Romana Exklusiv 0176
Wunsch gar nicht äußern“, murmelte sie. „Ich wusste ja nichts von der Adoption.“
„Haben Sie gestern noch mit Ihrem Vater gesprochen?“
„Ja.“
„Irgendwelche Probleme?“
„Natürlich nicht“, erklärte sie heftig. „Mein Vater hat mich vom ersten Augenblick an ermutigt, meine Mutter zu treffen.“
„Das hat Sie wohl sehr überrascht“, spottete er.
„Nicht wirklich“, überlegte Merry. „Mein Vater ist ein sehr großzügiger Mann.“ Sie senkte den Kopf. „Ich … wissen Sie etwas über meinen richtigen Vater?“ Das Blut stieg ihr in die Wangen.
Verständnisvoll legte Gideon seine Hand auf ihre. „Ist schon in Ordnung, Merry. Sie brauchen sich deswegen nicht zu schämen. Aber leider kann ich Ihnen darüber überhaupt nichts sagen.“ Er umfasste das Lenkrad mit beiden Händen, denn sie näherten sich dem Flughafengelände. „Mein Vater weiß es. Anthea bestand darauf, ihm alles zu erzählen. Doch ich habe das Gefühl, dieser Teil ihrer Vergangenheit geht mich nichts an. Vielleicht können Sie sie eines Tages selbst fragen.“
Vielleicht, eines Tages. Falls sie einander näherkamen. Merry war zwanzig Jahre alt. Sie konnte sich nur schwer an den Gedanken gewöhnen, eine neue Mutter in ihr Leben treten zu lassen.
Doch im Moment fühlte sie nur Nervosität vor ihrem Flug nach Athen. Merry war erst zwei Mal geflogen, jedes Mal mit Chartermaschinen. Das war etwas ganz anderes als dieses schnelle kleine Flugzeug. Noch dazu hatte Gideon offenbar die Absicht, selbst Pilot zu spielen. Diese Tatsache beunruhigte sie besonders.
Jetzt saß sie ganz allein im Passagierraum der zwölfsitzigen Maschine und umklammerte angstvoll die Lehnen ihres Sitzes. In wenigen Minuten wollte Gideon sich mit diesem Ding in die Lüfte schwingen. Schon bei dem Gedanken wurde ihr übel.
„Alles in Ordnung?“
Erschreckt blickte Merry auf. Sie hatte ihn nicht einmal kommen hören. Belustigt sah er auf sie herab.
„Sie werden doch nicht etwa luftkrank?“, spottete er bei ihrem Anblick.
„Nein!“
„Gut. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass wir jeden Augenblick starten.“
„Dann machen Sie schon, in Gottes Namen!“
Er lachte. „Ich sehe Sie dann in drei Stunden.“
Drei Stunden! So lange sollte sie allein hier sitzen? Doch um keinen Preis der Welt wollte sie sich ihre Furcht anmerken lassen.
Gideon verließ sie. Merry fluchte innerlich hinter ihm her. Dieser Kerl! Wie sollte sie vorgeben, in ihn verliebt zu sein, wenn sie einander dauernd anfauchten? Aber war sie nicht Schauspielerin? Jetzt war der Moment gekommen, Gideon Steele zu beweisen, welch eine hervorragende Schauspielerin sie war!
Während des Fluges überließ Gideon einmal für kurze Zeit die Maschine den Händen seines Kopiloten, um Merry Gesellschaft zu leisten. Sie war sehr freundlich zu ihm, was ihn offenbar überraschte. Sei bloß auf der Hut, dachte Merry, nicht bereit, sich von Gideons Überlegenheit noch länger gängeln zu lassen.
Sie blickte aus dem Fenster. Als sie sich dem Flughafen von Athen näherten, sah sie die Akropolis und den Parthenon. Die antiken Bauwerke bildeten einen seltsam-schönen Hintergrund gegen das moderne, scheinbar nur aus Wohnblocks und Geschäften bestehende Athen. Dann betrat sie an Gideons Seite zum ersten Mal griechischen Boden.
Gemeinsam gingen sie ins Flughafengebäude, Merry an Gideons Arm. Die Formalitäten waren erstaunlich rasch erledigt. Jim Sands, der Kopilot, würde die Maschine auftanken lassen und sofort nach England zurückfliegen.
„Wir nehmen ein Taxi nach Piräus“, teilte Gideon ihr mit, während der Fahrer bereits ihre Koffer verstaute. Merry fand die Sonne ziemlich stechend. Sie war keine Sonnenanbeterin. Gideon jedoch schien sich ausgesprochen wohl zu fühlen, nicht eine Spur von Feuchtigkeit war auf seiner sonnengebräunten Haut zu sehen. Merry hatte das Gefühl, ihre Kleider dampften bereits.
„Piräus?“, wiederholte sie.
„Das ist der Name des Hafens.“
Es war früher Nachmittag, und die meisten Geschäfte waren geschlossen. Fensterläden sollten wenigstens einen Teil der gleißenden Hitze abhalten. Merry hatte für diese Mittagsruhe volles Verständnis. Auch sie hätte jetzt am liebsten ein Weilchen geschlafen; die letzten Tage waren so von Aufregung erfüllt gewesen, dass sie innerlich kaum Ruhe fand. Bald, sehr bald schon sollte sie ihrer Mutter begegnen. Ihr war beinahe übel vor Lampenfieber.
„Entspannen Sie sich“, sagte Gideon ruhig. „Ich bin sicher,
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