Romana Exclusiv Band 0183
Auf dem Familienportrait im Arbeitszimmer war keine Schwester zu sehen, und die Eltern auf dem Bild konnten auch nicht ihre sein. Außerdem sprach Michelle mit britischem Akzent und konnte demzufolge auch nicht mit Dave zusammen in Virginia aufgewachsen sein.
Nachdenklich nahm Sky eine Zeitschrift, die auf dem Tisch lag. Es war eine interne Ausgabe für Firmeninvestoren, und auf der Vorderseite war das Montanalogo abgebildet. Sky blätterte darin herum und entdeckte einen Artikel mit Fotos über Luxushotels. Dazu gehörten weitläufige Golfplätze, Tenniscourts und Swimmingpools.
Ohne größeres Interesse überflog Sky den Artikel, bis ihr der Name Equador ins Auge fiel. In einem kurzen Bericht wurden die Leser darüber informiert, dass das für Equador geplante Projekt zurückgestellt worden sei. Bedenken seien wegen der Größe des Hotels geäußert worden, und die equadorianische Regierung habe sich noch nicht dazu entschlossen, dem Projekt zuzustimmen. Genugtuung erfüllte Sky. Also hatte sie die Sachlage doch richtig eingeschätzt.
In diesem Moment betrat eine Frau mit einem gefüllten Tablett den Raum, gefolgt von Dave, der offenbar gerade nach Hause gekommen war. Sofort spürte Sky ein erregendes Kribbeln in der Magengegend, als sie ihn sah. Ein Mann von Welt, ging es ihr durch den Kopf. Ja, Dave war ein Mensch, der sich selbst und andere unter Kontrolle hatte. Erneut wurde Sky von Misstrauen erfasst. Was konnte ein Mann wie Dave nur an ihr finden?
„Hi“, grüßte sie und versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen.
„Tut mir leid, dass ich zu spät komme“, sagte Dave und ließ sich neben Sky auf dem Sofa nieder. „Schön, dass du da bist.“
„Kein Problem.“ Sky wünschte, Dave hätte sich woanders hingesetzt. Seine Nähe machte sie ganz nervös.
Er öffnete einen Aktenkoffer und holte einige Unterlagen heraus. „Hier ist alles, was wir brauchen: Vertrag, Tickets, Adresse.“
Sky nahm den Vertrag in die Hand und las ihn aufmerksam durch. Dabei fiel ihr nichts Ungewöhnliches auf. Es gab eigentlich keinen Grund, nicht zu unterzeichnen. Dennoch blickte Sky unschlüssig auf das Papier.
„Ist alles in Ordnung?“, fragte Dave.
„Ja.“
„Was ist los? Warum zögerst du?“
Sky sah Dave verärgert an. Natürlich wusste er, dass ihr die Sache nicht geheuer war. „Wenn ich nur wüsste, warum du so darauf erpicht bist, gerade mir diesen Auftrag zu erteilen“, sprudelte es aus ihr heraus. „Das hat doch was mit dieser Klage zu tun, nicht wahr?“
Daves Züge wurden hart. „Niemand zwingt dich, dieses Angebot anzunehmen.“
„Natürlich nicht“, gab Sky ironisch zurück. „Du willst, dass ich glaube, du würdest dich für meine Arbeit interessieren. Aber das kaufe ich dir nicht ab, Dave. So naiv bin ich nicht.“ Sie nahm einen Kugelschreiber und unterschrieb den Vertrag. Daraufhin sah sie Dave fest in die Augen. „Nur damit du weißt, dass ich im Bilde bin.“
Er zog die Brauen hoch. „Und was bedeutet das?“
Skys Herz klopfte heftig. „Treib keine Spielchen mit mir, du würdest es sonst bereuen“, wiederholte sie kühn die Worte, die Dave vor Kurzem selbst zu ihr gesagt hatte.
Seine Augen blitzten auf, doch bevor er antworten konnte, kam Michelle ins Zimmer. „Ah, da bist du ja, Dave“, rief sie lächelnd.„Und der Tee ist auch schon fertig. Ich bin am Verdursten.“
„Hast du meine Schwester schon kennengelernt?“, wandte Dave sich schmunzelnd an Sky.
„Ja, wir haben uns schon miteinander bekannt gemacht“, kam Michelle ihr zuvor und setzte sich auf einen Stuhl. Sie sah zuerst Sky, dann Dave an. Jetzt lachte Michelle. „Er hat es Ihnen bestimmt nicht erklärt, stimmt’s?“
„Was erklärt?“, fragte Sky verständnislos.
„Dass wir nicht blutsverwandt sind. Mein Vater ist Brite, und meine Mutter war Chinesin. Sie starb, als ich noch sehr klein war. Vor drei Monaten heirateten mein Vater und Daves Mutter, und Dave akzeptierte mich sofort voll und ganz als seine Schwester. Das ist zwar sehr schön, aber es verwirrt die Leute.“
Vor drei Monaten, dachte Sky. Das war kurz, bevor sie Dave auf seiner Party kennengelernt hatte. Kein Wunder, dass er ihr nichts Näheres über seine Schwester erzählt hatte. Schließlich war sie, Sky, für ihn eine Fremde gewesen.
„Es macht ihm Spaß, die Leute vor den Kopf zu stoßen“, fuhr Michelle vergnügt fort. „Ich glaube, das ist eine seiner Macken, die er aus seinen etwas unkonventionellen Jugendjahren
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