Romana Exklusiv 0172
ihn gebeten, sie von ihrem Entschluss abzubringen oder es zumindest zu versuchen. Er hat sich jedoch geweigert, sich einzumischen.“
„Dafür wird er seine Gründe haben“, entgegnete Davina verbittert. „Ach, es ist sinnlos. Ich wünschte, ich wäre nicht zurückgekommen …“ Plötzlich traten ihr Tränen in die Augen, die sie rasch wegwischte.
„Sie Arme“, sagte Carlos sanft. „Sie müssen Ihrem Mann klarmachen, dass er Sie nicht vernachlässigen darf. Es gibt Männer genug, die sich Ihnen gegenüber ganz anders verhalten würden. Ich würde Sie jedenfalls liebevoll und respektvoll behandeln.“ Er nahm ihre Hand, hob sie an die Lippen und küsste langsam ihre Finger. „Sie sind ungemein schön, Davina. Wenn ich nicht so viel Achtung vor Ihrem Mann hätte, würde ich versuchen, Sie ihm auszuspannen. Doch so …“ Auf einmal drückte er ihre Hand fester, und ehe Davina begriff, was er vorhatte, beugte er sich zu ihr hinüber und berührte federleicht ihre Lippen. Dann ließ er sie los und flüsterte an ihrem Ohr: „Ruy ist da und beobachtet uns. Es wird ihm bestimmt nicht gefallen, was er sieht.“ Er lehnte sich wieder zurück.
Davina drehte sich um. Ruy saß an der Tür in seinem Rollstuhl, und sein Gesicht war vor Zorn verzerrt. Sogleich sprang sie auf und eilte zu ihm. Doch er drehte verärgert den Rollstuhl mit einer so heftigen Bewegung herum, dass er an die Tür stieß.
„Ruy …“, rief Davina aus.
Er fluchte vor sich hin und ignorierte sie, während er sich mit beinah übermenschlicher Anstrengung aufrichtete und hinstellte. In dem Moment kam Rodriguez von irgendwoher angelaufen und hielt entsetzt den Atem an. Ruy schien das Gleichgewicht zu verlieren.
Davina war als Erste bei ihm. Sie legte die Arme um ihn, um ihn festzuhalten. Aber er stieß sie so brutal von sich, dass sie gegen die Steinmauer prallte und sich am Arm verletzte. Schließlich half ihm Rodriguez wieder in den Rollstuhl und fuhr ihn ins Haus.
„Oh Carlos, warum haben Sie ihn gereizt?“, fragte Davina ihn vorwurfsvoll, als sie wieder allein waren.
„Warum hätte ich es nicht tun sollen?“, antwortete er und lächelte entwaffnend. „Ich küsse schöne Frauen gern. Außerdem wollte ich ausprobieren, ob meine Theorie stimmt. Sie sind Ruy nicht so gleichgültig, wie Sie denken, dessen bin ich mir absolut sicher. Man muss ihn nur etwas eifersüchtig machen und ihn zwingen, sich einzugestehen, was er für Sie empfindet. Sie sind immerhin seine Frau, und für einen Spanier ist die Ehe geradezu heilig.“
Als Davina den Kopf schüttelte, fragte er: „Haben Sie denn nicht gesehen, dass er unbedingt hat aufstehen wollen, obwohl er behindert ist? Begreifen Sie nicht, was das bedeutet?“
Plötzlich begriff sie es. Ihr fiel ein, was Dr. Gonzales ihr erzählt hatte. Weil Ruy zornig war, hatte er es geschafft, allein aufzustehen. Obwohl er nichts für sie empfand, fühlte er sich in seinem Stolz verletzt. Er konnte es nicht ertragen, dass sie sich vielleicht zu einem anderen Mann hingezogen fühlte. Doch war dieses Gefühl stark genug, seine seelische Blockade zu lösen?
„Ich habe ein Idee“, erklärte Carlos auf einmal. „Wir beide, Sie und ich, flirten eine Zeit lang miteinander. Dann werden wir sehen, wer Recht hat. Ich bin überzeugt, Ruy hat Sie zumindest sehr gern.“
Davon konnte Davina ihn dann nicht mehr abbringen. Während des Essens unterhielt er sich immer wieder mit ihr und machte ihr viele Komplimente. Sie spürte Ruys ärgerliche Blicke. Nach dem Essen entschuldigte sie sich und behauptete, sie sei müde. Carlos ließ es sich nicht nehmen, ihr genauso intim die Hand zu küssen wie zuvor. Deshalb wagte Davina es schon gar nicht mehr, Ruy anzusehen.
Beim Duschen dachte sie über Carlos’ Bemerkungen nach. Er war sich so sicher, dass Ruy sie gern hatte. Sie wusste es jedoch besser, er liebte Carmelita. Trotzdem ist er meinetwegen so wütend gewesen, dass er sich aufrichten und stehen konnte, überlegte sie. Ihr traten Tränen in die Augen. Wie konnte sie ihm nur helfen?
9. KAPITEL
„Das sind die Stiere für die novillada“, erklärte Carlos Davina am nächsten Morgen, als sie an der eingezäunten Weide standen. „Und die größeren Tiere werden bei der Corrida, dem richtigen Stierkampf, eingesetzt. Der Stil und auch die Dauer sind bei allen Arten von Stierkämpfen gleich. Aber bei der novillada kämpfen sehr junge Matadore gegen junge Stiere. Ruy war früher einmal ein rejoneador, wie man die
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