Romana Exklusiv Band 240
zurückgekommen, wenn Cesare nicht hinter dir hergeflogen und dich gesucht hätte?“
Was soll ich darauf antworten? überlegte Milly leicht verzweifelt.
„Reg dich bitte nicht auf, Großmutter“, mischte Cesare sich glücklicherweise ein und warf Milly einen so kühlen und verächtlichen Blick zu, dass sie insgeheim erbebte. „Ich weiß, dass Jilly dir alles erklären und dich beruhigen kann.“ An Milly gewandt fügte er hinzu: „Das stimmt doch, Jilly, oder?“
Es klang wie eine Warnung.
4. KAPITEL
Das Gurren der Tauben jenseits der Terrasse kam Milly in der erwartungsvollen Stille, die plötzlich im Raum herrschte, unnatürlich laut vor. Sie schluckte und betrachtete ihre kurzen Fingernägel. Um sie zu verbergen, ballte sie die Hände zu Fäusten, denn Jilly kannte man nur mit langen, gepflegten und lackierten Nägeln.
Eine Familienkrise zu erfinden kam für Milly nicht infrage. Sie wollte nicht mehr Lügen erzählen als unbedingt nötig. Außerdem hatte es in der letzten Zeit in ihrem Leben genug Krisen gegeben. Ihre Mutter war gestorben, ihre Schwester war verschwunden, und Cesare Saracino hatte sie gezwungen, mit ihm nach Italien zu fliegen.
Der Tod ihrer Mutter vor etwas über einem Monat war das Schlimmste gewesen, was Milly hatte passieren können. Sie war noch längst nicht darüber hinweg, und der Schmerz über den Verlust war immer noch unerträglich. Manchmal hatte sie sogar das Gefühl, es sei erst gestern geschehen. Deshalb war ihre Verzweiflung nicht gespielt, als sie flüsterte: „Meine Mutter ist völlig unerwartet gestorben.“ Und dann konnte sie sich nicht mehr beherrschen, ihr liefen Tränen über die Wangen. Dass sie Jilly nicht hatte benachrichtigen können und ihre Schwester nicht zur Beerdigung gekommen war, um ihrer Mutter das letzte Geleit zu geben, war für Milly sehr bedrückend.
„Oh, meine Liebe, das tut mir leid. Es war sicher ein Schock für dich.“ Filomena beugte sich vor und nahm Millys Hände, während sie sie mitfühlend ansah. „Ich schäme mich, dass ich mich beschwert habe. Natürlich warst du verwirrt und aufgewühlt und hast in deinem Kummer nicht daran gedacht, dich zu verabschieden oder mich anzurufen. Das kann ich gut verstehen. Verzeih mir, dass ich an deiner Absicht, zurückzukommen, gezweifelt habe.“
Milly unterdrückte ein Schluchzen und erwiderte: „Natürlich verzeihe ich Ihnen das.“ Mehr brachte sie nicht heraus.
Filomena warf ihrem Enkel einen scharfen Blick zu. „Hoffentlich hat Cesare keinen Druck ausgeübt und dich dazu gedrängt, zurückzukommen, ehe du selbst bereit dazu warst.“
Ehrlicherweise hätte Milly zugeben müssen, dass Cesare Saracino sogar großen Druck ausgeübt hatte. Aber ohne eine Antwort abzuwarten, fuhr die ältere Dame fort: „Ich erinnere mich, dass du einmal erzählt hast, deine jüngere Schwester sei sehr praktisch veranlagt, etwas schwerfällig, unsensibel und fantasielos. Kommt sie jetzt allein zurecht? Ohne dich wird sie sich in der ersten Zeit nach diesem schmerzlichen Verlust sehr einsam fühlen.“
„Sie schafft das schon“, versicherte Milly ihr. Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Dass Jilly sie als ihre kleine Schwester bezeichnete, konnte sie noch nachvollziehen. Jilly war immer die Mutigere gewesen. Doch dass diese sie als praktisch veranlagt, schwerfällig, unsensibel und fantasielos beschrieb, tat sehr weh.
Cesare stellte sich hinter den Sessel seiner Großmutter und blickte Milly nachdenklich an. Und das machte alles noch viel schlimmer.
Lächelnd schlug die ältere Dame vor: „Deine Schwester ist herzlich eingeladen, bei uns Urlaub zu machen. Vielleicht kann sie schon nächsten Monat kommen? Im Mai ist es noch nicht so heiß. Es wird euch beiden guttun, und mir wird es großen Spaß machen, zwei junge Frauen in meiner Nähe zu haben, die mir Gesellschaft leisten.“ Als Milly sie entsetzt ansah, fügte sie hinzu: „Ich erwarte natürlich nicht, dass ihr beide euch ständig um mich kümmert. Du kannst eins unserer Autos nehmen, ihr die Umgebung zeigen und mit ihr zum Einkaufen fahren. Ruf doch deine Schwester an, damit sie weiß, dass du gut angekommen bist. Sprich mit ihr über den Urlaub.“ Filomena erhob sich steif. „Ich möchte mich jetzt hinlegen und mich ausruhen. Das solltest du auch tun. Wir sehen uns beim Abendessen.“
Cesare reichte ihr den Spazierstock. Dann wandte er sich an Milly und sagte etwas auf Italienisch, was sie natürlich nicht verstand. Ihre Nerven waren zum
Weitere Kostenlose Bücher