Romana Extra Band 1
zugleich. Er entfachte ein nie gekanntes Verlangen in Beth und verwandelte ihr Blut in flüssiges Feuer, das ihr tosend durch die Adern pulsierte. Mit einem heiseren Stöhnen drängte sie sich an ihn. Sein Mund schmeckte nach mehr, sie konnte einfach nicht genug davon bekommen. Die Zeit hatte aufgehört zu existieren, die Vergangenheit war bedeutungslos. Es gab nur noch das Hier und Jetzt.
Da holte ein schrilles Klingeln sie zurück in die Realität.
Ihr Handy!
Erschrocken machte Beth sich los, taumelte ein paar Schritte zurück und starrte Luís nach Atem ringend an. Sie konnte nicht fassen, was sie da gerade getan hatte. Und noch immer glaubte sie die Berührung seiner Lippen auf ihren zu spüren.
„Ich … Entschuldigung …“ Hastig zog sie das Telefon aus ihrer Hosentasche und warf einen Blick aufs Display. Als sie Lyles Namen erkannte, unterdrückte sie ein Aufstöhnen.
Das hatte ihr gerade noch gefehlt!
Sie konnte jetzt unmöglich mit Lyle sprechen. Nicht in diesem aufgewühlten Zustand!
Er würde sofort merken, dass etwas vorgefallen war. Was solche Dinge betraf, hatte er einen siebten Sinn. Kurz entschlossen drückte sie das Gespräch weg und schaltete ihr Handy aus. Ihr war klar, dass Lyle außer sich geraten würde, doch darum konnte sie sich später immer noch Gedanken machen.
Jetzt musste sie erst einmal zusehen, dass sie mit Anstand aus dieser gleichermaßen unangenehmen wie irritierenden Situation herauskam!
Sie zwang sich ein Lächeln auf die Lippen, als sie wieder aufschaute. Obwohl sie versucht hatte, sich dafür zu wappnen, erschütterte es sie bis in die Grundfesten ihrer selbst, Luís in die Augen zu blicken.
Er musterte sie durchdringend. So als versuche er zu ergründen, was sich hinter ihrer Stirn abspielte. Doch daraus wurde ja nicht einmal sie selbst schlau – wie sollte es ihm da gelingen?
„Danke“, sagte sie. „Dafür, dass du mir geholfen hast …“
Wie von selbst war ihr das vertrauliche Du über die Lippen gekommen – alles andere erschien ihr angesichts der Situation unangebracht, ja, fast ein wenig albern.
Er schien sich nicht daran zu stören. „Komm, lass uns weitergehen“, entgegnete er und duzte sie ebenfalls. „Wir sind gleich beim Wagen.“
Beth nickte stumm. Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Und auch auf der Heimfahrt wechselten sie kein Wort miteinander.
Es war später Nachmittag, als Luís sie vor Onkel Timothys Haus absetzte. Beth fühlte sich seltsam leer und ausgelaugt, als sie die Verandastufen hinaufging.
Aber zugleich auch unruhig und aufgekratzt.
Nichts war so gelaufen, wie sie es sich erhofft hatte. Die Gewissheit, Luís wohl niemals zum Verkauf von Cala de Laura bewegen zu können, lastete wie ein zentnerschweres Gewicht auf ihren Schultern.
Was sollte nun werden, wenn Lyle seine Drohung wahr machte und ihr kündigte? Irgendeinen fadenscheinigen Grund würde er schon finden, da gab Beth sich keinerlei Illusionen hin. Wovon sollten sie und ihre Familie leben?
Vermutlich konnten sie eine Weile bei Onkel Timothy unterkommen, das würde sicher gehen. Doch ihre kläglichen Ersparnisse würden trotzdem innerhalb kürzester Zeit dahinschmelzen wie Butter in der Sonne.
Die Haustür öffnete sich mit einem leisen Knarren, und Lindy erschien auf der Schwelle. Ein Strahlen ging über ihr Gesicht. „Wusste ich doch, dass ich etwas gehört habe! Du kommst gerade richtig. Mum und ich haben zuerst Frühjahrsputz und dann churros mit Schokoladensoße gemacht.“
Unwillkürlich musste Beth lächeln. Ihre Schwester plapperte wie ein Wasserfall. Früher war Lindy ihr mit ihrer Geschwätzigkeit oft auf die Nerven gefallen – heute nicht. Beth war sogar fast ein bisschen froh darüber, denn es lenkte sie von ihren düsteren Gedanken ab, wenn auch nur für kurze Zeit.
Lindy nahm sie bei der Hand und zog sie mit sich ins Haus. Die Veränderung sprang sofort ins Auge. Onkel Timothy war wirklich der netteste Mensch, den man sich vorstellen konnte, doch er war auch ein typischer Junggeselle, der mit Ordnung und Reinlichkeit nicht viel am Hut hatte. Jetzt strahlte und blitzte alles vor Sauberkeit. Die ehemals überquellenden Regale waren ausgewischt und ordentlich eingeräumt worden. Alles stand an dem Platz, an den es gehörte.
Die Luft war erfüllt vom süßen Duft der churros – einer spanischen Gebäckspezialität, die Beth nicht mehr gegessen hatte, seit sie damals nach London gegangen war. Der köstliche Geruch ließ ihr das Wasser im Munde
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