Romana Exklusiv 0225
kam, und setzte sich zu ihr auf den Liegestuhl. „Leider fällt es Isabella immer noch schwer, dir zu verzeihen“, entschuldigte er sich. „Deswegen wollte ich die Gelegenheit nutzen, solange sie schläft.“ Er verstummte und betrachtete sie forschend. „Du empfindest nach wie vor etwas für Marcos, stimmt’s?“
Nicole spielte kurz mit dem Gedanken, die Frage zu verneinen, entschied sich allerdings dagegen. „Ist es so offensichtlich?“, brachte sie hervor.
„Für mich schon. Ich habe mich so viele Jahre nach Isabella verzehrt, dass ich mit allen mitfühlen kann, denen es ähnlich geht. Dein Verhalten damals war unverzeihlich, aber ich kann einfach nicht glauben, dass du es nur aus materiellen Gründen getan hast.“
Sie machte eine ironische Geste. „Was Marcos glaubt, ist entscheidend, oder? Trotzdem bin ich dir dankbar für dein Vertrauensvotum – vor allem weil deine Frau anderer Ansicht ist.“
„Ich liebe Isabella über alles, aber wir haben trotzdem beide das Recht auf eine eigene Meinung. Und bevor du fragst“, fuhr Patricio fort, „sie kennt jetzt den Unterschied zwischen Schwärmerei und wahrer Liebe. Wir sind sehr glücklich.“
„Das freut mich für dich“, sagte sie.
„Ich schulde dir eine Menge“, erwiderte er. „Ohne dich hätte ich nie den Mut aufgebracht, um ihre Aufmerksamkeit zu kämpfen. Du weißt sicher, dass Elena mittlerweile auch geheiratet hat.“
Nicole neigte den Kopf. „Ja, ich habe davon gehört.“
„Und, schöpfst du keine Hoffnung?“
„Warum sollte ich? Ich wusste schon damals, dass Marcos sie nicht heiraten wollte.“ Sie zögerte, weil sie sich nicht sicher war, ob sie es überhaupt wissen wollte. „Bestimmt hat er mittlerweile eine neue Freundin.“
„Es hat bisher keine andere Frau in seinem Leben gegeben“, entgegnete Patricio. „Das sagt dir doch etwas.“
Nicole betrachtete sein Gesicht, das dem seines Bruders so ähnlich war, und versuchte, sich zu beherrschen. „Es sagt mir, dass er noch eine Frau finden muss, mit der er eine langfristige Beziehung eingehen würde. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass er zwölf Monate enthaltsam gelebt hat.“
Er zuckte die Schultern. „Das weiß ich natürlich nicht, aber ich bezweifle, dass er sich dazu herablassen würde, in ein Bordell zu gehen.“
„Das habe ich nicht …“ Sie verstummte, da ihr klar war, dass sie genau das gemeint hatte. „Nein, da bin ich mir auch sicher.“ Spontan beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Wange. „Jedenfalls vielen Dank, Beinahe-Schwager. Es bedeutet mir sehr viel, dass wenigstens du mir verzeihst.“
Patricio nahm ihre Hand und hob sie an die Lippen. „Ich war nicht derjenige, den du verletzt hast. Wenn du mit Marcos sprechen würdest, könntest du ihn vielleicht von deinen Gefühlen überzeugen.“
„Du kennst deinen Bruder“, sagte sie schroff. „Meinst du wirklich, dass er mir noch glauben würde? Ich bin nur wegen der Taufe hier. Danach werde ich nie mehr wiederkommen.“
„Nicht einmal zur Taufe meines Sohnes?“
Jetzt musste Nicole lächeln. „Und wenn es ein Mädchen wird?“
„Wir wissen schon, dass es ein Junge wird. Du hast meine Frage nicht beantwortet.“
Sie seufzte. „Nein, ich komme nicht mehr hierher. Aber du kannst mir ein Foto schicken.“
Er wirkte resigniert. „Das bekommst du.“ Diesmal küsste er sie auf die Wange. „Ich werde dich nie vergessen, Beinahe-Schwägerin.“
Energisch blinzelte Nicole die Tränen weg, als er ins Haus ging. Dies war sicher das letzte Mal, dass sie ihn allein gesehen hatte. Nach der Taufe – falls sie es überhaupt bis dahin aushielt – würde sie allen Lebewohl sagen müssen. Natürlich würde sie Leonora weiterhin schreiben oder mit ihr telefonieren, doch sie würde niemals nach Venezuela zurückkehren.
Ihr Buch war hinuntergefallen. Sie beugte sich hinunter, um es aufzuheben, und erstarrte, als sie den Mann sah, der vom anderen Ende des Innenhofs auf sie zukam. Er trug Reitsachen, aber ob er schon geritten war oder es erst wollte, vermochte sie nicht zu sagen. Dass er wütend war, stand allerdings außer Zweifel.
Langsam richtete Nicole sich auf, und ihr Herz klopfte schneller. Sie spielte mit dem Gedanken aufzustehen, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht.
„Hast du überhaupt kein Schamgefühl?“, stieß er hervor. „Musst du dich an meinen Bruder heranmachen, während seine Frau nur ein paar Meter weiter hochschwanger im Bett liegt? Streite es nicht ab“,
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