Romana Exclusiv Band 0183
ihr die Tränen in die Augen. Sie biss verbittert die Zähne zusammen und zwang sich, nicht mehr an Dave zu denken.
Inzwischen war die Schildkröte fertig, scharrte Sand über die abgelegten Eier und kroch zurück ins Meer. Paul meinte, sie würde nie wieder zu ihrem Nest zurückkehren. Die Eier seien von nun an sich selbst überlassen, und in ein paar Monaten würden winzige Schildkröten ausschlüpfen und sich ihren Weg zum Wasser suchen, falls nicht vorher jemand komme und das Nest ausnehme, um die Eier zu verzehren. Ein Schildkrötennest zu finden sei kinderleicht, denn man müsse nur morgens herkommen und die Spuren des Muttertiers zum Nest verfolgen.
Deshalb verwischten Sky und Paul alle Spuren und bedeckten das Nest, so gut es ging, mit Sand. Danach wünschten sie einander einen guten Morgen und trennten sich.
Es war kurz vor Mitternacht gewesen, als Sky sich aus dem Haus geschlichen hatte. Dave war schon zu Bett gegangen, und sie hoffte, dass er ihr Verschwinden nicht bemerkt hatte. Sicherheitshalber parkte sie den Wagen in einiger Entfernung zum Haus und ging das letzte Stück zu Fuß. Sie musste leise sein, um Dave nicht zu wecken. Von weitem sah sie jedoch schon, dass im Wohnzimmer Licht brannte.
Mit klopfendem Herzen betrat Sky das Haus. Dave saß auf dem Sofa, auf dem Kaffeetisch standen eine Tasse und ein halbvolles Glas, und etliche Papiere lagen wild zerstreut herum. Dave wirkte übernächtigt und müde.
Er maß Sky zuerst von oben bis unten, dann stand er auf, und seine grünen Augen blitzten vor Zorn. „Wo, zum Teufel, bist du die ganze Nacht gewesen?“
Skys Begeisterung über ihr herrliches Erlebnis war mit einem Mal wie weggeblasen, und Wut und Verärgerung stiegen in ihr auf. Dave hatte kein Recht, sie so anzufahren!
„Ich war bei Paul“, antwortete sie kalt und sah Dave herausfordernd an. Was er jetzt dachte, wusste sie ganz genau, doch es war ihr einerlei. Sie wollte ihn absichtlich kränken.
Daves Züge wurden hart, und er betrachtete abschätzig Skys sandige Füße und ihre schmutzige, zerknitterte Kleidung. „Ihr habt euch wohl am Strand ausgetobt, was?“, fragte er zynisch. „Oder hast du eine interessante Salamanderart entdeckt, die man nur bei Nacht beobachten kann?“
„Es geht dich nichts an, was ich mit meinen Nächten mache.“ Skys Stimme zitterte, doch sie zwang sich, Daves Blick standzuhalten. Nein, er konnte sie nicht einschüchtern. Und er hatte kein Recht, sie auszufragen.
Dave verzog verächtlich den Mund. „Ich hätte dir mehr Klasse zugetraut, Sky. Rächst du dich immer auf diese Art an einem Mann?“
„Rache?“ Sky lachte hart auf. „Meinst du nicht, du übertreibst ein bisschen?“ Sie strich sich das zerzauste Haar aus der Stirn und ging einen Schritt vor. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest, ich muss unter die Dusche.“
Dave ließ sie jedoch nicht vorbei, sondern packte sie stattdessen an den Armen.
„Sag mir nur, warum“, stieß er hart hervor. „Warum, zum Teufel, verschwendest du dich an einen vagabundierenden Eidechsenfreak?“
Sky sah ihn an, und der Schmerz und die Sorge, die sie in seinen Augen las, schnitten ihr ins Herz. Ja, Dave hatte sich wirklich Sorgen um sie gemacht, und der Gedanke, sie könnte mit Paul geschlafen haben, schien ihn zu verletzen. All die negativen Gefühle, die sie Dave gegenüber verspürt hatte, verschwanden schlagartig. Sky schluckte den Kloß in ihrem Hals hinunter. „Ich habe nicht mit ihm geschlafen, wenn du das glaubst“, sagte sie leise. „Wir waren am Strand, und ich habe Fotos von einer Riesenschildkröte beim Eierlegen gemacht. Ich habe nur gearbeitet.“
Dann machte sie sich von Dave los, ging in ihr Zimmer und warf sich so schmutzig, wie sie war, aufs Bett. Verzweifelt drückte sie das Gesicht ins Kissen. Nein, sie durfte nicht wieder weinen. Bloß nicht weinen!
Es kam noch schlimmer, als Sky befürchtet hatte. Als sie am nächsten Nachmittag zurück zur Hütte kam, sah sie schon von Weitem zwei Besucher auf der Veranda sitzen. Der eine war eine dunkelhaarige Frau, die Sky nicht kannte, und der andere ein blonder Mann: ihr Bruder Rocky!
„Hey! Blue Sky!“ Rocky hob seine Schwester hoch und wirbelte sie überschwänglich herum.
„Rocky!“, rief sie aufgeregt. „Was tust du denn hier?“
Er stellte Sky wieder auf die Füße und strahlte übers ganze Gesicht. „Ich wollte dich sehen, was sonst? Oder glaubst du im Ernst, ich würde zurück ans andere Ende der Welt fliegen,
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