Roman
dir«, bestätigt sie. »Von allen Leuten, von all meinen Freundinnen …«
»… wäre ich die Letzte, der du eine Affäre mit einem verheirateten Mann zugetraut hättest?«
»Ja! Versteh mich nicht falsch, aber du bist nicht gerade die größte Aufreißerin der Welt oder die unverantwortlichste Person, die ich kenne.«
Ich lächele schwach.
»Also los, wie ist es dazu gekommen?«, will sie wissen.
»Ich weiß es nicht. Es ist eines Abends einfach passiert, als niemand außer uns zum Buchclub kam, und ehe ich mich versah, war der Buchclub zu einem …«
»… Fickclub geworden?«
»Ja. Das ist es wohl. Ein Fickclub.«
Sie sieht mich an, als wäre da noch mehr. Sie weiß, dass da noch mehr ist.
»Ich schätze, nach Martin und der ganzen schrecklichen Erfahrung und dem Gefühl, einem Mann das Herz gebrochen und sein Leben ruiniert zu haben …«
»Mein Gott, jetzt übertreibst du aber, oder?« Sie lacht. »Hast du auf den Selbstmord-Anruf gewartet? Darauf, dass Martin Squire sich in seinem Schrank erhängt hat?«
»Nein!« Ich verdrehe die Augen. »So war es nicht. Es ist nur, dass nach Martin und Garf – erinnerst du dich an den süßen Garf? –, na ja, da habe ich beschlossen, dass ich das einfach nicht mehr kann, ich konnte es nicht mehr. Ich konnte mich nicht mehr auf jemanden einlassen, weil dabei immer jemandem das Herz gebrochen wird …«
»Was in Beziehungen ganz normal ist«, erklärt Shona.
»Vielleicht.« Ich seufze. »Aber ich wollte es nicht, konnte damit einfach nicht mehr umgehen.«
»Aber das ist doch der lustige Teil«, erklärt sie und nimmt meine Hand. »Das gibt einem doch das Gefühl, lebendig zu sein und dass das alles einen Sinn hat.«
»Ich weiß, aber …« Ich kann erkennen, dass Shona nicht wirklich versteht, was ich alles hinter mir habe. »Ich war so verzweifelt wegen Martin, das wollte ich niemals mehr jemandem antun. Ich schätze, ich dachte, dass ein bisschen harmloser Sex mit einem verheirateten Mann irgendwie perfekt wäre. Zumindest musste ich mich so nicht auf eine Beziehung einlassen.«
»Mmm.« Shona verschränkt die Arme. »Aber die Dinge sind nicht so einfach, oder?«, fragt sie.
»Hör zu, ich habe alles unter Kontrolle. Ich liebe ihn nicht oder so etwas.«
»Dann geht es nur um Sex?«
»Oh ja.«
Lügnerin, Lügnerin, Lügnerin.
»Na ja, dann fühle ich mich etwas besser.«
»Hör zu, Toby ist im Moment nicht sehr glücklich«, fahre ich fort. »Rachel arbeitet Tag und Nacht. Er fühlt sich allein und vernachlässigt, und du weißt schon …« (Ich sehe an der Art, wie Shona die Stirn runzelt, dass sie mir das nicht so einfach abkaufen wird, aber ich bleibe trotzdem dabei.) »Rachel ist doch jetzt bei HunterHewitt, und sie verkauft Ice-Maiden-Atemerfrischer und …«
»Nein!«, stoppt mich Shona streng.
»Oh.«
»Du kannst eine Affäre mit einem verheirateten Mann nicht durch die Tatsache rechtfertigen, dass seine Frau für einen Konkurrenten arbeitet, die Produkte eines Konkurrenten verkauft und es deshalb irgendwie verdient hat.«
»Oh«, sage ich wieder. (Warum muss Shona manchmal so verdammt erwachsen und vernünftig sein?) »Hör zu, wir beenden das sowieso bald«, behaupte ich und winde mich. Ich möchte am liebsten weg von hier. »Es wird sich bald totlaufen, und dann war’s das.«
»Gut«, findet Shona.
»Es wird vorbei sein«, versichere ich ihr. »Aber wirst du mir einen Gefallen tun?«
»Welchen?«
»Erzähl bitte niemandem davon. Bitte! Vor allem nicht Lexi, okay?«
16
Ich starre aus dem Küchenfenster und überfliege die Hauptliste, die mit den Dingen, die ich noch erledigen muss. Normalerweise habe ich immer eine Kopie davon in meiner Handtasche, damit ich Punkte hinzufügen kann, wenn sie mir einfallen, aber in letzter Zeit habe ich das schleifen lassen, weil so viel los war. Vielleicht hat Wayne recht. Vielleicht lenken Listen einen tatsächlich nur von dem ab, was wirklich wichtig ist. Und was im Moment wirklich wichtig ist, sind Toby und ich.
Draußen ist der Himmel so strahlend blau, wie er es nur im Hochsommer ist. Das Gras ist ausgedörrt; der Duft meiner gelben Rosen weht durch das offene Fenster herein.
Was ein Jahr ausmacht! Heute ist der 10. Juli, Martins Geburtstag. An diesem Tag letztes Jahr – einem nassen Julitag, an dem genau wie an den anderen dreißig Julitagen das einzige Geräusch im Haus das endlose Tropfen des Regens war – beschloss ich, die Hochzeit abzusagen. Ich beschloss, ihn zu verlassen. Ich
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