Romana Extra Band 3
und was dann?“
„Die Señora sorgte dafür, dass er eine vernünftige Schulbildung erhielt.“ Juana lächelte. „Leicht war es nicht, das kann ich Ihnen sagen. Der Junge war ein ganz schöner Wildfang. Aber er begriff rasch, was für ein unglaubliches Glück er hatte, und bewies der Señora , dass er das Vertrauen, das sie in ihn setzte, verdiente. Mit sechzehn war er Klassenbester, kurz darauf übersprang er ein ganzes Schuljahr, machte seinen Abschluss mit Bestnoten und absolvierte das Jurastudium in Rekordzeit.“
Laura runzelte die Stirn. „Und für das alles kam meine Tante auf?“
„Ja.“ Juana nickte. „Aber verstehen Sie mich nicht falsch – nicht dass der Patrón sie je um etwas gebeten hätte. Alles, was sie getan hat, hat sie freiwillig getan. Sie sah die ganze Sache als Investition in die Zukunft an. Und das war es ja auch – das Geld, das sie in die Ausbildung von Señor Fernando gesteckt hat, dürfte sich längst ausgezahlt haben. Denn er leitet die Rechtsabteilung sowohl von Señora Velásquez’ Firma als auch die des Familienunternehmens der Santiagos. Und das äußerst erfolgreich.“
„Er hat also nicht all die Jahre auf Marias Kosten gelebt?“
Juana lachte. „Nein, wo denken Sie hin? Alles, was er besitzt, hat er sich hart erarbeitet.“
Laura war wie vor den Kopf geschlagen. Wenn es stimmte, was Juana sagte, dann hatte sie sich völlig in Fernando getäuscht. Zutiefst beschämt dachte sie an die Anschuldigungen, die sie gegen ihn erhoben hatte und die offenbar nicht zutrafen.
Sie musste sich umgehend bei ihm entschuldigen. Zum einen, weil es um jeden Preis zu verhindern galt, dass er sie fortschickte, aber auch, weil sie ihm gegenüber ein entsetzlich schlechtes Gewissen hatte.
Doch da war noch mehr. Viel mehr. Die Vorstellung, dass Fernando sang- und klanglos aus ihrem Leben verschwinden könnte, erschien ihr schlichtweg unerträglich. Ihr Herz schlug höher, sobald sie mit ihm zusammen war. Und sie musste ständig daran denken, wie wunderbar es gewesen war, mit ihm zu schlafen.
Hatte sie sich etwa in ihn verliebt?
Sei nicht albern! rief sie sich zur Ordnung. Fernando mochte nicht der Schmarotzer sein, den sie in ihm vermutet hatte, aber das machte ihn noch lange nicht zu einem vollkommen anderen Menschen!
Und in einen Mann wie Fernando würde sie sich niemals verlieben. Allein der Gedanke war vollkommen absurd.
Oder?
Es gab nur einen Weg, wie sie sich Klarheit über ihre Gefühle verschaffen konnte.
„Sie sagten, er ist in seiner Kanzlei?“, wandte sie sich an Juana. Und als die Haushälterin nickte, bat sie: „Könnten Sie mir ein Taxi rufen?“
9. KAPITEL
Im selben Augenblick, in dem die Spitze des Queues die weiße Kugel berührte, wusste Fernando, dass der Stoß misslingen würde.
Die weiße Kugel schoss über den Tisch, streifte die anvisierte rote jedoch nur seitlich und schnitt sie so unglücklich an, dass sie quer über den grünen Filz rollte und gegen die schwarze Acht prallte, die vor der rechten oberen Tasche lag, und diese versenkte.
Fernando unterdrückte einen Fluch. So etwas passierte ihm sonst nie.
Weil du normalerweise in der Lage bist, dich zu konzentrieren!
Doch das fiel ihm im Augenblick schwer. Außerordentlich schwer.
Und nur wegen Laura. Nicht allein, weil er sich noch immer den Kopf darüber zerbrach, was sie wohl im Schilde führen mochte. Nein, er dachte ständig daran, wie es sich angefühlt hatte, sie in seinen Armen zu halten, sie zu küssen und …
Concho!
Du solltest dir besser Gedanken darüber machen, wie es mit Laura weitergeht, rief er sich zur Ordnung. Es wurde Zeit, dass er herausfand, warum sie wirklich nach Mallorca gekommen war. Um ihre Eltern wiederzusehen? Oder wollte sie Geld?
„Sí!“ , rief er beinahe automatisch, als es plötzlich klopfte. Dann runzelte er die Stirn. Um diese Zeit? Carlotta war längst nach Hause gegangen. Wer mochte so spät noch zu ihm wollen?
Die Frage beantwortete sich von ganz allein, als die Tür aufging und Laura ins Zimmer trat.
Es war erstaunlich, wie sehr sie den Raum mit ihrer Präsenz erfüllte. Fernando stand einfach nur da und starrte sie an. Als ihm klar wurde, welch seltsamen Anblick er bieten musste, straffte er die Schultern und räusperte sich.
„Ich muss schon sagen, wenn das keine Überraschung ist“, sagte er mit leicht ironischem Unterton. „Woher wusstest du …?“
„Juana“, beantwortete Laura seine Frage und holte tief Luft. „Ich … ich bin hier,
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