Romana Exklusiv 0186
nennen, der ihr in seinem Privatbüro über dem Club seinen Preis genannt hatte – den Blick auf sie gerichtet und sichtlich davon überzeugt, dass sie nicht anders konnte, als seiner Forderung nachzugeben.
„Dann nutzt er Ihre Gefühle also brutal aus?“
Bliss nickte.
„Und da behaupten Sie immer noch, er sei kein schlechter Mensch?“
„Nun, er glaubt an Vergeltung und kann es sich leisten, die Summe, die Justin unterschlagen hat, abzuschreiben – solange er mich dafür bekommt.“
Madame Lilian blickte nachdenklich drein und fingerte an den mit großen Steinen besetzten Ringen an ihren Händen herum. „Sie kennen ihn nicht?“
„Nicht direkt.“ Bliss dachte an das unverwechselbare dunkle Gesicht des Mannes, an sein weißes Hemd mit der metallgrauen Krawatte, an die kräftigen Handgelenke in den weißen Manschetten mit den Knöpfen aus reinstem Gold. Rasch zählte sie in Gedanken seine guten Seiten auf … Er war höflich, er hatte Format, und er hatte das Leben seinem Willen gebeugt. Er hatte es weit gebracht, hatte aber nicht diese schrecklichen Allüren gewisser Leute. Er hatte kein dummes, großtuerisches Gehabe an sich. Aber all diese angenehmen Eigenschaften hoben die zerstörerischen nicht auf … dass er sie zu einer Ehe mit ihm zwang und „Liebe“ in diesem Vertrag anscheinend nicht auftauchte.
„Sie sagen, ‚nicht direkt‘“, unterbrach Madame ihre Gedanken. „Dann ist er Ihnen also nicht ganz fremd?“
Bliss schüttelte den Kopf.
„Möchten Sie nicht etwas deutlicher werden? Wollen Sie nicht seinen Namen preisgeben?“
„Lieber nicht.“
„Weil ich seinen Namen kennen würde? Ist das der Grund?“
„Vielleicht, Madame Lilian.“
„Na gut, Bliss, ich respektiere Ihren Wunsch, seinen Namen für sich zu behalten. Das legt allerdings die Vermutung nahe, dass er eine bedeutende Person ist – eine Persönlichkeit vielleicht?“
„Sein Name ist manchmal in der Zeitung zu lesen“, gab Bliss zu.
„In seiner Funktion als Geschäftsmann?“
„Ja.“
„Dann ist er älter als Sie, richtig? Sind Sie deshalb einer Heirat mit ihm abgeneigt?“
„Er ist nicht viel älter als ich, aber ich … ohne Liebe könnte ich keinen Mann heiraten.“
„Ah, da kommen wir also zum Kern der Sache!“ Madame Lilian lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Ihr Gesicht war unbewegt bis auf das Funkeln der Augen. „Natürlich, meine Liebe, sieht man Ihnen schon von weitem an, dass Sie romantisch veranlagt sind, und deshalb kann Ihr nichtsnutziger Bruder Sie gefühlsmäßig unter Druck setzen. Zweifellos haben Sie ihn als schmuddeligen, kleinen Schlingel in Erinnerung, aber Sie müssen sich damit abfinden, dass er heute ein verrufener junger Mann ist, den man in die Kolonien schicken sollte – so wir sie noch hätten –, wo er Schande über sich bringen könnte, ohne seine Familie mit hineinzuziehen. So pflegte man es in früheren Zeiten zu tun, und oft hat es sich ausgezahlt.“
Madame verfiel für einige Minuten in Schweigen, und Bliss beobachtete die Kerzenflammen, deren Licht in der Glaskugel spielte. Allmählich wurde ihr bewusst, was Madame Lilian vorschlagen wollte, aber woher, um alles in der Welt, sollte sie das Fahrgeld nehmen, um Justin außer Landes zu schicken?
„Sie leihen es sich, Bliss“, sagte Madame, die ihre Gedanken gelesen hatte. „Gehen Sie zu einer seriösen Geldverleihfirma, und bitten Sie darum, Ihnen die Summe zu borgen. Dann unterzeichnen Sie einen Vertrag, in dem ein bestimmter Zinssatz für das Darlehen vereinbart wird. Viele machen es so, mein Kind. Es geht nur um Geld – nicht um Heirat!“
„Aber das könnte ich nicht!“ Die Vorstellung entsetzte Bliss, denn sie erinnerte sie daran, wie tief ihr Vater vor seinem Tod durch Schulden gesunken war.
„Wenn Sie es nicht über sich bringen, einen Geldverleiher aufzusuchen, Bliss, dann kennen Sie die Alternative.“
„Ich … ich könnte mich ihm widersetzen, oder?“, sagte Bliss, glaubte jedoch keinen Augenblick daran, bei einem Mann wie ihm ihren Willen durchsetzen zu können.
„Einem Mann, bei dem Sie sich den Fuß brechen würden, wenn Sie ihm einen Tritt ins Herz verpassen könnten?“
Bliss biss sich auf die Lippe, dass es schmerzte.
„Ich kenne eine ausgezeichnete Geldverleihfirma, wo man Sie fair behandeln wird“, fuhr Madame Lilian fort. „Es ist keine Schande. Ich selbst habe es getan, damals, als ich als Hellseherin anfing und entschlossen war, es im großen Stil zu tun. Ich bin keine
Weitere Kostenlose Bücher