ROMANA EXKLUSIV Band 0173
Hotel ein. Unter Aufbietung ihres gesamten Mutes stieg sie aus der Limousine und durchquerte die Eingangshalle. Sie war nicht im Mindesten überrascht, dass man sie auch hier bereits erwartete und zum Lift führte.
„Geben Sie mir den Schlüssel“, befahl sie dem Pagen. „Ich finde allein den Weg.“
Der junge Mann lief feuerrot an. „Ich bin angewiesen, Sie zu begleiten.“
Es war natürlich das gleiche Apartment wie beim letzten Mal – die Flitterwochensuite. Zunächst war Anna froh, dass Sebastian nicht auf sie wartete. Auf diese Weise hatte sie Gelegenheit, sich ein wenig frisch zu machen und ihre Fassung wiederzugewinnen. Aber nach einer Stunde wuchs ihre Nervosität von Minute zu Minute. Als endlich die Tür geöffnet wurde, waren ihre Nerven zum Zerreißen gespannt.
Sebastian wirkte erstaunlich ruhig. Er trug einen hellgrauen Anzug und eine dezent gemusterte Krawatte zu einem weißen Hemd. Ohne ein Wort der Begrüßung oder der Anklage stand er einfach da und sah sie lange an. Dann schloss er die Tür hinter sich.
Anna deutete auf den Verband um seine Stirn. „Bist du in Ordnung?“
„Auf eine Narbe mehr oder weniger kommt es nicht an“, erwiderte er.
Sie wusste nicht recht, ob die Bemerkung scherzhaft gemeint war oder nicht. „Es tut mir leid“, flüsterte sie. „Ich wollte dich noch warnen.“
„Ich weiß. Danke.“ Er ging ins Wohnzimmer und warf einige Umschläge aufs Sofa. Seufzend legte er Jackett und Krawatte ab, bevor er die obersten Knöpfe seines Hemdes öffnete. „Die sind für dich.“ Er wies mit dem Kopf auf die Kuverts.
„Woher sind sie?“
„Ein Umschlag stammt von deinem Stiefbruder. Ein Entschuldigungsbrief, schätze ich.“
Sie traute ihren Ohren kaum. „Du weißt, dass Benjamin mein Bruder ist?“
Er zog die Brauen hoch. „Du hast es mir im Krankenhaus erzählt, erinnerst du dich?“
„Nun ja …“ Sie zögerte. „Mir war gar nicht klar, dass du mich gehört hast.“
Ihre Blicke trafen sich. „Ich habe jedes Wort von dir gehört.“
Ihr stockte der Atem. „Jedes Wort?“, wiederholte sie erschrocken. „Warum hast du nichts gesagt? Warum hast du mich reden lassen, ohne irgendeine Reaktion zu zeigen?“
Er lächelte. „Ich war dazu leider nicht in der Lage. Außerdem hatte ich nicht die Absicht, mit dir von einem Krankenhausbett aus deine Lebensgeschichte zu diskutieren, während alle fünf Minuten Ärzte und Schwestern hereinplatzen. Später am Abend ist Benjamin vorbeigekommen. Er war in ziemlich übler Verfassung.“
„Benjamin war im Hospital? Was hat er gesagt?“
„Zur Abwechslung einmal die Wahrheit.“ Sebastian trat ans Fenster. „Er hat mir versichert, dass er dir kein Geld geboten hat, damit du dich als meine Assistentin bewirbst, sondern dass er dich darum gebeten hat.“
„Und ich habe bereitwillig zugestimmt“, erklärte sie. „Genauso wie ich die Absicht hatte, ihm sämtliche Unterlagen zu beschaffen, die er für seinen Prozess brauchte.“
„Bis du erkannt hast, dass mein Flugzeug nicht für den Tod eurer Eltern verantwortlich war. An diesem Punkt hast du die Zusammenarbeit mit ihm beendet.“
„Das alles hat er dir erzählt?“, erkundigte sie sich verwundert. „Freiwillig?“
„Ich habe ihn nicht verprügelt, falls du das meinst. Allerdings habe ich es ihm auch nicht allzu leicht gemacht.“ Er wandte sich zu ihr um. „Er wird sich behandeln lassen, Anna. Inzwischen hat er eingesehen, dass der Prozess für ihn nur ein verzweifelter Versuch war, die Schuld abzuwälzen. Er steht genauso zu seiner Verantwortung, was den Tod eurer Eltern betrifft, wie zu dem Leichtsinn, der zu deinem Unfall geführt hat. Und er lässt sich in einer Klinik therapieren.“
„Armer Benjamin.“
Sebastian ignorierte diese Bemerkung. „Übrigens hat er mir noch etwas erzählt“, fuhr er unbeirrt fort. „Er sagte, du hättest ihn vor ein paar Monaten angerufen, um ihm mitzuteilen, dass du dich in mich verliebt hättest. Du wolltest mir daher deine wahre Identität beichten.“
„Ja. Er war mit meiner Beziehung zu dir einverstanden und hat sogar behauptet, er wolle die Klage zurückziehen. Trotzdem hat er mir geraten, noch zu schweigen, bis sich der Wirbel gelegt hat.“ Sie seufzte. „Das war jedoch nicht der wirkliche Grund.“
„Nein“, bestätigte er. „Benjamin hatte keineswegs die Absicht, die Klage zurückzuziehen. Stattdessen wollte er dich erpressen. Etwas in der Art wie: Wenn du ihm nicht die Informationen gibst, würde er
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