohten Teile meiner Anatomie sich zu einer Demo für verbesserte Arbeitsbedingungen zu versammeln.
Mein Gegenüber erstarrte. »Okay. Na, war trotzdem schön, dich wiedergesehen zu haben.«
Er begann sich zurückzuziehen, brachte es aber nur auf ungefähr dreißig Zentimeter, ehe ich hervorstieß: »Tut mir leid, ich hatte vorhin eine Diskussion mit Lizzy, und ich habe behauptet, dass man in einem Club nie jemand Anständiges kennen lernt. Aber wenn du zu mir in den Laden kommen und mich nett fragen würdest, würde ich vielleicht Ja sagen.«
»Du würdest vielleicht Ja sagen?«, wiederholte er erstaunt.
»Vielleicht.«
Oh, diese Augen funkelten wieder, und er zeigte seine Zähne – perfekte, strahlend weiße Zähne.
»Dann sollte ich das vielleicht tun.«
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