ROMANA EXKLUSIV Band 0173
kletterte auf den Fahrersitz und startete den Motor. Anna sprang in den anfahrenden Jeep. Während Benjamin die Straße entlangraste, schickte sie unablässig Stoßgebete gen Himmel. Nach wenigen Minuten hatten sie die Unglücksstelle erreicht.
Sebastians Gesicht war blutüberströmt. „Kopfverletzung“, konstatierte Benjamin knapp. „Eigentlich möchte ich ihn nicht bewegen, aber er braucht unverzüglich medizinische Hilfe. Wir müssen ihn in unseren Jeep tragen.“
„Auf der Insel gibt es keinen Arzt“, erklärte sie. „Wenn ein Unfall passiert, fliegt Sebastian den Verletzten zu einem Hospital in San Juan.“
Benjamin erstarrte. „In seinem Flugzeug? Einem Seawolf?“
Sie presste die Hände zusammen. „Ja. Meinst du, du könntest es schaffen?“ Ihr war klar, was sie von ihm verlangte, aber sie konnte niemand sonst darum bitten.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Benjamin sich endlich zu ihr umwandte. Ein sonderbarer Ausdruck lag in seinem Blick. „Ja, ich bringe ihn ins Krankenhaus – im Austausch für die Computerdaten.“
„Das ist nicht dein Ernst. Um Himmels willen, Benjamin, du kannst doch nicht um das Leben eines Menschen feilschen!“
„Nicht ich feilsche, sondern du. Du willst doch meine Hilfe, oder?“
Ihr blieb keine andere Wahl, und das wusste er. „Das werde ich dir nie verzeihen“, flüsterte sie. „Wenn du mich dazu zwingst, ihn zu betrügen, werde ich dich für den Rest meines Lebens hassen.“
„Na und?“ Er zuckte achtlos die Schultern. „Wenn du ihn retten willst, solltest du dich schnell entscheiden. Bist du einverstanden oder nicht?“
Verzweifelt schloss sie die Augen. Oh Sebastian, flehte sie im Stillen, vergib mir. Dann schaute sie ihren Stiefbruder an und nickte. „Einverstanden.“
Es kostete Anna größte Überwindung, in das Flugzeug zu klettern. Wäre es nicht um Sebastian gegangen, hätte sie es nicht durchgestanden. Sebastian sagte kein Wort, sein Gesicht war leichenblass, seine Augen waren geschlossen. Panik erfüllte Anna, die den Blick nicht von ihrem Mann wenden konnte.
Am Flughafen auf Puerto Rico erwartete sie bereits ein Rettungswagen. Als der Verletzte endlich in die Notaufnahme gerollt wurde, drehte sie sich zu Benjamin um. „Du hast bekommen, was du wolltest“, sagte sie kalt. „Und nun verschwinde.“
„Chris …“
„Christianna existiert nicht mehr“, unterbrach sie ihn scharf. „Ich habe meinen Namen auf deinen Wunsch hin geändert, als ich meinen Job bei Sebastian antrat. Erinnerst du dich? Jetzt gibt es nur noch Anna.“
Er nickte zögernd. „Okay, Anna. Bitte, versuch zu verstehen, warum ich es tun muss.“
Sie wandte ihm den Rücken zu. „Oh ja, ich verstehe. Ich verstehe, dass für dich nur wichtig ist, einen Sündenbock zu finden. Du kannst nicht mit dem Wissen leben, dass du die Maschine geflogen hast, die unsere Eltern getötet hat. Die Computerberichte werden dir keinen Frieden schenken. Geh, Benjamin, ich will dich hier nicht haben.“ Ohne ein weiteres Wort ließ sie ihn stehen.
Das Warten auf einen Arzt schien kein Ende nehmen zu wollen. Falls Sebastian starb, würde ein Teil von ihr mit ihm sterben. Und falls er überlebte, würde er sie vermutlich bis ans Ende seiner Tage hassen. Sie hatte ihn von Anfang an betrogen. Er würde ihr niemals verzeihen.
Als der Arzt endlich erschien, sprang sie auf. „Wie geht es ihm?“, fragte sie.
„Er kommt wieder in Ordnung, Mrs. Kane. Es sah alles viel schlimmer aus, als es war.“
Anna hätte vor Erleichterung weinen mögen. „Darf ich zu ihm?“
„Natürlich. Allerdings muss ich Sie warnen. Er steht unter starken Betäubungsmitteln. Die Schwester wird Ihnen sein Zimmer zeigen. Bleiben Sie nicht zu lange, er braucht viel Ruhe.“
Die Schwester führte sie den Korridor entlang und öffnete eine Tür. „Zehn Minuten, Mrs. Kane. Morgen können Sie ihn länger besuchen.“
Im Raum herrschte Dämmerlicht. Draußen ging die Sonne unter. Leise trat Anna an Sebastians Bett. Er lag ganz ruhig da, sein Kopf war bandagiert. Sie presste die Hand auf den Mund und schloss verzweifelt die Augen. Hatte er nach ihrem Unfall das Gleiche empfunden? Hatte er die gleiche quälende Panik durchgemacht?
Sie musste ihn berühren, um sich zu vergewissern, dass es ihm gut ging. „Bastian?“, wisperte sie. Ob er sie wohl hörte, oder hatten die Medikamente ihn in Tiefschlaf versetzt? Er zeigte keinerlei Reaktion, sondern atmete ruhig und regelmäßig weiter. „Oh mein Liebling, was
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