Romana Exklusiv 0176
Michael dich ansehen kann.“
„Ja.“
Gideon war es endlich gelungen, die Neugierigen zu vertreiben. „Das finde ich auch. Du bist noch immer sehr blass.“
Auch Merry betrachtete ihre Mutter mit großer Besorgnis. Unter der Sonnenbräune wirkte ihr Gesicht aschgrau. Ihre weit geöffneten Augen blickten gequält. Anthea hatte vielleicht ihre Ohnmacht überwunden, aber irgendetwas bedrückte sie immer noch.
„Vielleicht habt ihr recht.“ Mit zitternder Hand strich sich Anthea das Haar aus der Stirn. „Obwohl ich glaube, dass ich eine Stütze brauche. Ich fühle mich noch recht schwach.“ Zum ersten Mal, seit sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, sah sie Merry an. In ihren Augen schimmerten Tränen. „Merry, ich – kommen Sie mit mir zurück? Bitte!“
Merry schluckte mühsam. Sie bemerkte den vielsagenden Blick, den Vater und Sohn austauschten. Warum hatte Anthea gerade sie gebeten? Hatte sie sie erkannt? War vielleicht Merry der Grund für diese plötzliche Ohnmacht?
Jetzt würde endlich die Wahrheit ans Licht kommen, und Merry wusste nicht, ob sie froh darüber sein sollte.
9. KAPITEL
„Sie wissen es, nicht wahr?“ Merrys Worte waren keine Frage, sondern eine Feststellung.
Vor wenigen Minuten waren sie auf der Yacht eingetroffen. Anthea hatte darauf bestanden, dass nur Merry sie zu ihrer Kabine begleiten sollte. Die beiden Männer genehmigten sich an Deck den dringend benötigten Drink. Weder Gideon noch sein Vater hatten gegen Antheas ungewöhnlichen Wunsch protestiert. Ob auch sie wussten, dass Anthea die Wahrheit erraten hatte?
Anthea und Merry saßen sich gegenüber. Anthea war sehr blass, aber gefasst.
„Ich hoffe es so sehr“, flüsterte sie tonlos. „Ich kann es nicht glauben, aber ich hoffe, dass es wahr ist.“
Merry war genauso blass und nervös wie Anthea. „Wirklich?“
Zwei Paar klarer grüner Augen begegneten einander.
„Bezweifelst du das?“
Merry kaute an ihrer Unterlippe. „Eine Zeitlang tat ich das.“
„Und deswegen bist du als Gideons Freundin aufgetreten?“
„Ja.“
Tränen strömten aus Antheas Augen, ihr Mund zitterte leicht. „Ich bin nicht verrückt, nicht wahr, Merry? Du bist meine Tochter?“
„Ich … ja.“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Wispern.
„Oh Gott!“ Anthea schloss die Augen. „Jetzt verstehe ich alles. In deiner Rolle als Gideons Freundin hätte ich niemals vermutet … aber wahrscheinlich wolltet ihr genau das“, seufzte sie. „Heute dann, vor dem Café, drehtest du dich um und hast mir zugelächelt, und ich wusste es plötzlich. Aber ich konnte es nicht glauben.“
„Gideon hat mich gefunden“, erklärte Merry. „Aber ich war meiner nicht sicher. Ich …“
„Ich verstehe.“ Anthea drückte ihre Hand. „Ich bin Gideon dankbar für das, was er getan hat.“
„Für mich war es genauso unfassbar. Mein Vater …“ Merry unterbrach sich.
„Dein Vater?“
Merry konnte dem Blick ihrer Mutter nicht begegnen. „Er hat mich davon überzeugt, dass ich dich kennenlernen müsste.“
Anthea seufzte schmerzlich. „Ich verstehe, dass du es zuerst nicht wolltest. Schließlich habe ich dich verlassen, als du noch ein Baby warst.“
Sie sah ihrer verlegenen Tochter voll ins Gesicht. „Natürlich hast du das gedacht. Und es ist wahr“, gestand sie bedrückt.
Merry schluchzte laut auf. Sie kniete vor ihrer Mutter und umklammerte ihre Hände. „Nein!“, rief sie. „Mein Vater hatte recht. Es war eine zu große Verantwortung für ein siebzehnjähriges Mädchen, etwas, womit du damals einfach nicht fertigwerden konntest.“
„Ich glaube, dein Vater ist ein sehr guter Mann.“
„Oh, das ist er!“
„Und deine Mutter?“
„Auch sie war wundervoll. Aber sie ist tot.“
„Das tut mir sehr leid.“ Anthea drückte ihre Hand. „Aber du warst glücklich?“
Merry erkannte, wie wichtig ihrer Mutter die Beantwortung dieser Frage war. Sie verstand jetzt, wie sehr Anthea damals gelitten hatte, wie sehr sie heute noch unter ihrem Entschluss litt. Sie brauchte die Bestätigung, das Richtige getan zu haben.
„Ich war sehr glücklich“, lächelte sie. „Ich bin es jetzt noch mehr, weil ich dich kennengelernt habe“, fügte sie versonnen hinzu und meinte es ernst. Sie mochte Anthea, und eines Tages würde sie sie lieben.
Dann lagen sie einander in den Armen, weinend und lachend zugleich. Merry hatte das Gefühl, ihr Herz müsste zerspringen, und Anthea erging es ebenso. Sie klammerten sich noch immer aneinander, als
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