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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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die gerade pokern. Ich zeige auf den leeren Stuhl, den Shane zum Ablegen seiner Füße benutzt. »Was dagegen, wenn ich mich dazusetze?«
    Alle Anwesenden starren mich an, sogar Shane. Regina, zu seiner Rechten, sucht seinen Blick. »Hast du sie eingeladen?«
    Shane grinst und schiebt mit dem Hacken den Stuhl unter dem Tisch hervor. »Ich mach’s jetzt.«
    »Ich spiele so gut wie nie Poker«, sage ich, während ich mich setze. »Ihr müsst mir noch mal erklären, wie’s geht.«
    Das allgemeine Gelächter hat den Schalldruck einer Gashupe.
    Regina wirft ihr Blatt auf den Tisch. »Warum stellen wir dir nicht gleich ’nen Scheck aus und das war’s?«
    Mit einer abwehrenden Handbewegung will ich ihre Besorgnis zerstreuen. »Nicht alle Trickbetrüger sind gute Pokerspieler. Ihr solltet nicht alles glauben, was ihr in Der Clou gesehen habt, auch wenn Newman und Redford es noch so brillant darstellen.«
    Die anderen drei schauen Spencer an. Er durchbohrt mich mit einem von zusammengezogenen Augenbrauen überschatteten Blick – aber nicht lange genug. Er nickt. »Ich sehe nicht, was es schaden soll, wenn die Kleine mitspielt. Weiß doch jeder, dass Ladys schlecht Poker spielen.«
    »Ach, verpiss dich!«, meint Regina.
    »Du doch nicht.« Noah wirft in ihre Richtung Küsse durch die Luft. »Jah, Gott der Rastafari, habe Erbarmen mit dem Mann, der Regina ›Lady‹ genannt hat.«
    Spencer klopft mit dem Fingerknöchel auf die Tischplatte. »Zurück zum Spiel, Leute!«
    Sie spielen die letzte Hand zu Ende, und ich tue so, als ob ich dabei nicht auf Setzgewohnheiten und Spielweisen achten würde.
    Regina sammelt die Karten ein, um neu zu geben. Sie mustert mich, während sie die Karten mischt. »Welche Varianten kennst du denn?«
    Ich zähle sie an den Fingern ab. »Draw, Stud, Hold’em – aber die Regeln hab ich nicht mehr ganz drauf. Ich könnte also durchaus hier und da ein bisschen Hilfe brauchen.« Das Letzte sage ich in Richtung Spencer.
    Nachdenklich klopft Regina das Kartendeck gegen ihr Kinn. »Okay, Seven-Card-Stud in der Variante Follow-The-Queen, also Dame ist Wildcard, Low Chicago teilen sich den Pot.«
    Alle stöhnen. Ich spiele das Dummchen. »Und was heißt das jetzt?«
    »Das heißt, dass wir nicht spielen«, sagt Spencer. »Regina, du kennst doch die Regeln. Keine Wildcards, also kein Verdoppeln des Ante, keine Zufallsfaktoren wie Low Chicago – was übrigens heißt: Die beste Hand und die niedrigste verdeckte Pik teilen sich den Pot. Von dem Mist will ich nichts hören, klar? Mach ja kein Glücksspiel draus!« Er rutscht auf seinem Stuhl herum. »Ich glaube nicht an Glück.«
    »Glück ist das Einzige, was uns ihr gegenüber eine Chance lässt.« Sie deutet mit der Kinnspitze in meine Richtung. Als sie keine Unterstützung bei den anderen findet, seufzt sie und teilt die Karten aus. »Von mir aus. Dann eben Seven-Card-Stud. Punkt.«
    Sich unwissend zu geben ist keine große Kunst. Aber um einen Unwissenden zu spielen, der vorgibt, Ahnung zu haben, bedarf es schon größerer Raffinesse. Der Trick ist, dumme Fragen zu stellen, die gar nicht so dumm sind, und im geeigneten Moment die Stirn zu runzeln.
    Bei der ersten Hand gehe ich das Setzen aggressiv an, passe aber, bevor ich meine Karten aufdecken muss. Das seltsame Verhalten verwirrt zumindest die Männlichkeit am Tisch.
    Regina hingegen verlegt sich aufs Spötteln: »Netter Versuch. Wirkt echt unbeleckt. Aber mir machst du nichts vor!« Sie steckt sich eine braune Zigarette an, dünn und lang. Dann nimmt sie einen tiefen Zug, atmet den Rauch durch den Mund aus und saugt ihn gleich durch die Nase wieder ein. Der Goth liebt’s also französisch. Keinen Augenblick hat Regina mich dabei aus den Augen gelassen. »Wie lautet dein zweiter Vorname? Du hast bestimmt einen – zur Spezifizierung der Persönlichkeit. Oder haben deine Eltern nicht an so was geglaubt?«
    »Ähm, doch, anscheinend. Ich heiße Marjorie. Und?«
    »Marjorie?« Regina schnaubt verächtlich. »Und du findest, wir würden im falschen Jahrzehnt leben!«
    »Der Vorname meiner Mutter. Ich mag ihn.«
    Reginas Blick verliert sich für einige Augenblicke in der Ferne. »Hm. Du bist eine Eins.«
    »Äh, bitte?«
    »In der Numerologie. Und deine Seelenzahl ist fünf. Das passt.« Mit Blick auf Shane schüttelt Regina den Kopf. »Versuch gar nicht erst, so eine zu binden.«
    Shane ignoriert Regina und teilt stattdessen die Karten aus. Die nächsten Runden spielen wir schweigend. In jeder dieser

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