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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katy Regan
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einen großen Schluck Wein; wenn ich das durchstehen will, muss ich so betrunken sein wie sie, wenn nicht sogar betrunkener.
    »Du bist so nett«, sage ich, »du bist wirklich nett. Aber das ist es eigentlich gar nicht. Ich weiß, dass es so wirken muss. Du musst mich für einen total traurigen Fall halten!«
    »Gar nicht«, widerspricht sie. »Tatsächlich mag ich dich sehr, Caroline. Jetzt ist es offiziell!«, fügt sie hinzu und hebt ihr Glas, um mit mir anzustoßen. »Toby hat mir immer von dir vorgeschwärmt, und jetzt verstehe ich auch, warum.«
    Das hier ist die Hölle.
    »Ich habe das Gefühl, dass du eine gute Freundin für eine Frau bist, verstehst du? Dass ich dir alles erzählen kann.«
    Ich nicke schwach.
    »Und ich sage dir jetzt, warum mir dieser dämliche Preis nichts bedeutet und warum er dir auch nichts bedeuten sollte«, fährt sie fort und trinkt noch einen großen Schluck Wein. Sie ist betrunken; das sehe ich, als sie versucht, ihre hübschen braunen Augen auf mich einzustellen. Traurig lächelt sie mich an. »Ich habe letzte Woche ein Baby verloren. Letzten Mittwoch hatte ich eine Fehlgeburt. Das rückt die Dinge in eine andere Perspektive …«
    Zuerst kann ich das, was sie gesagt hat, gar nicht verarbeiten, sondern will sie bloß instinktiv umarmen – was ich auch mache, wie verrückt und fest. Aber dann, langsam, wie in jenen schrecklichen ersten Momenten, wenn man nach einer betrunkenen, vergeudeten Nacht in der Realität aufwacht, ergibt plötzlich alles einen Sinn. Ein Baby. Ihr Baby. Das Baby meines Geliebten. Ich habe mit Toby geschlafen, während seine Frau schwanger war? Er hat mit mir geschlafen, obwohl er wusste, dass sie schwanger war? Wie eine von Misstrauen besessene Frau, die die Brieftasche ihres Mannes durchsucht, durchforste ich meine Erinnerungen. Letzten Mittwoch. Da war Buchclub-Abend. »Was dazwischengekommen«, hatte er gesagt. Dazwischengekommen? Er war bei seiner Frau im Krankenhaus, die gerade eine Fehlgeburt hatte – das nennt er »was dazwischengekommen«?
    Sie registriert mein Entsetzen nicht – natürlich tut sie das nicht –, sondern redet einfach weiter.
    »Wir versuchen es schon jahrelang …« Ich sehe, wie ihr Mund sich bewegt, aber ich kann ihre Worte nicht hören. »Nächsten Monat werde ich neununddreißig. Ich bin fünf Jahre älter als Toby. Ich weiß nicht, ob er dir das je erzählt hat.«
    Mein Kopf bewegt sich, aber mein Gesicht ist unbeweglich.
    »Ich wusste bereits, dass meine biologische Uhr tickte, als wir zusammenkamen. Aber ich habe mir immer Kinder gewünscht, das bedeutet mir alles. Also haben wir es versucht, wir haben es ungefähr achtzehn Monate lang versucht, doch nichts passierte. Ich dachte schon: Das war’s, vergiss es. Wir haben Tests gemacht, doch nichts kam dabei raus. Wir haben all die Ovulationstests gemacht, und ich habe aufgehört zu trinken. Unser Sexleben war quasi darauf reduziert, dass ich auf einen Streifen pinkelte und nach dem Sex die Beine hochhielt. Und dann ist es passiert.«
    »Wann?« Die Frage schießt aus mir heraus. Ich durchforste meine Erinnerungen, setze alle Puzzleteile zusammen.
    Ihre Augen verengen sich.
    »Oh, genau vor sechzehn Wochen … Dann, als ich für ein Wochenende geschäftlich nach Schottland musste und Toby in Brighton war, rief ich ihn an, weil ich Blutungen bekam und solche Angst hatte …«
    Ich spüre, wir mir ein Schauer der Erkenntnis über den Rücken läuft, und mir wird schlecht. Brighton. Das Hotel. Das Telefonat, das er führte, während ich im Bad mein Spiegelbild anstarrte – es fällt mir alles wieder ein. Wie nervös er danach war, dass er unbedingt Sex haben wollte, dass er mir gesagt hat, dass er mich liebt. Und die ganze Zeit über waren es nur Schuldgefühle und Angst, die ihn antrieben. Ich war nicht mehr gewesen als ein Päckchen Zigaretten, ein doppelter Gin – etwas, um ihm die Nervosität zu nehmen.
    Sie hört nicht auf zu reden.
    »Wie du dir vorstellen kannst, haben wir uns unglaublich gefreut. Na ja, ich habe mich gefreut. Toby … Ich weiß nicht, er steht in letzter Zeit etwas neben sich, und ich habe ein bisschen Angst, dass ich ihn mit alldem zu sehr überfahren habe.«
    Das konnte sie laut sagen. Arme Rachel. Die arme, arme Frau …
    »Die Blutung hörte für eine Weile auf, aber dann, letzten Mittwoch, bekam ich morgens Krämpfe, und dann wurden die Blutungen richtig heftig, und dann …«
    Sie hält inne und ringt um Fassung.
    »Tut mir leid, du musst mich

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