Romana Exklusiv 0187
verabschiedet, als Jordan zurückkam. Er trug eine lässig-elegante Hose und ein Hemd mit offenem Kragen.
„Haben wir noch Zeit für einen Drink?“, fragte er Bridget, die im Wohnraum auf ihn gewartet hatte. „Ich trinke hier keinen hochprozentigen Alkohol“, fuhr er auf ihr Nicken hin fort. „Der Scotch in der Küche dient nur dazu, Kratzer und Schnittwunden zu desinfizieren. Man hat Sie hoffentlich gewarnt, dass in dem heißen Klima jede Verletzung gefährlich sein kann. Haben Sie schon einmal indischen Wein probiert? Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Sie überhaupt …“
„Für wie alt halten Sie mich eigentlich?“, unterbrach sie ihn empört.
Er blickte sie amüsiert an. „Ich hatte nicht auf Ihr Alter angespielt. Sie sind jedoch zum ersten Mal in Indien, und falls Sie sich noch nicht akklimatisiert haben, sollten Sie sich besser auf Softdrinks beschränken. Sie müssen viel trinken. Kämpfen Sie nicht gegen die Hitze an. Geben Sie ihr nach, lassen Sie es langsam angehen, vergessen Sie die Mode, und achten Sie auf Bequemlichkeit. Aber wie ich sehe, achten Sie ohnehin nicht auf modische Trends – obwohl es ein sehr hübsches Kleid ist und Ihnen steht. Sonderbar für jemanden, der bei ‚Ginny’s‘ arbeitet.“
Er würde alles verderben. Bridget hatte sich bei ihm entschuldigen wollen, weil sie voreilige Schlüsse gezogen hatte, doch die letzte Bemerkung machte alle guten Vorsätze zunichte.
„Vielleicht folgt man in Ihren altmodischen Kreisen einem anderen Trend. Sie sind der unhöflichste, überheblichste Mann, dem ich je begegnet bin“, erklärte sie wütend. „Wie kommen Sie überhaupt auf die Idee, dass ich Ihre Ratschläge brauche?“
„Weil nach meiner Erfahrung die meisten Menschen unfähig sind, in einer fremden Umgebung auf sich aufzupassen. Warum sollte ein so unschuldiges Ding wie Sie darin eine Ausnahme bilden?“
„Also glauben Sie, Sie müssten sich um sie kümmern. Die meisten Menschen würden es jedoch vorziehen, ihre eigenen Fehler zu begehen.“
„Das lasse ich sie normalerweise auch.“
„Aber nicht, wenn es Ihre Familie betrifft.“
„Das ist etwas anderes“, erwiderte er gereizt. „Wie wäre es mit einem Glas Wein, Bridget? Ich habe heute übrigens zufällig Anand Bhandari getroffen. Sie haben ihn zutiefst beeindruckt. Er sprach von Ihnen nur als von dem ‚hübschen jungen Mädchen‘.“
„Oh.“ Sie strahlte vor Freude. „Wie nett von ihm.“
„Ich finde, er war eher ehrlich als nett“, bemerkte Jordan. „Sie werden bestimmt einmal eine Schönheit, wenn Sie erst ausgeglichener und reifer geworden sind. Sie könnten viel aus sich machen.“
„Muss denn in jeder Ihrer Äußerungen eine Spitze verborgen sein?“, beschwerte sie sich und nahm das Weinglas entgegen, das er ihr reichte. „Konnte Mr. Bhandari Ihnen weiterhelfen, was Virginia betrifft?“
„Nein, nicht im Mindesten. Sie hat ihm lediglich mitgeteilt, dass sie ihre eigene Reise absagen müsse und stattdessen Sie schicken würde.“ Jordan runzelte die Stirn. „Ich kann einfach nicht fassen, dass sie so dumm ist, das, was ihr an ihrem Job am meisten gefällt, zu opfern, nur weil sie sich einbildet, verliebt zu sein. Sie weiß eindeutig nicht, was sie tut, sonst hätte sie kein Kind wie Sie als Einkäuferin hergeschickt.“
„Danke“, erwiderte Bridget trocken. „Ich habe tatsächlich eine Ausbildung als Einkäuferin absolviert, und Virginia hätte mich spätestens nächstes Jahr nach Übersee fliegen lassen.“
„Trotzdem hat sie sich stets selbst um den indischen Markt gekümmert – genau wie ich und meine Cousins es für Stirling Industries getan haben, sobald die Anwesenheit eines Firmenvertreters erforderlich war. Mein Großvater war vor der Unabhängigkeit Ingenieur in Indien, mein Vater und seine Brüder wurden hier geboren. Ich war zwar erst zwölf, als der alte Herr starb, aber selbst mein jüngster Cousin, der damals fünf Jahre alt war, erinnert sich an die Geschichten, die unser Großvater erzählte. Ich schätze, irgendetwas davon hat sich in uns festgesetzt und zieht uns immer wieder her, obwohl es heute ein ganz anderes, in vieler Hinsicht besseres Indien ist.“
„Daher auch dieses Anwesen?“, fragte Bridget zögernd. „Ich habe mir das Gästehaus einer Firma immer ganz anders vorgestellt.“
„Ja, früher diente es als Stadtresidenz eines eher unwichtigen Mitglieds der Rajput-Dynastie. Ihnen ist bestimmt die in die Haustür geschnitzte Sonne mit den
Weitere Kostenlose Bücher