Romana Extra Band 2
schließlich. „Ich mache noch ein paar Bilder von den Kindern und dem Park, dann dürfte es für eine hübsche kleine Fotoreihe reichen.“
Alejandro nickte. „Sie kommen sicher allein zurecht.“ Es war weniger eine Frage als eine Feststellung. Er wandte sich zu Stephanie.
„Hör zu“, sagte er knapp, „ich habe noch etwas in der Stadt zu erledigen. Daher schlage ich vor, dass du dir für die Rückfahrt ein Taxi nimmst.“
Stephanie blinzelte. „Ich kann gern warten, ich …“
„Es wird länger dauern, Pixie“, fiel er ihr ins Wort, und wieder ärgerte es sie, dass er sie so nannte. „Und es ist eine persönliche Angelegenheit“, fügte er hinzu.
„Wie du meinst.“ Stephanie zuckte mit den Schultern, so als machte es ihr nichts aus. In Wahrheit bedauerte sie zutiefst, dass der Tag auf diese Weise endete. „Dann telefonieren wir morgen wegen unseres weiteren Vorgehens?“
Er nickte, sah sie noch einmal an und ging.
Seufzend blickte Stephanie ihm nach. Alejandros abrupte Stimmungswechsel machten ihr zu schaffen. Warum hatte er sie vorhin von sich gestoßen? Irgendetwas schien ihn zu belasten, über das er nicht sprechen wollte, und wenn sie nicht alles täuschte, hatte es etwas mit dem kleinen Sebastián zu tun.
Nun, sie wusste zwar noch nicht, wie, aber sie würde herausfinden, was es war.
Alejandro war froh, als er endlich in seinem Wagen saß.
Allein.
Ohne Pixie.
Er wusste, dass sein Verhalten ausgesprochen unhöflich wirken musste. Aber er hatte einfach nicht anderes gekonnt. Der bloße Gedanke, weiter Zeit mit Pixie verbringen zu müssen, hatte ihn nervös gemacht. Und dafür gab es gleich mehrere Gründe, deren wichtigster nicht einmal mit ihr zusammenhing, sondern einzig und allein mit ihm. Mit ihm und allem, was bei ihm im Augenblick schieflief.
Was schon seit langer Zeit schieflief.
Manchmal war ihm, als habe das ganze Unglück bereits mit Lauras Verschwinden vor fünfundzwanzig Jahren seinen Lauf genommen. Kein Wunder – welche Familie kam schließlich schon leicht darüber hinweg, wenn ein Kind brutal aus ihrer Mitte gerissen wurde?
Das letzte Mal hatte er sie zusammen mit seinem älteren Bruder Luís am Strand gesehen. Er erinnerte sich noch, wie fröhlich, wie ausgelassen die beiden miteinander im seichten Wasser herumgetobt waren. Hätte er gewusst, dass Laura schon ein paar Stunden später verschwunden sein würde … Er hätte sie nicht eine einzige Sekunde aus den Augen gelassen.
Im Grunde fragte er sich seit damals, ob er irgendetwas hätte tun können, um die Katastrophe zu verhindern. Und obgleich sein gesunder Menschenverstand ihm sagte, dass dies nicht der Fall war, quälte ihn sein Gewissen.
Und spätestens seit der Sache mit Pixie war sein Leben endgültig ein einziges Chaos geworden.
Wie lange willst du dir eigentlich noch von den Dämonen deiner Vergangenheit diktieren lassen, was du kannst und was nicht? fragte eine aufsässige Stimme in seinem Innern. Du weißt doch, wie viel davon abhängt, dass es dir endlich gelingt, über deinen Schatten zu springen.
Ja, er wusste es. Die Umsatzzahlen seiner Segelschule waren schon jetzt in dramatischer Weise rückläufig. Natürlich erwarteten seine Kunden von ihm, dass er als mehrfacher Segelchampion zumindest einige Kurse selbst leitete, vor allem jetzt, da sein größter Konkurrent das auch tat. Da konnte es ihnen niemand verübeln, dass sie es vorzogen, zu Ramón Díaz zu gehen, der diese Erwartung nur allzu gern erfüllte.
Zwischen Díaz und ihm hatte es von Anfang an eine ganz besondere Konkurrenzsituation gegeben. Ihnen beiden war klar gewesen, dass Alejandro der bessere Segler war, doch das bedeutete nicht, dass Díaz damit zurechtkam, so gut wie immer zweiter Sieger zu sein. Dazu war er viel zu ehrgeizig gewesen. Es hatte ihn innerlich zerfressen – und nun, wo sich die Chance bot, es Alejandro heimzuzahlen, nutzte Díaz seine Möglichkeiten, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
Alejandro zwang sich, ruhig und tief durchzuatmen, trotzdem kochte heiße Wut in ihm hoch. Er ließ den Wagen an und fuhr los – ohne Ziel.
Er hatte Pixie angelogen. Es gab keine dringende Verabredung in Palma. Der wichtige Termin war nur eine Ausrede gewesen, um sie nicht nach Hause bringen zu müssen. Denn in ihrer Gegenwart drohte er immer wieder die Kontrolle über sich zu verlieren. Und das war etwas, das er in seiner gegenwärtigen Situation schlichtweg nicht gebrauchen konnte.
Er fuhr und fuhr, bis die Sonne längst
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