Romana Extra Band 3
kostbaren Stoffen nicht bezeichnen. Eher als eine Art Palast aus Tausendundeiner Nacht, überlegte sie, als Fernando zu ihr trat und ihr abermals den Arm bot. Sie war ihm dankbar dafür, denn beim Anblick der elegant gekleideten Galagäste bekam sie weiche Knie.
Befrackte Kellner balancierten Tabletts mit Champagnergläsern und Kanapees durch die Menge. Erst jetzt merkte Laura, wie hungrig sie war. Kein Wunder, sie hatte seit dem frühen Vormittag nichts mehr gegessen, und ihr knurrte der Magen. Dennoch wagte sie nicht, sich von einem der Tabletts zu bedienen.
Sie kam sich seltsam fehl am Platze vor. Wie ein kleines Mädchen, das sich in den Kleidern der Mutter auf ein Fest der Erwachsenen geschlichen hatte. Jeden Moment würde jemand erkennen, dass sie hier nichts zu suchen hatte, und sie auffordern, zu gehen.
Doch nichts dergleichen geschah.
Fernando bewegte sich mit einer solchen Selbstverständlichkeit unter den Partygästen, dass auch Laura sich langsam sicherer zu fühlen begann. Sie schüttelte wildfremden Menschen die Hand, machte Small Talk, und nach kurzer Zeit schwirrte ihr der Kopf vor lauter Namen, die sie sich bestimmt nicht würde merken können. Die ganze Zeit über schien Fernando nach jemandem Ausschau zu halten.
„Wen suchen Sie?“, fragte Laura schließlich.
„Ricardo Chavez, den Gastgeber dieser Gala. Ein erfolgreicher Hotelier, der, wie man munkelt, schon mit Anfang zwanzig seine erste Million gemacht hatte. Ah, da ist er ja.“ Fernando nahm ihre Hand und zog sie mit sich. Zielsicher bahnte er sich einen Weg durch die Menge der Feiernden, und Laura versuchte herauszufinden, wer der Mann war, an dem Fernando so großes Interesse hatte. Ein bisschen verwundert stellte sie fest, dass es sich um einen eher auffälligen älteren Spanier handelte, der gerade mit einer hübschen Blondine flirtete.
Als der Mann Fernando erblickte, runzelte er die Stirn. „Estevez – was für eine … Überraschung. Ich hatte offen gestanden nicht damit gerechnet, dass Sie meiner Einladung folgen würden, wo Sie doch allgemein eher als Partymuffel bekannt sind.“
„Was durchaus zutrifft, aber bei Ihnen als Gastgeber habe ich gern eine Ausnahme gemacht.“ Fernando lächelte charmant.
Chavez ging über die Bemerkung hinweg. „Darf ich fragen, wer Ihre bezaubernde Begleiterin ist?“
„Selbstverständlich.“ Fernando deutete eine Verbeugung an. „Laura Ortega aus Barcelona – Laura, dies ist Señor Ricardo Chavez, unser Gastgeber.“
Laura lächelte, wenn auch ein wenig gezwungen. „Es freut mich, Sie kennenzulernen, Señor Chavez.“
„Die Freude ist ganz auf meiner Seite“, erwiderte der Spanier, ergriff Lauras Hand und hob sie sich an die Lippen. „Ich muss schon sagen, Sie sind wirklich eine Bereicherung für mein kleines Fest, Señorita . Eigentlich sollte ich Señor Estevez dafür rügen, dass er Sie so lange vor dem Rest der Gesellschaft versteckt gehalten hat.“
„Nun, von versteckt halten kann nicht die Rede sein“, entgegnete Fernando schmunzelnd. „Ricardo, hätten Sie vielleicht ein paar Minuten für mich? Ich würde gern kurz etwas mit Ihnen besprechen.“
Für einen Moment wirkte Chavez, jedenfalls hatte Laura diesen Eindruck, ein wenig verärgert. Doch er hatte sich sofort wieder im Griff. „Aber natürlich“, antwortete er gewandt. „Allerdings sollten wir uns wirklich kurzfassen. Es wäre doch unhöflich, meine Gäste allzu lang sich selbst zu überlassen.“
„Sie entschuldigen mich?“ Fernando sah Laura fragend an.
Sie nickte. Zwar fühlte sie sich alles andere als wohl unter so vielen Fremden, andererseits konnte man auch nicht behaupten, dass sie Fernando besonders gut kannte. Was machte es also für einen Unterschied? Zudem blieb ihr ohnehin keine Wahl.
Während Fernando und Chavez sich in eine stille Ecke zurückzogen, mischte Laura sich zögernd unter die Gäste. Ein wenig unbehaglich stellte sie fest, dass die anwesenden Männer ihr mit Blicken folgten, während die Frauen sie eher abschätzend musterten. Ob es an der teuren Kleidung lag, die sie trug? Zweifellos, sagte sie sich nach kurzem Überlegen. Was sollte sonst der Grund sein? Es war das erste Mal, dass ihr das passierte, normalerweise hatte sie keine so auffällige Wirkung auf andere Menschen.
„Entschuldigen Sie, Señorita “, sprach ein junger Mann sie an und taxierte sie ein wenig aufdringlich, wie Laura fand. Dabei sah er gar nicht so schlecht aus in dem hellen Abendanzug, der seinen
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