Romana Extra Band 1
hatte – für sie ein Zeichen dafür, dass ihr Herz mit Diego gestorben war.
Inzwischen wusste sie, dass sie sich getäuscht hatte.
Sie konnte noch immer lieben. Nur war sie nicht sicher, ob sie sich darüber freuen sollte. Denn der Mann, dem ihre Gefühle galten, empfand ganz offenbar nicht dasselbe für sie. Wie sonst sollte sie es verstehen, dass er sie kommentarlos zurückgestoßen hatte?
Tränen stiegen ihr in die Augen, und sie blinzelte sie hastig weg, damit ihre Mutter und ihre Schwester nichts davon bemerkten.
Die beiden hatten sich wieder vollkommen in Estellencs eingelebt. Manchmal kam es Beth vor, als wären sie niemals von hier weggegangen. Der Aufenthalt in ihrem Geburtsort tat Lindy besser als jede Therapie der Welt. Darum zerriss der Gedanke, dass sie vermutlich nicht bleiben konnten, Beth auch schier das Herz.
Vielleicht schob sie das Gespräch mit Lyle deshalb schon so lange vor sich her. Weil sie das Unvermeidliche hinauszögern wollte. Doch Helen hatte recht. Sie musste sich der Realität stellen – und zwar je eher, desto besser.
„Also schön, bringen wir es hinter uns.“ Sie rückte ihren Stuhl zurück und stand auf. „Falls mich jemand sucht – ich bin oben, telefonieren.“
Ihre Mutter lächelte aufmunternd. „Du schaffst das schon, Liebes.“
Beth eilte die Treppe hinauf. Als sie den oberen Absatz erreichte, trat unten jemand zur Haustür herein. Wahrscheinlich Onkel Timothy, der vom Einkaufen kommt, dachte sie und fand ihre Vermutung im nächsten Moment bestätigt. „Schaut mal, wen ich draußen vor dem Haus aufgesammelt habe“, hörte sie ihn rufen. „Ist das nicht eine nette Überraschung?“
Beth wollte gerade weitergehen, als sie seine Stimme vernahm.
Luís’ Stimme …
Wie betäubt blieb sie stehen, dann drehte sie sich langsam um.
„Hallo, Beth.“ Er war es tatsächlich. Luís Santiago stand unten im Korridor und blickte zu ihr hinauf.
Fassungslos starrte sie ihn an. Sie wusste nicht, ob sie sich freuen oder wütend auf ihn sein sollte. Was wollte er hier? Er hatte sich tagelang nicht gerührt – warum ausgerechnet jetzt?
„Ich habe darauf gewartet, von dir zu hören“, sagte er ernst.
Nicht so sehr, wie ich darauf gewartet habe, dass du dich meldest, schoss es ihr durch den Kopf. Sie hatte gewartet. Auf irgendeine Reaktion seinerseits, die ihr zeigte, dass ihm das, was zwischen ihnen vorgefallen – oder beinahe vorgefallen – war, etwas bedeutete. Dass sie ihm etwas bedeutete. Tief in ihrem Herzen hatte sie die Hoffnung bewahrt, dass er zu ihr kommen würde. Und nun war es so weit.
„Warum bist du hier?“ Stumm fügte sie hinzu: und weshalb erst jetzt?
„Ich bin gekommen, um dir ein Angebot zu machen“, entgegnete er ruhig. „Beth, könntest du dir vorstellen …“
Angespannt hielt sie den Atem an. Ihr Puls raste.
„Könntest du dir vorstellen“, fing er noch einmal von vorn an, „für mich zu arbeiten?“
Luís hatte die Frage kaum ausgesprochen, da sah er, wie ihre Miene sich verfinsterte.
„Ich soll – was? Für dich arbeiten?“
Er nickte. „Ja, ich brauche jemanden, der gemeinsam mit mir eine Werbekampagne für Alquiler Santiago entwickelt.“
„Und da hast du ausgerechnet an mich gedacht?“ Sie lachte bitter auf. „Du bist verrückt, wenn du glaubst, dass ich mich darauf einlasse!“ Sie eilte die Treppe hinunter, drängte sich an ihm vorbei und lief zur Tür.
„Warte!“ Luís holte sie ein, als sie gerade auf die Veranda hinaustrat. Er hielt sie am Arm zurück. Warum reagierte sie so empfindlich auf sein Jobangebot?
Zwei Tage hatte er sich Zeit genommen, um über das nachzudenken, was Javier ihm bei ihrem Telefonat geraten hatte. Eigentlich war es ja zunächst seine Absicht gewesen, seinen Bruder darum zu bitten, Beth einen Job bei sich in der Firma zu geben. Doch Javier hatte ihm die Augen geöffnet. Nicht sein Bruder war es, der die Hilfe einer Marketingfachkraft benötigte, sondern Luís selbst. Wenn es ihm nicht gelang, das angekratzte Image seiner Charterfirma aufzupolieren, würde er alles verlieren. Er brauchte dringend die Unterstützung eines Experten. Inzwischen konnte er selbst nicht mehr begreifen, warum er so blind gewesen war, nicht gleich an Beth zu denken. Wenn er sie einstellte, ließen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen und sowohl ihm selbst als auch Beth war geholfen.
Damit, dass sie so abweisend reagieren würde, hatte er nicht gerechnet.
Nein, korrigierte er sich selbst. Sie
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