Romana Extra Band 4 (German Edition)
wollen doch die Braut kennenlernen, oder?“
Sapphy zögerte. „Ich habe Ihnen noch keine Zusage gemacht.“
„Nein?“, fragte er in einem Tonfall, der nahe legte, dass sie ohnehin keine Wahl hatte. „Dann haben Sie noch bis Sonntag Zeit, um sich zu entscheiden. Wir fliegen am Montag.“
2. KAPITEL
Als Sapphy ihre Wohnung betrat, fühlte sie sich zugleich müde und beschwingt. Das Angebot von Signor Khaled war zwar vollkommen unerwartet gekommen, aber angesichts der Tatsache, dass sie ihre aktuelle Kollektion gerade abgeschlossen hatte, hätte der Zeitpunkt gar nicht besser sein können. Und dennoch würde es knapp werden, das Kleid in nur vier Wochen fertigzustellen.
Wenn sie den Auftrag annahm.
Jebbai.
Allein der Name beschwor exotische Bilder herauf von endlosen Sanddünen und Palmen. Aber was wusste sie schon über den Wüstenstaat, abgesehen von der Tatsache, dass es sich um einen unabhängigen arabischen Staat handelte, dessen Reichtum auf nahezu unerschöpflichen Ölreserven beruhte?
Nachdenklich öffnete Sapphy die Glastür in ihrem Wohnzimmer und trat auf den kleinen Balkon hinaus, legte ihre Arme auf die Brüstung und beobachtete die Menschen unter ihr, die den erstaunlich warmen Februarabend nutzten, um spazieren zu gehen oder eines der Restaurants zu besuchen, die den Platz von allen Seiten umgaben.
Das Angebot war verlockend, das Reiseziel faszinierend, aber irgendetwas an dem Auftraggeber machte sie nervös. Es war nicht sein fremdländisches Aussehen, zumal sie dieses jetzt einordnen konnte. Es war vielmehr der düstere Ausdruck in seinem Gesicht und sein gesamtes Auftreten, aus dem beinahe so etwas wie Verachtung gesprochen hatte.
Aber warum sollte er etwas gegen sie haben? Es sei denn, er war schon von verschiedenen Designern abgewiesen worden und ihr Zögern, sich sogleich auf den Auftrag einzulassen, hatte ihn verärgert. Aber nein, erinnerte sie sich, er hatte schon zornig gewirkt, als er den Laden betrat. Zornig und herausfordernd.
Wollte sie wirklich mit diesem Mann in einen fernen Wüstenstaat fliegen?
Nachdenklich ging sie wieder zurück in die Wohnung. Während sie die Tür hinter sich schloss, bemerkte sie ein blinkendes Licht auf ihrem Anrufbeantworter. Vielleicht hatte Paolo angerufen …
Sie drückte auf den Knopf, um die aufgezeichnete Nachricht abzuspielen, doch es war nur Gianfranco, dessen Stimme erklang. „Du wirst Besuch von einem neuen Kunden bekommen. Sein Angebot ist nicht nur gut für dein Ansehen, sondern auch für den Ruf des Hauses Bacelli. Ich erwarte daher, dass du den Auftrag annimmst.“
Ein Piepen beendete die Nachricht. Die Entscheidung war also bereits getroffen. Gianfrancos Wortwahl ließ keinen Zweifel daran.
Signor Khaled war offensichtlich ein äußerst wohlhabender Kunde, wenn es ihm gelang, eine Designerin für einen ganzen Monat von einem der führenden Modehäuser Mailands freizustellen zu lassen. Und er hatte ihr eigens ein Atelier eingerichtet, in dem sie arbeiten konnte.
Unter diesen Umständen war es durchaus machbar, den Auftrag innerhalb von vier Wochen abzuschließen.
Und hatte sie sich nicht insgeheim schon auf den Besuch in dem Wüstenstaat gefreut? Vielleicht war ein Besuch in Jebbai genau das Richtige, um sie auf neue Ideen zu bringen?
Schon jetzt konnte sie sich das Licht und die flirrende Hitze vorstellen. Die Sonne schien dort wahrscheinlich noch heller als in ihrer Heimat Australien. Dadurch würden die Farben kräftiger wirken. Sapphy stellte sich prächtige Gewänder aus feinster Seide vor, mit aufwändigen Verzierungen.
Es würde dort eine Fülle neuer Eindrücke für sie geben, unbekannte Gerüche, faszinierende Stoffe und Muster. Sie wäre verrückt, sich eine solche Gelegenheit entgehen zu lassen.
Sapphy sah sich in ihrem bescheidenen Apartment um. Hier gab es nichts, was sie vermissen würde. Selbst Paolo würde vermutlich noch monatelang in den USA sein, wo er an einem internationalen Gerichtsverfahren mitwirkte.
Während seiner Abwesenheit hatte sie die Möglichkeit, einen ihr vollkommen unbekannten Flecken Erde zu erkunden. Im besten Fall würde ihr Aufenthalt dort so etwas wie ein Urlaub werden. Und den konnte sie nach der harten Arbeit der letzten Wochen auf jeden Fall gebrauchen.
Ein Klingeln an der Wohnungstür riss sie aus ihren Gedanken.
Signor Khaled!
Aber das war nicht möglich. Er wusste doch gar nicht, wo sie wohnte. Oder hatte er ihre Adresse etwa auch schon herausgefunden?
Klopfenden Herzens
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