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Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition)

Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition)

Titel: Roman meines Lebens: Ein Europäer vom Bosporus (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zülfü Livaneli
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Überfälle und Morde durften geschehen. Wenn nur nicht einer aus ihren Reihen Erfolg hatte!
    Unter dem Einfluss jener älteren Generation, die sich in Bars um den Verstand trank, entwickelte sich auch in den Kunst- und Kulturzeitschriften ein »Livaneli-Syndrom«, so dass kaum ein Tag verging, an dem in der »linken« Presse nicht irgendein Artikel gegen mich erschien.
    Ich weiß noch, wie ich an einem Herbsttag einmal lange durch Istanbul streifte und dabei dachte: Habe ich es doch tatsächlich geschafft, allein durch den Erfolg meiner Musik sowohl rechts als auch links gegen mich aufzubringen. Dass ich mich keiner Herde so richtig anschloss, ließ man mich bezahlen.
    Ich war wieder einmal an einem Scheideweg angelangt.

 
    A   m Abend des 11. September 1980 war ich in Köln in der Wohnung der Journalistin Ayşim Alpman. Am Tag darauf sollte ich nach Frankreich fahren und an der von François Mitterrand initiierten Veranstaltung »Mittelmeer-Dialog« teilnehmen. Da rief der Journalist Jürgen Roth an und verkündete, in der Türkei werde es noch am gleichen Abend zu einem Putsch kommen. Wir waren wie vom Schlag gerührt. Andererseits lag ein Putsch schon seit längerem in der Luft, und Jürgen Roth, den die Türkei wegen Artikeln über Kurden ausgewiesen hatte, wusste in solchen Sachen gut Bescheid.
    Wir riefen sogleich bei einigen türkischen Zeitungen an. Unsere Bekannten, die bei Milliyet und Hürriyet arbeiteten, reagierten beschwichtigend. An jenem Tag seien Spruchbänder mit daran befestigten Sprengkörpern aufgehängt worden, die explodiert waren, als die Polizei die Bänder abnehmen wollte, und Ausländer hätten daraus womöglich voreilige Schlüsse gezogen. Die Lage sei aber ruhig.
    Der beim WDR beschäftigte Örsan Öymen war beruflich in der Türkei unterwegs, und seine Frau Gisela, die fürchtete, er könne im Fall eines Putsches in der Türkei hängenbleiben, versuchte ständig, ihn zu erreichen, aber vergeblich.
    Beunruhigt gingen wir schließlich ins Bett, und als wir am nächsten Morgen das Radio anmachten, erfuhren wir, dass es tatsächlich zu einem Putsch gekommen war.
    Gegen Mittag flog ich über Paris nach Marseille. Der »Mittelmeer-Dialog«, zu dem mehrere Hundert Intellektuelle aus Anrainerstaaten des Mittelmeers zusammentrafen, wurde von Mitterrand, der damals noch nicht Präsident war, sowie von seinem engsten Mitarbeiter, dem späteren Kulturminister Jack Lang, geleitet. Beim Mittagessen in einem herrlichen Garten traf ich mit Yaşar Kemal zusammen, der mich mit den beiden bekanntmachte.
    Aus der Türkei waren fünf Teilnehmer zugegen: Yaşar Kemal, der Journalist Çetin Altan, der politisch aktive Jurist Mümtaz Soysal, der Satiriker Aziz Nesin und ich. Zu uns gesellte sich auch Altan Gökalp, der in leitender Stellung beim französischen Forschungszentrum CNRS wirkte. Wir kamen bei jeder sich bietenden Gelegenheit zusammen und erörterten die Lage.
    Nach dem Ende der Veranstaltung sollte im Garten des Marseiller Rathauses eine Abschlussfeier stattfinden. Dazu wurde auf einer Bühne für Mitterrand und eine Reihe anderer Politiker aus verschiedenen Ländern ein langer Tisch aufgestellt. Vor den Reden war eine Vorführung mit Gedichten und Musik angekündigt.
    Es war geplant, dass Melina Mercouri Gedichte vortragen und der aus Israel stammende französische Geiger Ivry Gitlis und ich dazu improvisieren sollten. Wegen der ablehnenden Haltung des späteren griechischen Ministerpräsidenten Andreas Papandreou, der ebenfalls anwesend war, nahm Melina dann doch nicht an dem Trio teil. Ivry Gitlis und ich spielten dennoch und erhielten danach rauschenden Beifall, und zwar am meisten ausgerechnet von den Marseiller Armeniern, von denen wir zunächst negative Reaktionen wegen meiner Mitwirkung befürchtet hatten.
    Papandreou hatte sich von Beginn an uns Türken gegenüber äußerst abweisend verhalten. Er sprach nicht mit uns, wandte sich – wenn wir zufällig an benachbarten Tischen saßen – demonstrativ ab und grüßte uns nicht einmal höflichkeitshalber. Mir kam es vor, als ob sich unter der Maske des Sozialisten ein steinernes Herz verberge, und während Papandreous Regierungsjahren sollte sich dieser Eindruck nur noch verstärken.
    Da ich seit 1975 mit Griechenland vielfach zu tun hatte, konnte ich aus nächster Nähe mitverfolgen, wie sich in den achtziger Jahren die griechisch-türkischen Beziehungen unter Papandreou rapide verschlechterten. Als Ergebnis seiner Bemühungen, im Osten

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