Roman
Seitenspiegel.
Schon bald gesellen sich David und mein Vater zu uns. Franklin macht daraufhin auch noch ein paar Schnappschüsse von David. Ich lasse derweil meinen Blick über den Waldrand schweifen. Ich suche nach den Agenten der Liga, die dort, wie ich weiß, patrouillieren. Aber selbst im hellen Licht der Morgensonne kann ich sie in ihren grünen Camouflage-Uniformen für Tageseinsätze nirgends entdecken. Ich bezweifle, dass Gideon wirklich einen Menschen schicken würde, um den Sender observieren zu lassen. Wahrscheinlich sind wir also bis zum Einbruch der Nacht sicher.
Dad steht neben mir, nachdenklich die Hand am Kinn. Er beobachtet David.
»Hören Sie beide auf damit«, sagt er plötzlich. »Ich habe eine bessere Idee.«
Augenblicklich beendet David die Charade, die ihn lässig im Alltag zeigen soll. Er dreht sich zu meinem Vater um, als erwarte er Befehle von General Patton höchstpersönlich.
»Ich weiß jetzt, was dieser ganzen Masche gegen Skywave fehlt.« Er legt der Dramatik wegen eine Sprechpause ein. »Gefühl!«
Ich frage, was er damit sagen will, und weiß, kaum habe ich den Mund aufgemacht, dass ich das noch bereuen werde.
»Diese Skywave-Leute«, sagt er, »werden nicht glauben, dass Elizabeth ihre Meinung aus finanziellen Gründen geändert hat. Denn immerhin wollte sie dem Sender nur höhere Einschaltquoten verschaffen, um ihn dann für einen höheren Preis verkaufen zu können.« Dad zeigt auf David. »Was aber, wenn sie plötzlich einen guten Grund hätte, den Sender zu behalten?«
»Das kapiere ich nicht«, sage ich, obwohl ich es längst begriffen habe. Ich möchte nur nicht diejenige sein, die es meinem Boss erklärt.
»Hört mir einfach zu.« Meine Vater schaltet in den Verkaufsmodus – nicht, dass er von dem je weit entfernt wäre. »Wegen einer Beziehung den Sender behalten zu wollen, wäre ein plausibles Motiv für Elizabeths Sinneswandel. Sie würde ja schließlich ihrem über alles geliebten Schatz nicht den Job wegnehmen wollen.«
David schaut meinen Dad an, dann mich – und das mit mehr als einem Hauch von Angst im Blick. »Dann spielen wir ihnen also vor, wir gingen zusammen aus.«
Ich atme hörbar aus. »Nein, ein bisschen mehr als das.« Ich taste in meiner – ich meine: in Elizabeths Handtasche herum und fische die kleine schwarze Schmuckschachtel heraus.
David kommt drohend auf mich zu. »Sie haben den Ring gestohlen?«
»Ich hatte vor, ihn Ihnen zu geben, wenn Sie endlich zur Besinnung gekommen wären und ihn genommen hätten.«
Er reißt mir die Schachtel aus der Hand und öffnet sie. Er scheint erleichtert zu sein, als er sieht, dass sie nicht leer ist.
»Ein gut eingefädelter Betrug lebt von den Details.« Ich nehme den Ring aus der Schachtel, die David immer noch in Händen hält, und stecke ihn mir an den Finger. »Wir machen ein Foto davon, wie ich den Ring hier trage, und vielleicht noch, wie wir Händchen halten.«
»Das ist brillant, Darling!« Dad strahlt mich an. Ich spüre, wie ich rot werde, so stolz bin ich. »Aber besser, du wartest bis zum Meeting morgen, ehe du den Ring in der Öffentlichkeit trägst und die Verlobung bekannt gibst. Das ist ein gutes Ablenkungsmanöver.« Dad wedelt mit der Hand in unser beider Richtung. »Ihr beide solltet noch für einen Kuss posieren. Davon machen wir ein Foto!«
Mein Lächeln ist wie weggewischt. »Aber er ist mein Boss!«
»Nein, du bist sein Boss – jedenfalls in unserer erfundenen Realität.«
»Unserer? Wann ist das Ganze denn zu unserem Trickbetrug geworden?«
»Als ich ihn mit meinen Vorschlägen verbessert habe.« Dad macht eine Kopfbewegung in Richtung Sendergebäude. »Die Leiche wird’s schon verstehen.«
Mir klappt der Unterkiefer herunter, als ich begreife, dass er damit Shane meint. Einen Moment lang finde ich meine Stimme nicht wieder.
Schließlich hebe ich zitternd die Hand und zeige auf den Sender. »Geh!«
»Kleines, ich hab’s nicht so gemein…«
»Sofort!« Ich drehe ihm den Rücken zu. Im Augenblick kann ich nicht einmal seinen Anblick ertragen.
Der Kies der Auffahrt knirscht unter den Schuhen meines Vaters, der den Rückzug antritt. Das Geräusch entfernt sich in Richtung Sendergebäude. Ich blicke David an. »Es tut mir leid.«
»Was denn?«
»Das, was er mit seinem Vorschlag erreichen wollte. Er hat seine Gründe, das weiß ich. Er will nicht, dass Shane und ich zusammen sind. Also versucht er mich in die Arme eines anderen Mannes zu treiben. Aber ich bin nicht
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