Roman
gehört. Ich habe nicht auf dich gehört, als du mich aufgefordert hast, es zu beenden, stimmt’s?«
»Rachel hat ihm gesagt, dass er ausziehen soll.«
Oh Gott. Das ist heftig, das ist etwas anderes.
»Sie hat gemeint, er muss seine Sachen aus dem Haus geholt haben, wenn sie von der Arbeit kommt. Janine weiß es«, fügt sie hinzu, den Kopf gesenkt, das Gesicht wie versteinert. Ich nicke mit dem Kopf.
»Und alle anderen im Büro auch?«
»Ja«, antwortet sie. »Und alle anderen auch.«
Am nächsten Tag halte ich bis zur Mittagspause den Kopf gesenkt und werde auch nicht zur Wochenbesprechung eingeladen. »Ich glaube, heute ist es besser so«, sagt Janine diskret, die Hand auf meinen Tisch gestützt. »Nur, bis sich alles wieder beruhigt hat.«
Ich bin ein Skandal. So fühlt es sich also an, in Ungnade zu fallen. Und das, obwohl Janine noch vor ein paar Wochen gar nicht genug von mir kriegen konnte und ich damals ihr Liebling war. Damals, als ich noch ihre Hoffnung für die Sales Awards war.
Doch jetzt bin ich als mittelmäßige Verkäuferin geoutet – ich kann nicht mal ein verdammtes Mundwasser so verkaufen, dass es preisverdächtig wäre –, und außerdem bin ich eine schamlose Hure von Geliebter. Nicht schlecht für ein paar Wochen Arbeit.
Die Dinge entwickeln sich von schlecht zu katastrophal, als Schumacher den Minty-Me-Deal cancelt. Wie sich herausstellt, habe ich während des Grillabends des Grauens mit dem Minty-Me-Deal mit Schumacher geprahlt (ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe, als wenn Rachel das interessiert hätte, als hätte sie sich einen Dreck darum geschert!) und dabei erwähnt, wie billig wir das Produkt in die Regale bekommen haben, wie viel Profit Darryl der Firma – in seiner Großzügigkeit – unabsichtlich eingeräumt hat.
Verkaufsregel Nummer eins: Lass einen Käufer niemals wissen, wie gut das Geschäft für dich war, das er mit dir gemacht hat.
Wie sich herausstellt, hat Lexi das nicht wirklich verstanden.
»Aber ich dachte, ich mache ihm ein Kompliment«, meint sie verwirrt, als ich sie endlich dazu bringe, zu gestehen, was genau sie gesagt hat. Es war: »Sie sind der Kunde, an dem wir am meisten verdienen!«
(Kopfaufdentischknall.)
Aber es macht mir nichts aus, nicht so wie früher. Es ist mir wirklich egal. Dann habe ich eben Toby verloren und Schumacher und meine Würde, und vermutlich werde ich auch noch meinen Job verlieren.
Lexi und ich essen im Prêt-à-manger an der Baker Street zu Mittag. Ich fühle mich beschmutzt und schäme mich, als hätte man mich beim Koksschnupfen auf der Toilette erwischt. Und allein der Gedanke, dass meine kleine Schwester hergekommen ist, um sich an mir ein Beispiel zu nehmen! Es ist zu schrecklich, um wirklich darüber nachzudenken.
Sie hat unglaublich großzügig und erwachsen reagiert. Jeden Tag beeindruckt sie mich aufs Neue. In letzter Zeit bin ich es, die ihren Rat sucht.
Ich gieße mir Sojasoße über mein Sushi.
»Denkst du, ich sollte Rachel anrufen?«, frage ich.
Sie sieht mich an, als hätte ich sie nicht mehr alle beisammen. Das ist es, was ich an Lexi so liebe. Sie streichelt nicht dein Ego oder redet um den heißen Brei herum, es ist einfach »die dämlichste Idee, die ich je gehört habe« oder »total genial«. Wenn man eine ehrliche Meinung hören will, fragt man am besten einen Teenager, das habe ich inzwischen gelernt.
»Bist du wahnsinnig?«, fragt sie.
»Ich weiß nicht, bin ich das?«
Ich bin mir da nicht mehr so sicher.
»Ja! Denk doch mal drüber nach. Denk an deine Mum. Hätte sie sich gefreut, wenn meine Mutter sie angerufen hätte, um zu sagen: ›Hey, Gwen! Ich hatte Sex mit deinem Mann, aber es tut mir leid, wirklich, können wir nicht Freundinnen sein?‹«
Wenn man es so ausdrückt, hat sie natürlich recht.
»Warum willst du Rachel überhaupt anrufen?«, will sie wissen.
Ich denke darüber nach. Warum will ich Rachel anrufen?
»Denn ich wette, es geht gar nicht darum, dass sie sich dann besser fühlt, oder? Ich wette, dann würdest du dich besser fühlen.«
Sie hat natürlich recht. Das hat sie in letzter Zeit immer.
Ich rühre in meinem Kaffee und betrachte durch das Fenster die Passanten. Normale Leute, die ihr normales Leben leben. Wieder zurück ins Büro gehen zu müssen – heute und jeden anderen Tag –, mit dem Gerede und dem Skandal fertig werden zu müssen und Toby jeden Tag zu sehen – ich weiß nicht, ob ich das kann.
»Vielleicht sollte ich kündigen«, schlage
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