Romana Exklusiv 0225
sich ein Herz.
„Was ist mit deiner Familie, Matthew? Lebt sie auch hier in der Gegend?“
Er schüttelte den Kopf und starrte mit einem versteinerten Gesichtsausdruck auf die Straße. „Mein Vater lebt in Kalifornien, in Palm Springs. Mit seiner vierten Frau … oder seiner fünften? Ich weiß es nicht genau. Wir haben uns nie sehr nahegestanden.“ Seine Stimme klang distanziert. „Ich habe einen jüngeren Bruder, Greg“, fügte er dann mit mehr Wärme hinzu. „Er ist Investmentbanker, und zwar recht erfolgreich. Er lebt in London, hat eine großartige Frau und zwei entzückende Kinder. Wir sehen uns nicht sehr oft, aber wir telefonieren häufig miteinander.“
Matthew sprach über seine Familie sehr zurückhaltend, fast abweisend. Stephanie konnte sich nicht vorstellen, emotional und räumlich so viel Distanz zu ihrer Familie zu haben. Was machte er an Geburtstagen, zu Weihnachten? Er wirkte irgendwie einsam. Sie fragte sich, ob sein Leben immer so gewesen war.
„Wo bist du aufgewachsen?“
„In Connecticut. Wir lebten in Westport, bis ich acht war.“ Eine der reichsten Gegenden der USA, dachte Stephanie.
„Als meine Mutter starb, verkaufte mein Vater unser Haus und zog nach Greenwich“, fuhr Matthew fort. „Von dort war der Weg kürzer zu seiner Anwaltskanzlei in Manhattan. Aber trotzdem habe ich ihn nur sehr selten zu Gesicht bekommen.“
Stephanie schluckte. Wie schrecklich, schon mit acht Jahren seine Mutter zu verlieren. „Der Tod deiner Mutter war sicher sehr schlimm für dich“, erwiderte sie voller Mitgefühl.
Matthew schwieg einen Augenblick. Er achtete sorgfältig auf den Verkehr, als er den schweren Wagen vorsichtig in den dichten Feierabendverkehr auf der Brooklyn Bridge einfädelte.
„Ja, ich war sehr traurig damals“, erzählte er. „Es war für mich und meinen Bruder so schwer zu begreifen, dass sie krank wurde und starb. Es hat lange gedauert, bis wir das einigermaßen verarbeitet haben.“
Sie spürte, dass Matthew diesen Verlust zwar überstanden, aber nie ganz verwunden hatte. War das der Grund, warum er ruhelos von einer Frau zur anderen wechselte? Hatte er Angst, sich zu verlieben und wieder einen so schweren Verlust zu erleiden?
Als der Wagen die Brücke passiert hatte, drehte sich Matthew zu ihr herum und lächelte. „Meine Lieblingsbrücke. Und einer der schönsten Blicke, den man bei Nacht auf New York haben kann.“
Stephanie stimmte ihm zu. Sie war oft zu Fuß über die Brücke gegangen, um den Blick zu genießen. Und selbst bei dem Regenwetter heute war der Blick auf die erleuchtete Stadt atemberaubend.
Anschließend dirigierte Stephanie Matthew durch das Straßengewirr von Brooklyn Heights bis zu dem Bezirk, wo ihre Eltern wohnten, Carroll Gardens. Die Straßen waren gesäumt von gepflegten Häusern aus braunem Naturstein, abgesetzt mit hellem Sandstein. Die meisten Häuser stammten aus der Zeit gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts.
Sosehr Stephanie auch ihre kleine Wohnung in Manhattan liebte, sie kam immer wieder gern in diese Gegend. Der Charme der alten Häuser und die Geborgenheit ihrer Familie umgaben sie wie ein warmer Mantel. Ihre Familie konnte sie manchmal zum Wahnsinn treiben, aber es gab trotzdem nichts, was ihr mehr bedeutete.
„Dort in die Straße musst du einbiegen“, sagte Stephanie. „Es ist die Hausnummer 332.“
Matthew fand einen Parkplatz am Straßenrand direkt vor dem Haus. Stephanie drehte sich zu ihm herum. „Nun, da wären wir. Vielen Dank fürs Mitnehmen.“
„Gern geschehen.“ Er suchte in der Dunkelheit ihren Blick. Sein Gesicht war ihr ganz nahe, nur ein paar Zentimeter entfernt. Sie konnte die winzigen, goldenen Punkte in seinen dunklen Augen sehen, die sie schon in der Nacht bemerkt hatte, in der sie sich liebten.
Die Erinnerung war zu viel für Stephanie. Sie öffnete hastig die Tür. „Also noch einmal … vielen Dank. Und ein schönes Wochenende.“
Bevor sie reagieren konnte, hatte Matthew schon nach hinten über den Sitz gegriffen und ihre Tasche genommen. „Warte, ich helfe dir.“
Sie stand auf dem Fußweg und wartete, bis er um den Wagen herumgekommen war. „Danke, ich kann die Tasche jetzt selbst nehmen.“
Er wich ihr mit einer kurzen Bewegung aus und schaute zu dem Haus hinüber. Die Haustür stand offen, das Licht aus dem Flur fiel hell auf die Stufen, die zur Tür hinaufführten. Und oben warteten Stephanies Eltern. Stephanie konnte sich denken, wie neugierig sie waren, zu erfahren, mit wem
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