Romana Exklusiv 0188
er sollte nicht glauben, dass sie vor ihm Angst hatte. Sie bemerkte das eiskalte Funkeln in seinen Augen, deren Farbe in dem trüben Licht nicht zu erkennen war.
„Sie haben den öffentlichen Weg am Ende des ersten Felds verlassen – er führt in die entgegengesetzte Richtung“, erklärte er gereizt. „Hier befinden Sie sich auf einem Privatweg, der direkt zu meinem Haus führt. Ich gebe zu, dass es bei der schlechten Sicht nicht leicht ist, den Weg zu finden, aber wer macht bei diesem Wetter schon einen Spaziergang über Land?“
Damit wollte er ihr wohl mitteilen, dass er sie für verrückt hielt. Für sie war es bereits schlimm genug, dass sie nass und durchgefroren war und sich verlaufen hatte. Und nun behauptete dieser unfreundliche Fremde, sie hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank.
„Ich mache keinen Spaziergang über Land“, sagte sie eisig. „Andererseits ist es wohl ein hoffnungsloses Unterfangen, durch die Gegend zu laufen und einen Typen zu suchen, der eine Mischung aus Dr. Livingstone und Captain Scott darstellt und so wenig Grips hat, abseits der Zivilisation zu leben.“
Während er sie aus zusammengekniffenen Augen betrachtete, ging es ihr flüchtig durch den Kopf, dass er kein Mann war, den man sich zum Feind wünschte.
„Dieser … Typ“, meinte er verächtlich, „wo wohnt er genau?“
Frankie hielt seinem prüfenden Blick stand, obwohl ihr äußerst unbehaglich zumute war.
„Er lebt auf Cerne Farm, soweit ich weiß.“ Ihr war bewusst, dass sie in ihrem Ärger unhöflich über jemanden gesprochen hatte, der wahrscheinlich ein Nachbar dieses Mannes war.
Der Fremde strafte sie mit einem empörten Gesichtsausdruck.
„Du meine Güte, Sie sind von Cooper Masterman? Ich hatte nicht mehr damit gerechnet, dass bei diesem Wetter jemand kommt.“
Frankie wünschte, sich in einem Mauseloch verkriechen zu können. Sie hätte keinen größeren Fauxpas begehen können, als die Person zu beleidigen, mit der sie zusammenarbeiten und die sie als Lektorin fördern sollte!
„Mr. Tarrant?“, erkundigte sie sich zaghaft.
„Julian Tarrant“, bestätigte er. „Man hat mir gesagt, dass Frankie Somers kommen würde. Allerdings ist es zwecklos, dass er seine Sekretärin geschickt hat, wenn er verhindert war.“
Diese sexistische Bemerkung verlieh ihr ungeahnte Kräfte. Frankie straffte sich und schüttelte unbewusst die Regentropfen aus ihrem kunstvoll gestuften Haar.
„ Ich bin Frankie Somers“, informierte sie ihn überheblich. „Frankie ist die Abkürzung für Francesca, falls es Sie interessiert. Es war meine Assistentin, die den Termin mit Ihnen vereinbart hat. Ich wollte persönlich Kontakt mit Ihnen aufnehmen, aber ich habe Sie nicht erreicht.“ Sie riskierte ein sarkastisches Lächeln. „Auch wenn es am Limpopo eine Männerwelt ist, trifft es auf das Verlagswesen kaum zu.“
Ihre Freude über diesen kleinen Triumph währte nicht lange, denn Julian wirkte weder amüsiert, noch schien ihn sein Irrtum aus der Fassung zu bringen. Nein, der Mann war äußerst ungehalten, als hätte man ihn hereingelegt. Und sie, Frankie, war dafür verantwortlich, weil sie eine Frau war.
„Ich dachte, ich hätte mir einen renommierten Verleger ausgesucht“, sagte er verächtlich. „Was, zur Hölle, haben die sich bloß dabei gedacht, mir eine Lektorin zu schicken? Ich schreibe über Expeditionen, keine Liebesgeschichten!“
Frankie spürte eine ungeheuerliche Wut in sich aufsteigen. Musste eine Frau es sich am Ende des 20. Jahrhunderts gefallen lassen, so erniedrigt zu werden?
„Wenn das Ihre Meinung ist, Mr. Tarrant, dann hätten Sie es von Anfang an klarstellen sollen. Damit hätten Sie mir diese elende Reise erspart und vermieden, dass wir beide unsere Zeit verschwenden“, warf sie ihm vor. „Tatsächlich kann ich mit jeder Art von Literatur umgehen, denn ich habe mich nicht auf Liebesromane spezialisiert. Ich habe Ihr Manuskript gelesen und bin hierhergekommen, um es mit Ihnen zu besprechen. Und ich bin nicht bereit, im Regen zu stehen und mich von Ihnen beleidigen zu lassen.“
Ihre kleine Ansprache verfehlte ihre Wirkung, da in diesem Moment eine starke Bö den Regenschirm erfasste und ihn umklappen ließ. Frankie warf ihre Aktentasche ins Gras und kämpfte mit dem widerspenstigen Stück. Dabei war sie sich durchaus bewusst, dass sie keinen besonders würdigen Anblick bot.
Nun legte Julian Tarrant seine Last ab und nahm ihr energisch den Schirm aus der Hand, um ihn kurz zu
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