Roman
platzen vor Neugierde. Weißt du was, wir fahren nach dem Essen noch auf einen Drink ins Schumanns. Da treffen wir vielleicht alle. Und dann stell ich dich vor.“
„Heute Abend?“, fragte Kristina schockiert.
„Widerspruch ist zwecklos. Und nach dem Auftritt von dieser Kellnerin hier kann dich doch sowieso nichts mehr erschüttern, oder?“
Nach dem Essen brachen sie nach München auf. Beide schwiegen während der Autofahrt. Kristina warf Tom gelegentlich einen Blick zu. Er wirkte zufrieden und entspannt. Ganz im Gegensatz zu ihr. Nervös kaute sie auf ihrer Unterlippe herum. Sie versuchte, sich vorzustellen, was sie in Kürze in der Bar erwarten würde. Das Wochenende war so wunderbar gewesen – und nun setzte er dem Ganzen so ein blödes Ende. Sie schnaubte.
„Alles okay da drüben?“, erkundigte er sich.
„Jaja“, erwiderte sie.
„Warum hyperventilierst du dann so?“, zog er sie auf.
„Altersbedingte Schnappatmung“, gab sie zurück, klappte die Sonnenblende herunter und schaute in den kleinen Schminkspiegel.
„Du siehst toll aus“, meinte er.
Kritisch musterte sie sich. „Ich habe hektische Flecken am Hals und Stresspickel am Kinn.“
„Du siehst wirklich toll aus“, wiederholte er.
Ach was, dachte sie. „Ist ja auch egal. Ich stehe einfach zu meinen Hängebäckchen und meinem Truthahnhals.“ Damit klappte sie die Blende wieder nach oben und fügte sich ihrem Schicksal.
Kaum hatten sie wenig später das Lokal betreten, griff Tom nach ihrer Hand und zog sie zur Bar, an der zwei junge Männer standen. „Hi. Super, dass es geklappt hat“, begrüßte er die beiden.
Endlich begriff Kristina. Tom hatte das alles arrangiert. Es war kein zufälliges oder spontanes Treffen mit seinen Freunden, es war von langer Hand geplant. Sie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch klappte ihn sofort wieder zu.
„Also, das ist Fabian“, sagte Tom.
Der blonde Hüne, dem sie gerade mal bis zur Brust reichte, gab ihr die Hand. „Hallo Kristina. Hattet ihr Spaß am See?“
„Und das ist Sebastian“, fuhr Tom fort.
Sebastian überragte Kristina ebenfalls um einen Kopf. Der Kerl mit dem raspelkurzen Haar hielt ihre Hand länger als notwendig fest.
„Große Freunde hast du“, meinte sie etwas verdutzt.
Alle drei lachten.
„Ja, du hast dir den Kleinsten von uns ausgesucht“, erklärte Fabian. „Wir kennen uns vom Basketball, aber eigentlich hat Tom da keine Chance.“
„Spielst du deswegen nun Fußball mit meinem Sohn?“, fragte Kristina und bereute im gleichen Augenblick, dass sie ihren Sohn erwähnt hatte.
Fabian sah sie überrascht an. „Du hast einen Sohn?“
„Und eine Tochter“, ergänzte Tom.
„Wow.“ Fabian wirkte beeindruckt. „Und wer passt heute auf die beiden Kleinen auf?“
Kristina straffte die Schultern und grinste vielsagend.
„Was trinkst du, Kristina?“, wollte Tom wissen.
Lachend erwiderte sie: „Ein Glas heiße Milch, bitte.“
„Darf es ausnahmsweise auch Weißwein sein?“, fragte Sebastian.
Während Sebastian die Getränke bestellte, erzählte Tom von seinen Umbaumaßnahmen in Kristinas Praxis. Da die beiden anderen ebenfalls Architekten waren, interessierten sie sich für alle Details. Das Gespräch entwickelte sich unaufgeregt und wie von selbst. Tom hatte seinen Arm um ihre Taille gelegt und küsste sie immer wieder. Alles trug dazu bei, dass Kristina ihre anfängliche Scheu ablegte, und mit jeder Minute fühlte sie sich wohler in ihrer Rolle als Toms neue Freundin.
Auch Sebastians Freundin Amanda, die im Lauf des Abends dazustieß und kaum älter als ihr Sohn Philipp sein konnte, reagierte auf sie, als wäre es das Normalste der Welt, dass Tom mit einer älteren Frau zusammen war. Und so wurde aus einem geplanten Drink ein lustiger Abend, der ganz anders war, als Kristina zunächst befürchtet hatte. Sie erfuhr, dass Sebastian und Amanda im kommenden Frühjahr heiraten wollten. Fabian dagegen war gerade von seinem Freund verlassen worden und litt unter Liebeskummer.
Kristina fand Toms Freunde auf Anhieb sympathisch. Am meisten jedoch überraschte sie, dass der Altersunterschied zwischen ihr und Tom überhaupt keine Rolle in dieser Runde zu spielen schien. Daher beschloss sie, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit zu Hause reinen Tisch zu machen.
Später, als Tom die Drinks bezahlt hatte, verschwand Kristina kurz zur Toilette. Versonnen stand sie am Waschbecken und schaute sich im Spiegel an. Was sie da sah, war eine strahlende Frau
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