Roman
einfach.
Ich bin sicher, dass es eigentlich nur um den Sex gehen sollte und um nichts sonst. Aber es geht ja auch um den Sex. Der Sex war einfach großartig. Und ich bin sicher, dass das bei einem One-Night-Stand eigentlich auch nicht passieren sollte, oder? Geht es da nicht um fremde Häuser, komische Gerüche und Geräusche, ein furchtbar peinliches Frühstück, obwohl man dem Mann fünf Stunden vorher noch die Nippel ins Gesicht gehalten hat? Aber mit Wayne war der Sex nicht fremd gewesen. Nichts daran. Alles am Sex mit Wayne war vertraut und sehr aufregend und überraschend gewesen, so, als würde man mit all seinen Freunden an seinem Lieblingsferienort ankommen und wissen, dass man sich ganz bestimmt großartig amüsieren wird.
Wir haben zusammen gefrühstückt, als ob wir das jeden Tag machen würden, ich nur in meiner Unterhose und seinem T-Shirt, oben an Deck. Dann ging ich barfuß in meinem Kleid nach Hause. Meine dämlichen hohen Keilabsatzschuhe, die mir meine Füße zerschunden hatten, schwangen an meinen Fingern, und meine Schenkel schmerzten noch vom Motorradfahren – unter anderem. Die Sonne stand hoch am Himmel, der Bürgersteig war schon warm unter meinen Füßen. Ich konnte ihn immer noch in meinem Mund schmecken, in meinen Haaren riechen, und ich stellte fest, dass ich einen dieser seltenen, kurzen Momente der Freude erlebte, bei denen ich weinen musste. Ein Diamant-in-einem-Fels-Moment. Mein Gott, das hatte es lange nicht mehr gegeben.
»Äh, Miss?«, rief Lexi von ihrem Zimmer aus, als ich versuchte, mich in meins zu schleichen. »Miss Endstation schmutzig. Wir müssen uns unterhalten.«
Sie musste sich beherrschen, um nicht laut loszulachen, als sie mich sah.
»Was? Es ist nichts passiert!«, log ich. »Wir haben uns bei ihm Musik angehört, und weil es schon spät war, habe ich bei ihm übernachtet.«
»Hm, hm.« Sie nickte, und ein dreckiges Grinsen breitete sich auf ihrem Gesicht aus. »Und was ist mit deinem Kinn passiert?«
»Was ist denn mit meinem Kinn?« Ich nahm mir den Handspiegel von ihrer Frisierkommode. »Oh, Scheiße!« Da krümmte sich Lexi vor Lachen. Mein Kinn – oder das, was davon übrig war – sah aus, als hätte ich es mit einem Topfkratzer bearbeitet. »Das waren seine verdammten Bartstoppeln.«
»Dann habt ihr also heftig rumgeknutscht?«
Ich biss mir auf die Lippen.
»Oh mein Gott, ihr hattet Sex? Du hast alle Regeln gebrochen?«
Ich setzte mich aufs Bett und zeigte warnend mit dem Finger auf sie.
»Er geht nach Sheffield, also kann nichts daraus werden, junge Dame, und ich kann dir sagen, dass ich nicht stolz auf mein Verhalten bin …«
»Lüg nicht«, forderte sie. »Das bist du wohl.«
»Wir hatten viel Spaß. Für das, was es war.«
»Und was war es?« Sie blickte mich an und klimperte mit den Wimpern, und ich wusste nicht recht, auf was sie hinauswollte.
»Es war eine einmalige Sache. Eine Nacht voller Spaß …«
Sie legte den Kopf in die Hände und stöhnte dramatisch.
»Er geht nach Sheffield, Lex, was soll ich tun? Dinge passieren nicht ohne Grund. Es ist der falsche Zeitpunkt. Ich dachte, dass wüsstest du?«
»Aber er hat dir gefallen?«
»Ja.«
»Dann war es also gut, was ich für dich ausgesucht habe?«
Ich umarmte sie. »Alexis Steele, es war nicht nur gut, es war toll. Danke …« Ich küsste sie mehrmals auf die Wange, wie eine Tante, die einen fast erdrückt. »Danke, danke, meine wunderbare Schwester. Was würde ich nur ohne dich tun?«
Sie hob eine Augenbraue.
»Was wirst du ohne Wayne Campbell tun?«, fragte sie.
Ich fühle mich also wieder wie ein Teenager, aber nicht so richtig, weil etwas mich davon abhält, und dieses Etwas ist der Gedanke an Rachel. Er war da, als ich mit Lexi einkaufen ging, er war sogar da, als ich mit Wayne zusammen war, und er ist bei der Arbeit da, wenn ich Toby ansehe, was jetzt nicht mehr häufig vorkommt, weil er seinen Tisch aus meinem Blickfeld gerückt hat. Er sieht mich auch kaum noch an. Und er spricht lange und laut am Telefon mit seiner Frau, demonstriert seine wiederentdeckte Hingabe – und ich freue mich, das tue ich wirklich. Ich habe das, was ich gesagt habe, so gemeint. Sie ist die einzig Richtige für ihn. Aber für mich sind die Nachwehen ein bisschen so, als wäre ich im Urlaub und wüsste, dass ich eigentlich meine Dissertation schreiben muss. Da ist ein nagendes ungutes Gefühl in mir, als würde bald etwas passieren. Ich habe ein Jahr lang einer Frau den Mann gestohlen, und
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