Romana Extra Band 3
waren schlimm. Sie kam nach Mallorca, weil sie glaubte, sie könne es schaffen, die Santiagos zu treffen, doch im Augenblick ist sie damit überfordert.“ Fernando holte tief Luft. „Daher erbittet sie sich eine Woche Zeit, um sich endgültig über ihre Gefühle klar zu werden. Solange wird sie bei mir wohnen.“
„Eine Woche?“ Maria seufzte ärgerlich. „Hätte sie sich das nicht früher überlegen können? Mein Bruder und meine Schwägerin waren darauf eingerichtet, sie heute wiederzusehen!“ Sie hielt kurz inne. „Ich wünsche auf der Stelle mit ihr zu sprechen!“
„Das geht leider nicht.“ Fernando verlieh seiner Stimme einen eindringlichen Klang. Es überraschte ihn selbst, wie ruhig er blieb angesichts der frei erfundenen Geschichte, die er seiner Gönnerin gerade auftischte. „Bitte, Maria – versetzt euch doch einmal in ihre Lage: Sie hat gerade erst den Menschen verloren, den sie seit ihrem sechsten Lebensjahr für ihren Vater hielt, und zudem musste sie erfahren, dass sie von ihren vermeintlichen Eltern all die Jahre belogen wurde. In dieser Situation auch noch ihre wahren Eltern wiederzusehen, an die sie bis vor Kurzem keinerlei Erinnerung mehr hatte, dürfte alles andere als leicht für sie sein. Und deshalb benötigt sie noch etwas Zeit. Die nimmt sie sich nun und möchte solange kein Mitglied der Familie Santiago sehen oder sprechen.“
„Aber ich könnte doch …“
„Nein, könntest du nicht, Maria“, fiel Fernando ihr ins Wort. „Ich bitte dich, dräng sie nicht. Wenn sie sich unter Druck gesetzt fühlt, wird sie womöglich abreisen und nie wieder zurückkommen. Das willst du deiner Familie sicher nicht antun, oder?“
Einen Moment herrschte Stille am anderen Ende der Leitung, und Fernando hielt gespannt inne. Er befürchtete schon, Maria wolle protestieren, und bereitete im Geiste eine entsprechende Erwiderung vor, doch da sagte sie zu seiner grenzenlosen Erleichterung:
„Also schön, ich werde mit meinem Schwager und meiner Schwester sprechen und versuchen, ihnen die Wendung der Dinge so behutsam wie möglich beizubringen. Und du hältst mich bitte auf dem Laufenden. Ich möchte über alles, was passiert, informiert werden – hast du mich verstanden?“
„Naturalmente!“ , beeilte Fernando sich zu versichern. Dann beendete er das Gespräch und ließ das Mobiltelefon nachdenklich in seiner Hosentasche verschwinden.
Es behagte ihm nicht, Maria und die Santiagos anzulügen. Diese Menschen standen ihm näher, als es bei seiner eigenen Familie je der Fall gewesen war. Sie hatten es nicht verdient, dass er sie hinterging, auf welche Weise auch immer. Andererseits tat er es nur, um sie alle zu schützen. Schon einmal hatte sich eine Frau in das Leben von Miguel und Gabriela Santiago geschlichen und behauptet, die verlorene Tochter zu sein. Sie war zwar als Hochstaplerin entlarvt worden, doch ihretwegen war die Familie um ein Haar auseinandergebrochen. Fernando sah es als seine Pflicht an, zu verhindern, dass so etwas noch einmal geschah. Deshalb musste er die kommende Woche nutzen, um herauszufinden, was Laura Ortega wirklich im Schilde führte. Und eines stand dabei fest: Sollte sie andere Absichten haben, als sie vorgab, würde sie sich am Ende wünschen, ihn niemals kennengelernt zu haben.
Mit grimmiger Miene trat er wieder an den Billardtisch. Er nahm das Queue und brachte sich in Position. Die schwarze Acht lag erheblich ungünstiger als beim letzten Stoß. Doch Fernando war ein Mann, der aus seinen Fehlern lernte. Dieses Mal würde er sich nicht von den Gedanken an Laura ablenken lassen. Entschlossen kniff er die Augen zusammen, nahm das Zielloch ins Visier – und führte den Stoß aus.
Mit einem leisen Klacken fiel die schwarze Acht in die linke obere Tasche.
3. KAPITEL
„Ich soll was ? Bei Ihnen wohnen? Eine Woche lang?“ Entgeistert schüttelte Laura den Kopf. „Haben Sie den Verstand verloren?“
Doch Fernando lächelte nur. „Aber, aber, wer wird denn gleich beleidigend werden?“
Seine spöttische Art brachte Laura noch mehr aus der Fassung. Nach dem ausgiebigen Bad hatte sie sich frische Sachen angezogen und einen Spaziergang in dem parkartigen Garten unternommen, der Fernandos Villa umgab. Sie war über eine sorgfältig gepflegte Rasenfläche gelaufen und hatte es sich auf einer Bank unter einer alten Eiche bequem gemacht und darauf gewartet, dass Fernando wieder auftauchte.
Als sie das Motorengeräusch seines Cabrios gehört hatte, war sie zum
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