Romana Extra Band 3
Hotelkette war ein einflussreicher Mann auf der Insel – mindestens ebenso einflussreich wie die erfolgreiche Unternehmerin Maria Velásquez. Zwar verband die beiden eine lockere Freundschaft, doch wenn es um geschäftliche Dinge ging, kannte Chavez keine Sentimentalität. In diesen Fällen pflegte er so zu entscheiden, wie es für ihn am profitabelsten war.
Fernando hatte sich gute Chancen ausgerechnet, Chavez als Mandanten zu gewinnen. Und zu Recht, denn es war ihm gelungen, den Hotelbesitzer von seiner besonderen Nützlichkeit für sein Unternehmen zu überzeugen.
Und warum, Madre de Dios , ging jetzt plötzlich alles schief? Seufzend fuhr Fernando sich durchs Haar. Nicht genug damit, dass Chavez Probleme machte, obendrein war ihm auch noch Laura aufs Auge gedrückt worden!
Die zweite Person, die schuld war an seinem momentanen Zustand.
Zumindest teilweise, denn eigentlich hatte er es selbst zu verantworten, dass sie ihm auf der Pelle hockte. Hätte er sie vor drei Tagen einfach nur vom Flughafen abgeholt und dann ohne Umwege zu den Santiagos gebracht, wäre vermutlich längst alles erledigt für ihn, und die ganze Sache läge hinter ihm.
Aber das hätte womöglich bedeutet, die Santiagos und auch Maria in ihr Verderben rennen zu lassen. Denn dass Laura tatsächlich die Tochter von Miguel und Gabriela war, stand noch lange nicht fest. Bis hierher war es nicht mehr als eine unbewiesene Behauptung – vorgebracht von diesem Carlos Almeida, Privatdetektiv seines Zeichens, und von Lauras selbst. Doch Fernando wollte erst wirklich sicher sein, denn er wusste, er würde es sich niemals verzeihen können, wenn die Familie noch einmal Opfer einer Schwindlerin wurde und er womöglich imstande gewesen wäre, es zu verhindern.
Umso ungelegener kam es ihm, dass Maria vorhin ihren Besuch für den Abend angekündigt hatte. Auch das noch! Vergeblich hatte er versucht, sie auf einen späteren Zeitpunkt zu vertrösten, doch sie gehörte nicht zu den Menschen, die sich einfach abwimmeln ließen.
Und nun? Was sollte er jetzt tun? Maria und Laura durften einander auf keinen Fall über den Weg laufen, sonst würde seine ganze schöne Lügenkonstruktion in sich zusammenbrechen. Sofort meldete sich ein Anflug von schlechtem Gewissen bei ihm. Seine Gönnerin so dreist anzulügen fühlte sich einfach falsch an. Maria hatte viel für ihn getan, mehr als jemals irgendein anderer Mensch auf der Welt. Sich langsam von ihr freizuschwimmen, zumindest in beruflicher Hinsicht, war eine Sache – sie in der Angelegenheit mit der verlorenen Tochter ihrer Schwester zu hintergehen eine ganz andere. Aber was blieb ihm für eine Wahl? Er musste sie und ihre Familie schützen. Und aus genau diesem Grund brauchte er die nächsten Tage Zeit. Um irgendwie herauszufinden, welche Absichten Laura wirklich verfolgte. Vorhin im Garten war er beinahe geneigt gewesen, ihr zu glauben. Sie war ihm so traurig, so unendlich verwundbar erschienen, als sie von ihrem Heimweh erzählt hatte. Fernando schüttelte den Kopf. Er hatte ja nicht einmal dem Drang widerstehen können, ihr eine selbst gepflückte Blume zu schenken!
Und dann hast du sie auch noch in die Arme genommen und geküsst!
Er fragte sich vergeblich, was in ihn gefahren war, so vertrauensselig gewesen zu sein. Erst als sie mit der Bitte herausgerückt war, Miguel und Gabriela sofort zu treffen, hatte er begriffen, warum sie ihn so nah an sich herankommen ließ: Sie wollte ihn um den Finger wickeln, nichts weiter. Mit den sprichwörtlichen Waffen einer Frau ihr Ziel erreichen. Aber nicht mit ihm, niemals!
Er blieb vor dem Schreibtisch stehen, griff nach dem Telefonhörer und drückte die Taste zum Vorzimmer. „Carlotta? Bitte versuch doch noch einmal, mich mit Señor Chavez zu verbinden.“
Carlotta lachte. „Das versuche ich schon die ganze Zeit, aber es ist wie gehabt: Der gute Mann scheint plötzlich Angst davor zu haben, mit dir zu sprechen.“
Das überraschte Fernando nicht. Immerhin war die Sache zwischen Chavez und ihm so gut wie abgemacht gewesen. Er hatte das Mandat gewissermaßen in der Tasche gehabt – die umfassende juristische Vertretung für das Hotelimperium, die zugleich die Chance für ihn bedeutete, endlich aus dem Schatten seiner Tante herauszutreten. Doch Maria hatte natürlich etwas gegen seine Unabhängigkeitsbestrebungen, und bei dem Einfluss, den sie auf Mallorca besaß, war es sicher ein Leichtes für sie gewesen, Chavez in letzter Minute umzustimmen. Fernando
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