Romana Extra Band 3
Eltern fahren.“ Als sie die Worte aussprach, achtete sie darauf, möglichst energisch zu klingen – ein Versuch, der kläglich misslang. Wie so oft in ihrem Leben, trat sie auch diesmal zu schüchtern auf.
Für einen Moment schien Fernando überrumpelt, hatte sich aber sogleich wieder im Griff. „Ich bedaure, aber die Familie Santiago ist derzeit indisponiert“, erklärte er steif. „Doch ich kann Ihnen versichern, dass die Zeit auf meinem Anwesen für Sie wie im Fluge vergehen wird.“
Ohne ihre Entgegnung abzuwarten, stieg er aus, kam um das Auto herum und öffnete ihr die Tür. „Folgen Sie mir bitte – Juana, meine Haushälterin, hat bereits ein Zimmer für Sie vorbereitet, damit Sie sich umziehen und frisch machen können.“
Unwillig fügte Laura sich in ihr Schicksal. Was blieb ihr auch anderes übrig? Natürlich konnte sie wie ein bockiges Kind im Wagen sitzen bleiben. Aber wem würde das nützen?
Das Haus war von innen ebenso eindrucksvoll wie von außen. Als sie die Eingangshalle betraten, nahm Laura erleichtert zur Kenntnis, dass es merklich kühler wurde. Der Boden war mit zart geädertem weißen Marmor ausgelegt, und an der Decke schwebte ein riesiger Kronleuchter, in dessen Kristallen sich blitzend das Sonnenlicht brach.
Sie wurden von einer freundlich lächelnden Mallorquinerin – Laura schätzte sie auf Mitte bis Ende fünfzig – in Empfang genommen.
„Juana wird sich um Sie kümmern“, erklärte Fernando und nickte seiner Haushälterin zu, ehe er sich abwandte und ohne ein weiteres Wort davonging.
Erstaunt blickte Laura ihm nach. Dass er sie einfach zurückließ, verblüffte sie.
„Lassen Sie den Kopf nicht hängen, Señorita. “ Juana schenkte Laura ein warmes Lächeln. „Señor Estevez wirkt oft etwas mürrisch, aber im Grunde ist er ein feiner Mann. Das werden Sie auch feststellen, wenn Sie ihn erst etwas besser kennen.“
Nun, dazu würde es wohl nicht kommen. Zum Glück, dachte Laura und schüttelte kaum merklich den Kopf. Sie verspürte keinerlei Verlangen, Fernando näher kennenzulernen. Und sie hoffte, dass es auch nicht nötig sein würde. Schließlich ging es ihr lediglich darum, ihre Familie zu treffen.
Aber machte sie sich da nicht etwas vor? Wünschte sie sich nicht insgeheim sogar, Zeit mit Fernando zu verbringen? Jedenfalls hatte er etwas an sich, das sie fesselte. Aber was? Waren es seine ungewöhnlichen türkisblauen Augen? Oder das lockige schwarze Haar?
Nichts von all dem natürlich! wies sie sich selbst zurecht. Fernando Estevez faszinierte sie nicht, wie sollte er auch? Er war unhöflich, arrogant, und nicht zuletzt verdiente er sein Geld, indem er andere Menschen ausbeutete, sie mit Halbwahrheiten fütterte und ihnen das Geld aus der Tasche zog. Da gab es nichts, rein gar nichts, was sie an ihm anziehend finden konnte!
Und warum gefällt es dir dann nicht, dass er dich mit seiner Hausangestellten allein lässt?
Juana führte sie die Treppe hinauf und einen langen, ebenfalls mit Marmor ausgelegten Korridor entlang. Als Laura in den Raum trat, dessen Tür die Haushälterin für sie öffnete, musste sie die Augen zusammenkneifen angesichts des hellen Sonnenlichts, das durch die deckenhohen Fenster hereinflutete. Ein weicher, hochfloriger Teppich verschluckte das Geräusch ihrer Schritte. Sie hatte das Gefühl, regelrecht darin einzusinken.
„Du meine Güte!“ Vor Staunen stockte ihr der Atem. „Das ist ja eine regelrechte Wellness-Oase!“
Die Wände aus hellem Naturstein bildeten einen hübschen Kontrast zu dem Boden aus dunkel schimmerndem Nussbaumparkett. Eine lederbezogene Couchgarnitur dominierte den Raum, dazu gab es einen Massagesessel und ein Kingsize-Bett.
Laura warf einen Blick in das angrenzende Badezimmer und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Dort warteten eine überdimensionierte Badewanne mit Whirlpool und jeder sonstige nur denkbare Luxus auf sie.
„Badetücher und alles Übrige finden Sie im Schrank“, erklärte Juana. „Und jetzt lasse ich Sie allein, damit Sie sich in Ruhe frisch machen können. Ein Angestellter bringt Ihnen Ihr Gepäck aufs Zimmer.“
Laura zögerte. „Ich weiß nicht, vielleicht sollte ich lieber warten, falls Señor Estevez doch früher aufbrechen möchte.“
Juana winkte ab. „Da würde ich mir an Ihrer Stelle keine Gedanken machen. Der Patrón ist zu einem Termin mit einem Mandanten gefahren. Bis zum frühen Abend haben Sie Zeit, sich in aller Ruhe zu verwöhnen.“ Sie zwinkerte Laura zu.
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