Romana Exklusiv 0190
kurzen Augenblick sah ihre Mutter schockiert aus, ließ sich sonst aber nichts anmerken. Georgina war froh über diese gefasste Reaktion. Sie hatte mit dem Schlimmsten gerechnet.
„Willst du es haben?“
„Ja.“ Ihre Mutter zuckte bei Georginas entschiedener Antwort zusammen.
„Noch etwas Tee?“, fragte sie.
„Du verblüffst mich immer wieder“, meinte Georgina ungläubig.
„Heute ist die Verblüffung ganz meinerseits. Du wirst mir als werdender Großmutter wohl nicht sagen wollen, wer der Vater ist. Daher halte ich mich ans Praktische. Wirst du hier wieder einziehen?“
Ihre Mutter schien erleichtert, als Georgina den Kopf schüttelte. Die Wohnung war für drei Personen zu klein. Dennoch freute sie sich über die unerwartete Unterstützung. Es war eine ungeheure Erleichterung, nicht ganz allein zu sein.
Die letzten sechs Wochen, in denen sie ihre Schwangerschaft entdeckt hatte, waren die chaotischsten ihres Lebens gewesen. Inzwischen war sie trotz aller Verwirrung und Furcht im Grunde ihres Herzens glücklich darüber.
„Wirst du allein zurechtkommen?“
„Du hast es doch auch geschafft.“
„Wird der Vater dich finanziell unterstützen? Das hat dein Vater immer getan, Georgie.“
Georgina sah weg. Sie hatte kein Recht, Callum zur Verantwortung für ein ungewolltes Kind heranzuziehen.
„Oliver hat mir Aktien hinterlassen“, sagte sie stattdessen.
Ihre Mutter erblasste. „Heißt das etwa, dass Oliver …?“
Sie schien kaum mehr Luft zu bekommen.
„Mutter“, rief Georgina außer sich. „Nicht auch noch du!“ Als Lydia blass wurde, wich ihre Wut der Besorgnis. „Brauchst du einen Brandy?“
„Nein, mir geht es gut.“
„Du siehst aber nicht so aus“, meinte Georgina unverblümt. „Olivers Gründe kenne ich ebenso wenig wie du.“
„Du irrst dich, meine Liebe.“ Lydia sah ihre Tochter nervös an. „Bevor ich deinen Vater kennenlernte, war ich sehr eng mit Oliver Mallory befreundet gewesen. Ich habe ihn gebeten, dir den Posten als Bürokraft zu geben.“
„Ich wurde seine persönliche Assistentin, weil ihr ein Verhältnis hattet?“, fragte Georgina erstickt.
„Nein, er hätte dich nicht unverdient befördert“, sagte sie mit Nachdruck. „Oliver hat Inkompetenz noch nie toleriert.“
Georgina rieb sich den Kopf. „Nach all den Jahren hat er sich noch an dich erinnert?“
„Na ja, wir hätten damals fast geheiratet.“
Georgina schüttelte ungläubig den Kopf.
„Oliver hätte dein Vater sein können, aber er hatte enormen Ehrgeiz. Da habe ich ihm das Ultimatum gestellt, sich zwischen mir und einer Arbeit im Ausland zu entscheiden. Und du ahnst ja, wie es ausgegangen ist.“ Die Erinnerung löste ein bitteres Lächeln bei ihr aus.
„Also habe ich deinen Vater geheiratet, und bald darauf wurdest du geboren. Aber dann kam Oliver zurück, und wir haben da begonnen, wo wir aufgehört hatten.“
„Wusste Dad davon?“
„Oliver hat mit ihm gesprochen. Er wollte, dass ich euch verlasse. Aber das konnte ich nicht.“ Lydia kämpfte mit den Tränen. „Nach einem letzten Streit verschwand er. Dein Vater und ich haben es noch einmal miteinander versucht, aber er konnte mir nicht richtig vergeben, und irgendwann verließ er mich. Vielleicht war deine Beförderung ein Wiedergutmachungsversuch von Oliver.“
„Und ich habe immer geglaubt, Dad sei meinetwegen gegangen“, sagte Georgina mit erstickter Stimme.
„Es war egoistisch von mir, dich in dem Glauben zu belassen. Er arbeitete im Ausland, später hatte er eine neue Familie und fühlte sich nach all den Jahren fremd. Finanziell hat er uns aber immer unterstützt.“
Georgina bedauerte, dass diese Enthüllungen zu spät kamen. Ihr Vater war vor drei Jahren gestorben, und sie hatte sich während ihrer ganzen Kindheit verlassen gefühlt.
Dennoch tröstete es sie, als ihre Mutter sie in den Arm nahm.
Von ihren früheren Arbeitskollegen wusste nur Mary von dem Baby. Seit Georgina mit fortschreitender Schwangerschaft kaum noch Aufträge von der Zeitarbeitsfirma erhielt, verbrachte sie viel Zeit mit ihrer früheren Kollegin und deren Familie.
Georgina wartete auf dem Parkplatz der Agentur Mallory schon eine Weile auf ihre Freundin, als sie Simon May auf sich zukommen sah.
„Willst du etwa um deinen alten Job betteln?“
Sie bemerkte sogleich, dass er stark angetrunken war. „Ich warte auf jemanden. Aber du wirst hoffentlich in deinem Zustand nicht mehr Auto fahren.“
„Ich mache, was ich will, verstehst
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