ROMANA EXKLUSIV Band 0179
lassen, doch schließlich trieb die Hitze sie wieder zum Cockpit hinauf. Im Schatten des Segeltuchs, wo es inzwischen auch heiß geworden war, versuchte Gerry, sich wieder in das angefangene Buch zu vertiefen.
Als die Sonne unterzugehen begann, holte Robert im Cockpit Angelzeug aus den Schließfächern.
Gerry blickte auf. „Kann ich helfen?“
„Nein. Ich fahre mit dem Schlauchboot zur Mitte der Lagune hinaus.“
Da Robert ihr nicht anbot, ihn zu begleiten, blieb Gerry an Bord und sah zu, wie die Sonne unterging. Innerhalb weniger Sekunden versank sie als feuriger goldroter Ball im Meer. Ein letztes grünliches Aufflammen erhellte kurz den Abendhimmel, dann war alles in samtige Schatten gehüllt.
Eine Weile blickte Gerry in die Ferne, bis ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Nur wenige hundert Meter vom Schiff entfernt konnte sie die Umrisse des Schlauchboots ausmachen, in dem Robert reglos saß. Endlich bemerkte sie eine rasche Bewegung, wenig später kehrte das Boot zurück.
Da Gerry den Rest des Abends nicht schweigend verbringen wollte, ging sie Robert lächelnd entgegen. „Na, was hat der große Jäger gefangen?“
Er lachte leise. „Einen unvorsichtigen Fisch.“
Gerry hatte mit einem ganzen Fisch gerechnet, doch Robert hatte ihn bereits geschuppt und filetiert. „Wird das gebraten?“, fragte sie.
„Ja. Es sei denn, Sie kennen exotischere Garmethoden.“
„Da ich offenbar Köchin spielen soll, halte ich mich lieber ans Bewährte.“ Forsch setzte Gerry hinzu: „Aber natürlich können Sie den Fisch auch zubereiten, wenn Sie wollen.“
Roberts Augen funkelten im Licht der Sterne. „Nach der traditionellen Arbeitsteilung fange und töte ich die Beute, das Kochen übernehmen Sie.“
„Du Tarzan, ich Jane.“ Gerry lachte spöttisch. „Das ist seit den Fünfzigerjahren überholt.“
„Nicht ganz.“
„Zumindest in zivilisierten Ländern.“ Sie stieg die Treppe hinunter und ging in die Kombüse.
Robert folgte Gerry. „Wir befinden uns hier aber nicht in einem zivilisierten Land.“
„Immerhin haben Sie Glück, dass ich ganz gern koche“, erwiderte sie und sah Robert herausfordernd an. Er lächelte grimmig, und sie wich unwillkürlich etwas zurück, ohne ihn aus den Augen zu lassen.
„Können Sie den Fisch braten?“ Robert lehnte sich an die Bar, die den Kochbereich vom übrigen Raum trennte.
Ruhig legte Gerry legte den Fisch auf einen Teller und stellte ihn in den Kühlschrank. „Ich werd’s schon schaffen.“
„Dann lasse ich Sie allein.“ Robert verschwand in seiner Kabine.
Erleichtert richtete Gerry sich auf. „Arroganter Kerl“, murmelte sie und stellte eine Dose Kokosnusscreme auf die Arbeitsplatte.
Gerry verbot sich, an Robert zu denken, und überlegte, ob sie eine von den Kokosnüssen verwenden sollte, die sie am Nachmittag geerntet hatten. Leider wusste sie jedoch nicht, ob man die Milch der Nuss wie normale Sahne zur Sauce benutzen konnte.
„Es geht doch nichts über die Ordnung in der eigenen Küche“, murrte Gerry, nachdem sie den Dosenöffner endlich in einer Schublade gefunden hatte.
Robert kehrte zurück, als Gerry die in Mehl gewälzten Fischfilets in die große Bratpfanne mit heißem Fett legte, das leise aufzischte. Obwohl Gerry hörte, wie die Tür geöffnet wurde, drehte sie sich nicht um. Robert ging an ihr vorbei, und der frische Duft, der von ihm ausging, verriet, dass er geduscht haben musste.
„Möchten Sie Wein trinken?“, fragte er.
Nun blickte Gerry auf, und ihr Herz schlug rascher. Er trug ein kurzärmliges Hemd und eine Baumwollhose und bewegte sich mit raubtierhafter Geschmeidigkeit.
„Gern“, erwiderte Gerry nur.
Robert ging zum Barkühlschrank und nahm eine Weinflasche heraus. Auch hier war innen alles so gesichert angeordnet, dass auch die höchsten Wellen nichts anrichten konnten.
„Auf diesem Schiff fehlt’s wirklich an nichts“, scherzte Gerry, als Robert die Flasche entkorkte und zwei elegante Gläser mit der goldenen Flüssigkeit füllte. „Hier gibt’s mehr Luxus als bei mir zu Hause.“
Robert nahm ein Glas auf und stellte es vor Gerry hin. Vorsichtig wendete sie die Filets in der Pfanne, ehe sie das Glas nahm und einen Schluck probierte.
„Sie sind so still und in sich gekehrt, Geraldine“, stellte Robert unvermittelt fest. „Vertrauen Sie mir, dass ich Sie unbeschadet von hier fortbringe?“
Ihm war also nicht entgangen, dass sie beunruhigt war, wenn auch aus einem ganz anderen Grund.
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