ROMANA EXKLUSIV BAND 231
vermisst, denn sie hatte versucht, sich in der von Männern dominierten Geschäftswelt durchzusetzen und an die Spitze zu gelangen. Um dieses Ziel zu erreichen, hatte sie sogar auf bestimmte Aspekte des Daseins als Frau verzichtet. Den Wunsch nach einem Partner und Kindern hatte sie bewusst unterdrückt. Man brauchte doch nicht unbedingt Kinder, um als Frau erfüllt zu sein! Es war ihr immer nur um eins gegangen: die Anerkennung ihres Vaters zu erringen. Und sie hatte stets gewusst, dass sie das nur schaffen konnte, indem sie sich voll und ganz ihrem Beruf widmete.
Nun würde sich ihr Leben grundlegend ändern. Sie würde ein Baby bekommen. Was, um alles in der Welt, sollte sie mit einem Kind anfangen?
Von Sorgen gequält, ging Joelle abends ins Bett. Nachts träumte sie von Gabriel und Acapulco und fühlte sich beim Aufwachen schlimmer denn je.
In den folgenden Tagen dachte Joelle fast ausschließlich daran, wie sie ihr Problem lösen könne. Eins wurde ihr klar: Ihr blieb keine andere Wahl, als das Baby zu behalten. Eine Abtreibung kam für sie nicht infrage. Nachdem sie diese grundlegende Entscheidung getroffen hatte, war ihr etwas leichter ums Herz, aber sie war noch immer verstört. Wie sie es schaffen sollte, Kind und Karriere gleichermaßen gerecht zu werden, würde sie sich später überlegen. Sie hatte noch Monate Zeit.
Es standen ihr demnächst genug andere Probleme bevor. Sie war in San Diego aufgewachsen und hatte hier viele Bekannte. Ihr Vater hatte sich aus einfachen Verhältnissen nach oben gearbeitet und war sehr auf seinen makellosen Ruf bedacht. Dass ausgerechnet seine Tochter schwanger war, würde ihn in Verlegenheit bringen – und sie, Joelle, natürlich auch. Irgendwie musste es ihr gelingen, ihren Zustand vor ihm und aller Welt geheim zu halten, obwohl sie überzeugt war, dass es praktisch unmöglich sein würde.
Ihr Vater würde schockiert und peinlich berührt sein, und schlimmer noch, er würde ihr, Joelle, schwere Vorhaltungen machen und ihr Urteilsvermögen infrage stellen. Seine harsche Kritik hätte sie jedoch jetzt nicht ertragen.
Jeglichen Gedanken daran, Gabriel Lafleur anzurufen und ihm von dem Baby zu berichten, hatte sie automatisch beiseitegeschoben. Sie wollte nicht, dass er sie für anlehnungsbedürftig und unselbstständig hielt, für eine Frau, die von ihm erwartete, dass er die Verantwortung für ihr Problem übernahm. Ihr Lebensziel war nach wie vor, ihrem Vater – und der gesamten Welt – zu beweisen, dass sie auf eigenen Füßen stehen konnte.
Was hätte es ihr auch genutzt, Gabriel anzurufen? Er wollte, wie er ihr in Mexiko gesagt hatte, ebenso wenig eine Ehefrau wie sie einen Ehemann. Und ihr Anwalt Smith Jamison hatte bisher keinen Beweis dafür gefunden, dass sie und Gabriel tatsächlich geheiratet hatten. Es gab keinen Grund, anzunehmen, dass Gabriel noch einmal von ihr hören wollte. Nein, es wäre ausgesprochen dumm, ihn anzurufen – nur weil sie sich insgeheim danach sehnte, seine Stimme zu hören.
Und dann wählte Joelle eines Abends doch seine Telefonnummer, weil sie sich unendlich einsam fühlte und den Gedanken nicht ertrug, die nächsten neun Monate völlig auf sich gestellt zu sein. Natürlich hatte sie nicht vor, Gabriel von dem Baby zu erzählen. Sie wollte nur mit ihm plaudern, seine Stimme hören und dann auflegen. Das würde dieses Gefühl der Leere und Einsamkeit vertreiben, dessen war sie sich sicher.
Sein Telefon klingelte einmal … zweimal … dreimal.
Joelle kamen nun Bedenken, ob sie das Richtige tat. Vielleicht würde sie alles nur schlimmer machen.
Da nahm jemand den Hörer am anderen Ende ab, und sie hielt unwillkürlich den Atem an.
„Hallo?“, sagte eine Frau. Der Stimme nach war sie wesentlich älter als Gabriel.
Das beruhigte Joelle. Sie konnte ja nur vermuten, dass Gabriel ihr in Mexiko die Wahrheit gesagt hatte, als er behauptet hatte, ungebunden zu sein. Und wenn er gelogen hatte? Vielleicht war er verheiratet. Und hatte sogar Kinder.
Der Gedanke lähmte sie förmlich, und ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet.
„Wer ist am Apparat?“ Die Frau am anderen Ende klang empört. „Soll das ein dummer Streich sein? Wenn ja, dann …“
Joelle schluckte trocken. „Nein, es ist kein Streich. Tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe.“
„Ja, mit wem spreche ich denn nun?“
„Ich bin Joelle Ames.“
„Wollen Sie was verkaufen? Ich kaufe nichts.“
„Oh nein, ich bin keine Vertreterin.“
„Ach
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