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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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sozusagen.«
    Franklin seufzt. »Es gibt Postfächer im Foyer die Treppe runter.«
    Ich greife nach meiner Tasche und angle eine Grußkarte in rotem Umschlag heraus. »Wenn ich in fünf Minuten nicht zurück bin, schicken Sie mir die Kavallerie hinterher – wahlweise auch die Heilsarmee.«
    Die Lounge am Ende der Treppe ist verlassen. Es ist still hier, abgesehen vom Gejammer eines Möchtegern-Rush-Limbaugh, der gerade in der landläufig ach-so-beliebten Manier über illegale Einwanderer lamentiert. Der Lautsprecher, aus dem die rechtspopulistische Bigotterie tröpfelt, hängt oben in einer Ecke des Raums. Als ich mich umdrehe, um das jammervolle Gerede mit dem wohlverdienten finsteren Blick zu bedenken, entdecke ich die grau-metallenen Postfachschlitze. Ich stelle mein Briefchen zu.
    Auf dem Weg zurück zur Treppe gehe ich an der Tür zum Studio vorbei. Da das rote Licht, AUF SENDUNG , nicht leuchtet, drehe ich einfach am Türknauf, um hineinzugelangen.
    Ich finde mich in einem schmalen Flur wieder. Das Studio befindet sich hinter einer dicken Glasscheibe. Es wirkt wie eine Museumsausstellung zur Geschichte des Radios im 20. Jahrhundert: Bandmaschinen und Plattenspieler stehen neben CD -Playern und einem PC -Bildschirm, auf dem sich schimmernde, grüne Zahlen aneinanderreihen.
    Auch im Studio ist niemand, denn es wird eine vorproduzierte Sendung über den Äther gejagt. Ich frage mich ernsthaft, warum die Vampire eigentlich nicht auch tagsüber auf Sendung gehen. Hier wären sie doch perfekt vor jedem noch so matten Sonnenlicht geschützt. Andererseits ist der Tag ihre Schlafenszeit. Sie darum zu bitten, während des Tages zu arbeiten, wäre sicher unangenehmer für sie, als für einen Menschen auf Nachtschicht zu gehen.
    Am Ende des schmalen Gangs zu meiner Rechten gibt es eine dicke Stahltür, auf der in fetten, roten Blockbuchstaben Gefahr! Zutritt verboten! steht.
    Ich gehe auf die Tür zu und lege meine Hand gleich unterhalb der Aufschrift aufs Türblatt. Unter meiner Handfläche fühlt sie sich kühl und glatt an – wie die Tür eines Kühlraums in einem Restaurant. Der Griff ist schwer, ein Hebel, kein Knauf. Es würde mich einige Anstrengung kosten, die Tür zu öffnen. Da ich schlauer bin als das übliche Horrorfilm-Opfer lasse ich es bleiben. Aber dann bemerke ich, dass am unteren Rand des Türblatts eine dicke Gummidichtung entlangläuft, was einen luftdichten Abschluss schafft.
    Meine Hand zuckt von der Edelstahloberfläche zurück.
    Hinter dem ZUTRITT verboten! liegt der Kühlraum für die wertvollsten Aktivposten des Senders …
    Rasch ziehe ich mich wieder zurück. Dabei reibe ich meine Hand am rauen Stoff meines Jeans-Minirocks. Es dauert eine Weile, bis die Kälte wieder verflogen ist.
    Während ich die Tür anstarre, erwacht in mir eine Idee zum Leben, zappelt und windet sich wie eine Motte, die ein paar Tage zu früh aus ihrem Kokon schlüpfen möchte.
    Ich blicke ins Studio.
    Nein!
    Dann zur Tür.
    Oder doch?
    Und wieder ins Studio.
    Warum zum Teufel eigentlich nicht?!
    WACHS ende Nostalgie gehört zu dieser Art von Läden, die dich beim Eintreten wünschen lassen, du wärst ohne Nase geboren worden.
    Franklin und ich zögern nach wenigen Schritten, erschlagen von den tausend verschiedenen Düften, die nicht miteinander harmonieren möchten. Dicke Stumpenkerzen, nach Farben sortiert, säumen die Regale an den Wänden des klaustrophobisch engen Geschäfts.
    Ich zwinge meine Füße, gegen ihren Willen einen Schritt nach dem anderen zu machen und mich tiefer hinein in das wächserne Paradies zu bringen – und zwar in Richtung eines Auslagen-Sondertisches mit Kerzen zum Unabhängigkeitstag. Die Gründerväter mit Dochten, die ihnen aus den Schädeln wachsen, scheinen uns anzuflehen, sie zu kaufen, sie anzuzünden und sie so aus dieser Wachshölle zu erlösen.
    Franklin lässt die Tür hinter uns zufallen, was eine Kuhglocke anschlagen lässt, die am Türgriff befestigt ist. Ein brauner Terrier liegt auf einer Matte neben der Registrierkasse rechts von uns. Er blinzelt – das ist alles, was er an Begrüßung für uns auf Lager hat. Zweifellos ist sein Gehirn von dem olfaktorischen Frontalangriff hier drinnen ganz benebelt.
    »Bin gleich da!«, lässt sich eine unnatürlich in die Höhe geschraubte Stimme aus einem Hinterzimmer vernehmen. Das Zimmer ist vom Verkaufsraum durch einen Vorhang abgetrennt.
    Franklin wendet sich mir zu und sagt: »Reagieren Sie ja nicht überrascht! Spielen Sie einfach

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