Romana Exklusiv 0172
„Was für ein wunderschönes Gemälde. Hast du es malen lassen?“
„Ja.“ Leo stand unmittelbar hinter ihr. „Zeichnest du noch, Rosa? Früher hattest du immer dein Skizzenbuch dabei.“
Es enthielt nur Zeichnungen, die den jungen Leo Fortinari zeigten, wie sie genau wusste. „Nein“, antwortete sie ausdruckslos. Im Gegensatz zu Rosa war sie nicht gerade künstlerisch begabt. „Dazu fehlt mir leider die Zeit.“
„Das ist sehr schade.“ Er nahm ihre Hand. „Komm, wir unterhalten uns in der Küche weiter, während ich das Abendessen zubereite.“
Harriet staunte, als sie die supermoderne Küche betrat. „Ich wusste gar nicht, dass du kochen kannst.“
Leo lachte. „Ist die Vorstellung so abwegig?“
„Ja“, gestand sie und ließ den Blick über sein eisblaues Hemd und die helle Leinenhose gleiten.
Er füllte einen großen Kochtopf mit Wasser und setzte ihn auf. Dann öffnete er eine Flasche Wein und ermunterte Harriet, in einen Kochtopf zu sehen, den er aus dem Kühlschrank genommen hatte. „Die Köchin meiner Mutter hat heute Morgen diese Sauce für mich gemacht. Ich soll sie langsam erwärmen, die Nudeln in kochendes Salzwasser schütten und den Salat mit Essig und Öl anmachen, und schon ist das Abendessen fertig.“
Harriet lachte. „Das meinst du also mit ‚kochen‘.“
Leo lächelte. „Würdest du lieber etwas anderes essen?“
„Nein, ganz bestimmt nicht.“ Es war ihr völlig gleichgültig, was es zum Abendessen gab, Hauptsache, sie und Leo Fortinari verbrachten den Abend gemeinsam. Sie betrachtete es als Belohnung für den anstrengenden Italienbesuch, der nun fast hinter ihr lag.
Leo hatte im Esszimmer gedeckt. Durch die Rundbogenfenster hatte man einen wunderbaren Blick auf die im Mondschein liegenden Weinberge der Familie. „Wir essen bei Kerzenlicht“, verkündete Leo, als er ihr den Stuhl zurechtrückte.
Harriet fühlte sich wie Aschenputtel. Die Stunden bis Mitternacht vergingen viel zu schnell. Sie nahm sich vor, jede Minute in Leos Gesellschaft zu genießen. Das Essen war köstlich, der Wein weich und die Unterhaltung anregend. Über die Vergangenheit sprachen sie nicht. Zum ersten Mal seit ihrer Ankunft konnte Harriet sich richtig entspannen. Als Leo ihr Nachtisch anbot, lehnte sie dankend ab.
„Vielen Dank, aber für einen Nachtisch ist kein Platz mehr. Ich hätte nicht so viel von diesem herrlichen Brot essen sollen.“
„Dann bekommst du nächstes Mal weniger.“ Er sah sie ernst an. „Wann kommst du wieder, Rosa?“
„Ich weiß es nicht“, erwiderte sie traurig.
„Wenn du zu Hause nicht so dringend gebraucht würdest, würdest du dann hier bleiben?“
Sie atmete tief durch und rang sich ein Lächeln ab. „Nur zu gern, Leo. Aber leider ist das unmöglich.“
Leo nickte ernst. „Ich weiß, wie es ist, wenn man Verantwortung trägt.“ Er stand auf und reichte ihr die Hand. „Komm, wir gehen in die Küche, und ich mache uns einen Kaffee.“
Harriet lächelte verlegen. „Ich möchte eigentlich gar keinen Kaffee trinken. Sonst liege ich die ganze Nacht wach.“
„Ich habe in letzter Zeit auch Schwierigkeiten zu schlafen.“ Sein Lächeln ließ sie erschauern. Leo nahm ihre Hand. Kurz darauf saßen sie auf einem der Sofas im Wohnzimmer. Leo hatte sich ihr halb zugewandt, und Harriet wurde nervös, als sie seine Miene sah. „Es war sehr schön, dich heute Abend zum Essen bei mir zu haben“, sagte er. „Aber ich habe dich nicht nur zum Essen eingeladen.“
Sie saß reglos da und erwiderte seinen Blick. Ist dies nun der Augenblick der Wahrheit? überlegte sie. Ihr Herz pochte aufgeregt unter Rosas leichtem Wollkleid. Vielleicht waren das Essen und die Unterhaltung nur die Einleitung gewesen, und ihre Enttarnung stand unmittelbar bevor.
„Wozu dann?“, fragte Harriet mit versagender Stimme.
„Du weißt, dass ich dich begehre“, erklärte Leo rau. „Und du hast dich so sehr verändert, Cousinchen, dass ich Nonnas Herzenswunsch nur zu gern erfüllen würde.“
Sie befeuchtete sich die trockenen Lippen, als er fortfuhr.
„Nonna möchte, dass wir heiraten. Sie ist alt und gebrechlich und bedauert zutiefst, dass ihr euch all die Jahre nicht gesehen habt. Dafür gibt sie mir einen Teil der Schuld. Sie meint, jetzt hätte ich die Gelegenheit, alles wieder gutzumachen. Bist du damit einverstanden, dass wir uns wenigstens verloben?“ Leo sah sie so eindringlich an, dass sie erschauerte. „Nonna wird nicht mehr lange unter uns weilen, und wenn du
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