ROMANA EXKLUSIV BAND 231
sollte.
Diesmal hatte er sie wirklich zutiefst verletzt. Er hatte sich nicht in den Ruhestand zurückgezogen und ihr die Leitung der Firma übertragen, wie er sie hatte glauben lassen, sondern aus dem Hintergrund weiterhin die Fäden gezogen. Und sie, Joelle, hatte gedacht, sie hätte endlich seine Anerkennung erworben! Indem er einen Spitzel auf sie angesetzt hatte, hatte er sie als Närrin dastehen lassen, und das würde sie ihm nicht verzeihen. Und sie würde nie mehr darauf vertrauen, dass ihr Vater auf ihrer Seite stand. Trotzdem war sie fest entschlossen, jetzt sogar mehr denn je, ihm zu beweisen, dass er sich in ihr irrte und sie auch ohne seine sogenannte Hilfe erfolgreich sein würde. Sie besaß Intelligenz und Durchhaltevermögen, mindestens ebenso viel, wie ein Sohn gehabt hätte.
Und nun wollte sie nicht länger über ihren Vater nachdenken. Sie hatte genug andere Probleme, und eins hieß Gabriel Lafleur.
Nein, über den wollte sie eigentlich auch nicht nachdenken. Leider konnte sie aber nicht damit aufhören. Genügte es nicht, dass sie am nächsten Morgen ihren Anwalt beauftragen würde, die Angelegenheit in Acapulco zu überprüfen? War ihr keine einzige Atempause vergönnt?
Anscheinend nicht. Ungebeten stellten sich Bilder von Gabriel vor ihrem inneren Auge ein. Und dasjenige, wie er sie im Lift küsste, war besonders hartnäckig.
Ein erregendes Prickeln überlief sie, und ihr stockte der Atem.
Ich begehre ihn noch ebenso sehr wie letzte Nacht, dachte Joelle bestürzt.
Wie kam es, dass sie sich an jede Einzelheit des leidenschaftlichen Zusammenseins mit Gabriel erinnerte, aber nicht daran, wie sie mit ihm die Kneipe verlassen hatte, um ihn zu heiraten? Irgendetwas sagte ihr, dass sie genau das beabsichtigt hatten. Die Frage war nur: Waren sie mit dem Plan erfolgreich gewesen?
Ihr Nacken war mittlerweile so verspannt, dass sie es nicht länger ertrug. Joelle ging ins Bad und duschte heiß, dann föhnte sie sich die kurzen, stufig geschnittenen Haare und zog einen weichen grünen Bademantel an. Barfuß ging sie ins Wohnzimmer zurück und legte sich aufs Sofa. Sie kuschelte sich unter eine Wolldecke und schlief schon kurz darauf tief.
Irgendwann weckte schrilles Läuten sie. Jemand war anscheinend ungeduldig geworden und hielt den Finger hartnäckig auf die Klingel gedrückt. Joelle stöhnte und stand auf. Sie ahnte, wer vor der Tür stand.
Trotzdem blickte sie sicherheitshalber durch den Türspion, bevor sie öffnete.
Ihr Vater drängte sich an ihr vorbei wie ein wütender Stier – was bei ihm nichts Ungewöhnliches war.
„Wo warst du, Joelle?“, fragte er, das Gesicht rot vor Zorn. „Seit Tagen versuche ich, dich anzurufen. Hast du keine einzige Nachricht erhalten?“
„Ich war nicht in der Stadt“, antwortete sie sachlich und setzte sich wieder aufs Sofa. Müde lehnte sie den Kopf zurück, der sich anfühlte, als würde er gleich zerspringen. Die Hoffnung, dass die Schmerzen bald aufhören würden, konnte sie aufgeben.
„Das entschuldigt dich nicht, Joelle.“
Ihr Vater stand vor ihr und sah auf sie herunter wie ein Adler auf einen unbedeutenden kleinen Spatz. Seine dröhnende Stimme schien ihren schmerzenden Kopf zum Vibrieren zu bringen.
„Ich war krank vor Sorge“, fügte ihr Vater hinzu und stemmte die Hände in die Hüften.
Diese arrogante Haltung sollte Sorge ausdrücken? „Ich wünschte, ich könnte dir das glauben“, erwiderte Joelle teilnahmslos und massierte sich die Schläfen.
Noch immer war sie wütend auf ihren Vater. Und gekränkt. Sie war doch nicht nur dazu auf der Welt, damit er sie, seine Tochter, lächerlich machen konnte, wenn ihm danach zumute war! Nicht einmal der mächtige und erfolgreiche Sylvan Ames hatte dieses Recht! Das musste er endlich einsehen. Auch ihr stand Rücksicht auf ihre Gefühle zu.
„Joelle, hast du eine Ahnung, wie sehr mich dein plötzliches Verschwinden aus der Firma in Verlegenheit gebracht hat? Jeder hat nach dir gefragt, und ich musste über deinen Aufenthaltsort lügen.“
„Tatsächlich? Warum hast du ihnen nicht einfach die Wahrheit gesagt? Dass ich an dem Tag meines Verschwindens gekündigt habe und somit nicht länger Angestellte deiner Firma bin?“
„Hältst du mich für einen Dummkopf? Das würde ich meinen Untergebenen niemals erzählen. Du weißt genauso gut wie ich, dass du an dem Tag übertrieben reagiert hast. Inzwischen hast du sicher eingesehen, wie lächerlich du dich benommen hast. Bestimmt liegt dir
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