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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Smith-Ready
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weich. Er küsst die Frau auf die Stirn und streicht ihr das Haar aus dem Gesicht. »Denk dran: eine Extraportion Eisen die nächsten Tage.«
    »Ja. Ich esse meinen Spinat. Versprochen.«
    Shane hält ihre Hand und schaut ihr in die Augen. »Danke. Wieder einmal.«
    Draußen hat die Schwüle der Nacht etwas nachgelassen. Eine verhaltene Brise weht durch das Laub der niedrigen Bäume, die den Bürgersteig säumen.
    Ich mache mir erst Luft, als wir die Hauptstraße erreichen. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass sie ein Kind hat?«
    »Der Kleine ist sonst noch nie wach geworden.« Shane räuspert sich. »Das Ganze tut mir leid. Nicht nur die Sache mit dem Jungen, auch alles davor. Wenn ich gewusst hätte, dass sie dieses Mal auf Sex bestehen würde, hätte ich jemand anderen angerufen.« Er reibt sich über den Bauch und krümmt sich ein wenig zusammen. Vielleicht hat er Magenkrämpfe. So sieht es jedenfalls aus. »Sie hat wohl gemeint, ich tue alles, um Blut zu bekommen.«
    »Wie kommst du eigentlich an diese Verrückten?«
    »Ist nicht mehr schwierig heutzutage, dank des Internets. Gib einfach ›Sterbliche suchen Vampire‹ ein, egal in welcher Suchmaschine, und du kannst dir selbst ansehen, was ich meine.« Er blickt zurück, die Straße hinunter, aus der wir gerade gekommen sind. »Sie ist von Baltimore nach Sherwood gezogen, um mir näher zu sein. Deswegen und wegen der besseren Schulen.«
    »Aber diese Sterblichen im Internet: Suchen die denn wirklich nach echten Vampiren?«
    »Die meisten von denen nicht, nein. Sie denken, es ginge um Fantasiewelten und sind dann furchtbar enttäuscht, wenn wir bei ihnen ohne einen Umhang aufschlagen.«
    »Und was passiert, wenn sie mitkriegen, dass ihr echt seid?«
    Shane drosselt das bisherige Schritttempo. Er schlurft mit seinen Chucks über den Bürgersteig. »Ich bin immer vorsichtig gewesen. Zu vorsichtig, meinen die anderen. Wenn ich glaube, ein möglicher Spender will nicht mitziehen, sehe ich zu, dass ich aus der Sache rauskomme, bevor …« Shane bleibt stehen. »Wenn sie nicht darum bitten, gebissen zu werden, wenn sie schreien oder sich wehren, provoziert das unseren … Instinkt.«
    Mein Gesicht fühlt sich mit einem Mal kalt an, jetzt, wo kein bisschen Blut mehr darin ist. Bevor meine Knie unter mir nachgeben, setze ich mich lieber auf den Bordstein. Shane setzt sich neben mich, keinen halben Meter von mir entfernt.
    »Was passiert mit denen, die sich wehren?«, frage ich, ohne Shane anzuschauen.
    Seine Stimme zittert. »Normalerweise sterben sie.«
    Ich weiß nicht, wieso mich das so schockt. Ich fahre mir mit den Fingern durchs Haar und stütze den Kopf in die Hände. »O Gott!«
    »Ich habe noch nie getötet«, beteuert er. »Ich schwöre es dir.«
    »Was ist mit den anderen? Regina, Noah, den Rest?«
    »Die sind nicht immer so vorsichtig.«
    Ich schließe die Augen. Ich habe es zu meiner Mission gemacht, ein Rudel tollwütiger Tiere zu beschützen. Macht mich das zu ihrer Komplizin?
    Ich presse die Finger auf meine Kopfhaut und schiebe sie vor, zurück, vor, zurück, alles nur, um das Hämmern in meinem Schädel abzumildern. »David hat gesagt, ihr brächtet niemanden um.«
    »Es kommt selten vor, dass jemand ums Leben kommt«, sagt Shane. »Wenn es passiert, erzählen wir es ihm nicht. Wir rufen einen Code Black aus und helfen uns untereinander, die Sache zu vertuschen, lassen es so aussehen, als sei das Ganze ein Selbstmord oder ein Unfall gewesen.« Shane rückt näher an mich heran und berührt meinen Arm. Seine Haut fühlt sich warm an, so warm wie meine. »Ciara, ich muss dir unbedingt etwas sagen.«
    »Du hast mir schon jede Menge Eröffnungen gemacht, danke! Hör damit auf, wann immer du magst.«
    »Letzte Woche, bei dir, bin ich das erste Mal ganz kurz davor gewesen zu töten.« Seine Worte hallen in meinem Kopf wider, übertönt nur von den Schreien, mit denen sich meine Seele tief in mir Luft macht. »David wollte nur, dass ich dir meine Fangzähne zeige, damit du dich von der Wahrheit selbst überzeugen kannst. Ich hatte nie vor, dich zu beißen. Aber ich war … abgelenkt. Ich wollte dich auf diese ganz menschliche Art. Also habe ich mir gedacht, wir haben einfach ein bisschen Spaß zusammen.«
    Spaß, oh ja, was für ein Spaß. Auf meine Kosten. Ich fühle mich ziemlich verarscht.
    »Du hast so gut gerochen.« Schmerz färbt seinen Tonfall, die Worte sind nur noch ein Flüstern. »Du hast so gut geschmeckt. Und dann die Art, wie du aufgeschrien

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