Romana Extra Band 4 (German Edition)
ist mit deiner Hand?“ Anita warf einen besorgten Blick darauf. „Deine Finger sind zu sehen, demnach sind sie unverletzt, oder?“
„Ja, ich kann sie auch bewegen. Wie gesagt, es ist vor allem meine Schuld.“
„Na ja, es war schon etwas ungeschickt“, meinte sie, und er lachte leise über die freundliche Untertreibung. „Übrigens, die Polizei möchte mit dir reden, wenn du dazu schon in der Lage bist. Und du musst deine Mutter anrufen.“
Gio nickte. „Dann erledige ich das zuerst, wähl du die Nummer für mich. Anschließend unterhalte ich mich mit der Polizei. Aber die Frau hat ja nichts Schlimmes getan.“
„Gio, sie hat dich angegriffen. Nur deshalb bist du jetzt verletzt.“
„Sie hat mich mit der Handtasche getroffen. Es ist kein Fall für die Polizei.“
„Und wenn sie es noch einmal versucht?“
Er zuckte die Schultern. „Das tut sie nicht, und selbst wenn, bin ich darauf vorbereitet.“
Statt noch länger mit ihm zu diskutieren, wählte Anita die Nummer seiner Mutter und reichte ihm das Smartphone, ehe sie ihn allein ließ, um etwas zu essen.
Ob ihr das Essen in der Cafeteria schmeckte oder nicht, hätte sie gar nicht sagen können. Es war ihr auch egal, weil sie immer nur Gios Bild vor Augen hatte, wie er in dem Krankenhausbett lag. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie seine Anrufe nicht beantwortet hatte.
Er hätte sterben können, ehe er anderweitig Hilfe herbeirufen konnte. Oder hatte er etwa zuerst den Krankenwagen angefordert und erst dann sie angerufen? Das kam ihr wahrscheinlicher vor, denn alles andere wäre unvernünftig gewesen.
Ihr wurde plötzlich übel, und sie ließ die Hälfte des belegten Brötchens auf dem Teller liegen.
Als sie in sein Zimmer zurückkehrte, hatte Gio sich aufgerichtet und sah blass und erschöpft aus.
„Was sagt die Polizei?“, erkundigte Anita sich.
„Man will die Frau befragen. Angeblich hat sie den Krankenwagen gerufen. Allerdings ist sie telefonisch nicht zu erreichen.“
„Sie hat den Krankenwagen gerufen?“, vergewisserte sie sich.
„Ja. Warum?“
Wenn das stimmte, brauchte sie kein schlechtes Gewissen zu haben, weil sie auf seine Anrufe nicht reagiert hatte. Sie schüttelte den Kopf und setzte sich neben ihn ans Bett. „Nur so. Geht es dir inzwischen besser?“
„Kaum. Der Arzt war vorhin da. Man will mich zur Beobachtung über Nacht hierbehalten. Ich soll noch eine Bluttransfusion bekommen. Die Vampire waren offenbar ziemlich gierig.“
Sie erwiderte sein Lächeln nicht, denn sie fand das alles gar nicht lustig. Mit einem Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass es fast Mitternacht war.
„Ich fahre jetzt nach Hause und komme morgen früh wieder. Soll ich dir irgendetwas mitbringen?“
„Ja, wenn du mir die kleinere Reisetasche aus dem Auto bringen würdest, wäre ich dir dankbar. Am besten sagst du der Polizei Bescheid, was du vorhast, falls der Tatort noch abgesperrt ist. Ich habe den beiden Polizisten erklärt, dass man sich den ganzen Aufwand sparen kann. Aber man scheint nach Beweisstücken zu suchen. Die Autoschlüssel sind in meiner Lederjacke da drüben.“ Gio wies in die Richtung. „Ach so, es ist der kleine Mercedes Sportwagen.“
„Und wo ist dein Ferrari?“
„Für den Stadtverkehr eignet sich der Mercedes besser“, erwiderte er lächelnd.
„So eine vernünftige Entscheidung passt doch nicht zu dir.“
„Vielleicht habe ich mich ja geändert.“
Anita musste lachen. Giovanni Valtieri würde sich niemals ändern, auf dieses Wunder hoffte sie schon lange nicht mehr.
Nachdem sie die Schlüssel an sich genommen hatte, beugte sie sich zu ihm hinunter und küsste ihn auf die Wange. Sie empfand es als seltsam tröstlich, seine rauen Bartstoppeln zu spüren, als er sich zu ihr umdrehte und ihre Wange leicht mit den Lippen streifte.
„Wir sehen uns morgen früh“, sagte sie leise, ehe sie sich aufrichtete und seinem müden Blick begegnete.
„Ciao, Anita“, verabschiedete er sich. „Und danke für alles.“
„Gern. Pass auf dich auf. Und bitte keine Auseinandersetzungen mehr mit irgendwelchen Frauen.“
Gio lachte leise und winkte ihr mit der gesunden Hand nach. An der Tür blieb sie stehen und winkte kurz, dann ging sie hinaus auf den Flur, wo sie einem der Polizisten begegnete. Sie bat ihn, seine Kollegen zu informieren, dass sie etwas aus Gios Wagen holen würde.
Ohne auf seine Antwort zu warten, eilte sie weiter. Sie war müde und emotional erschöpft. Deshalb wollte sie nur noch nach Hause.
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