Romana Exklusiv 0188
Erkenntnissen über das Leben in der Wildnis zu verhelfen.
Ebenso wenig beschönigte er das Trauma, an dem er anschließend gelitten und in dem er die schrecklichen Ereignisse unzählige Male erneut durchlebt hatte. Das Einzige, was er dadurch gelernt hatte, war, zu einer tieferen Selbsterkenntnis gelangt zu sein.
Das Tagebuch war außerordentlich beeindruckend und fesselnd. Frankie las es am folgenden Abend ein zweites Mal, um sicher zu sein, dass ihr erster Eindruck sie nicht getrogen hatte und dass sie das Buch wirklich objektiv beurteilte. Nachdem sie die Lektüre beendet hatte, war sie ganz sicher. Da es jedoch bereits zwei Uhr morgens war, legte sie das Manuskript beiseite und fiel zum ersten Mal seit Wochen in einen tiefen, erholsamen Schlaf.
Am nächsten Morgen, einem Samstag, wachte sie spät auf. Sie machte sich eine Tasse Tee, suchte anschließend Julians Nummer heraus und griff zum Telefonhörer.
Erst nach langem Klingeln nahm Julian ab.
„Julian … ich bin’s, Frankie.“ Frankie umklammerte den Hörer, als wäre es seine Hand, die sie nie wieder loslassen wollte.
„Frankie. Geht es dir gut?“
„Sehr gut … ja, mir geht es sehr gut.“ Sie schluckte. „Julian, ich habe dein Manuskript gelesen, und es ist … unglaublich. Ich weiß gar nicht, wie ich es in Worte fassen soll.“
„Dass du um Worte verlegen bist, ist kein gutes Zeichen.“ Neben Belustigung glaubte sie auch etwas anderes aus seinem Tonfall herauszuhören. Freute er sich, weil sie seine Arbeit bewunderte oder weil sie sich bei ihm meldete? Mach dir keine falschen Hoffnungen, ermahnte sie sich im Stillen.
„Ich finde, wir sollten versuchen, das Tagebuch in dein Manuskript einfließen zu lassen“, sagte sie. „Damit werden wir die gewünschte Wirkung erzielen. Soll ich dir meine Vorstellungen ausführlich in einem Brief schildern, wenn ich Montag im Büro bin?“
„Nein“, erwiderte er zu ihrer Überraschung. „Mir wäre es lieber, unter vier Augen mit dir darüber zu sprechen. Komm doch am nächsten Wochenende nach Cerne Farm, wenn du Zeit hast.“
Der Gedanke, das Wochenende zusammen mit Julian in seinem Haus zu verbringen, erfüllte sie sowohl mit Freude als auch mit Furcht.
„Aber hast du nicht gesagt, deine Kinder wären bei dir?“
„Stimmt, sie sind hier“, bestätigte Julian.
„Dann ist es wohl besser, wenn ich nicht komme …“, begann sie.
„Ich wünschte, du würdest es tun, Frankie“, sagte er leise. „Bitte. Um ehrlich zu sein, würdest du mich sogar etwas entlasten. Die Atmosphäre hier ist ein wenig gespannt, weil ich nicht daran gewöhnt bin, rund um die Uhr für meine Kinder dazusein. Und wir müssen unbedingt über das Buch reden.“
Da sie ihm ohnehin schwer etwas abschlagen konnte und er zum ersten Mal „bitte“ gesagt hatte, stimmte sie schließlich zu.
Falls er darüber erstaunt war, ließ er es sich zumindest nicht anmerken.
„Wie kommst du hierher? Mit dem Wagen?“, erkundigte er sich.
„Ich habe kein Auto“, erklärte sie lachend. „Ich könnte mir einen Leihwagen nehmen. Und wenn ich masochistische Neigungen verspüren sollte, könnte ich mit Bahn und Bus anreisen.“
Julian lachte ebenfalls.
„Komm mit dem Zug, dann hole ich dich am Bahnhof in Poole ab“, bot er an. „Ich werde die Abfahrtszeiten heraussuchen und deine Assistentin anrufen, wenn ich eine günstige Verbindung in Erfahrung gebracht habe.“
„Nein, tu das nicht“, wandte sie hastig ein. Obwohl sie nicht an Sallys Verschwiegenheit zweifelte, wollte sie es auf keinen Fall riskieren, den Gerüchten über Julian und sie weiteren Nährboden zu bieten. Da alle Anrufe vom Schreibpool durchgestellt wurden, bestand durchaus die Möglichkeit, dass jemand mithörte. „Ich rufe dich an“, sagte sie und beschloss, das von zu Hause aus zu tun. „Ich möchte vermeiden, dass im Verlag über dein Tagebuch spekuliert wird, bevor wir es besprochen haben und du sicher bist, dass du es veröffentlichen willst.“
Nachdem Frankie aufgelegt hatte, kehrte sie benommen in die Küche zurück. Was für ein Tag! Sie würde Julian wiedersehen! In Anbetracht der Tatsache, dass sie ihn über alles liebte und begehrte, war das zwar nicht viel, aber vorerst musste es genügen.
Am darauffolgenden Samstagnachmittag, einem heißen, sonnigen Tag Anfang August, saß Frankie im Zug von London nach Poole. Der Zug überquerte gerade den schmalen Landstreifen, der die Stadt von ihrem großen Hafen trennte. Frankie ließ den Blick
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