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Roman unserer Kindheit

Roman unserer Kindheit

Titel: Roman unserer Kindheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Klein
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dieser Verwandlung trauen. Wie klug sie sind! Wie überreich an Misstrauen, wie lebensklug mir diese sieben Kinder in meiner Spanne Zeit erneut geworden sind.
    Der Schniefer sieht ein silbernes Papierchen liegen und steigt mit weitem Schritt darüber weg. Die Zwillinge gehen in flachen Bögen rechts und links daran vorbei. Der Wolfskopf hebt es auf. Zum zweiten Mal in diesem Sommer hat er eine Idee. Wieder ist sie nicht groß. Eigentlich handelt es sichnur um die Abwandlung des älteren, des ersten Einfalls, der ihm unlängst, oben im Abendlicht des Spielplatzes, schon einmal geholfen hat. Er und Herr Schümer waren allein auf der Pingpong-Bank; Herr Geistmann und der Ami-Michi hatten sich gerade nach Hause aufgemacht. Herr Schümer fuhr ihm, was er gerne tut, mit den Fingern von der Stirn nach hinten durch das Haar und sagte ihm, wie schön er seine Mähne finde, wie lobenswert es sei, diese wunderbaren Haare, solange es nur gehe, vor dem Friseur zu retten. Dann hatte Herr Schümer sogar seinen Kamm herausgeholt, um ihm den zerwühlten und vom langen Spielen nassgeschwitzten Schopf zu glätten. Der Wolfskopf spürte, dass es eine Frisur mit Scheitel werden sollte. Das war ihm überhaupt nicht recht, mit Scheitel sah er furchtbar dämlich aus, aber Herr Schümer hielt ihn so geschickt mit dem anderen, dem linken Arm umfangen, dass er nur mit einem unhöflich schroffen Losreißen aus diesem Griff entkommen wäre.
    Und da war unserem Wolfskopf etwas Besseres eingefallen. Er fragte den Drogisten, ob er auch könne, was Herr Lutscher ihnen neulich hier an Ort und Stelle vorgeführt habe. Schümer holte scharf durch die Nase Luft, als er dies hören musste. Er sah sich sogar zweimal, über beide Schultern, um, als könnte der Elektrofachgeschäftsbesitzer auf die bloße Nennung seines Namens in Erscheinung treten. Kurz fürchtete der Wolfskopf, er habe ihn beleidigt, weil es der Drogist dem Elektriker in der fraglichen Sache nicht gleichtun könne. Aber er hatte sich zum Glück getäuscht. Herr Schümer zog den Kamm ein letztes Mal behutsam durch die im Wolfskopfnacken immer ein wenig verfilzten Haare, wischte das polierte Horn an seiner Hose trocken und holte eine noch fast volle Schachtel Filterzigaretten aus der Hosentasche, umdas Silberpapier unter den dichtgereihten weißen Stäbchen hervorzuziehen.
    Unser Wolfskopf weiß natürlich, dass er nicht halb so gut wie Schümer oder Lutscher auf dem kleinen schwarzen Kamm des Toten blasen wird. Oben, auf der schon dämmrigen Bank, hatte ihm Schümer mit wahrer Engelsgeduld immer wieder gezeigt, wie es geht. Und einen Ton, ein schönes lautes Schnarren, ein Tuten oder ein schrilles Zirpen herauszubringen, war gar nicht schwer. Aber wie man es machen musste, dass die Töne, wie die Lieder es verlangten, hinauf- und hinuntergingen, hat er bis zuletzt, als es schon finster war und Schümers Hand angenehm warm und ermutigend fest auf seinem Knie lag, einfach nicht verstanden. Dass ihm nicht einmal Hänschen klein gelingen wird, spielt jetzt, während sie unter der Erde nach Sybilles Schwester forschen, deren Sandalen an seinen Lederhosenträgern baumeln, allerdings keine Rolle. Er legt das glattgestrichene Papierchen um den Kamm. Es passt genau. Der Wolfskopf sieht, dass ein Streifen abgetrennt ist, nicht hin- und hergefalzt und faserig weggerissen, sondern wie mit einer guten Haushaltsschere abgeschnitten. Das spornt ihn an. Er will es genauso machen wie der komische Blinde mit dem Akkordeon. Der kriegt auch keine Melodie zustande und bekommt dennoch von Herrn Doktor Junghanns immer wieder Geld geschenkt. Schon blähen sich seine Backen, und er pustet los.
    Sputnik spitzt gleich die Ohren. Sputnik schwenkt das wuchtige weiße Haupt schnuppernd über den Kies, guckt kurz nach hinten und versteht auf ihre hündische Weise, dass ihr Herrchen das unsichtbare Wesen, das da unten schnarrt und flattrig zirpt, nicht hören kann. Sputnik schnauft tief, unterdrückt ein Knurren, japst nur und zieht ein wenig stärker,weil es ihr jetzt zu langsam vorwärtsgeht. Der Fehlharmoniker gibt ihrer Ungeduld jedoch nicht nach, denn der neue Kamerad, der Taubstumme aus dem grünen Block, ächzt inzwischen bei fast jedem Schritt vor Schmerz. Der Sturz hat seine Wucht in den mageren Körper des Kanarienvogelzüchters eingeschrieben, und nun, da die Euphorie der geglückten Landung verklungen ist, buchstabieren sich die Nerven den erlittenen Schaden nach und nach zusammen. Es tut unserem Kikki-Mann

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