Romana Extra Band 4 (German Edition)
übertriebenen Forderungen vor den Kopf stieß.
Dies hier war ein ganz anderer Mann. Ein fürsorglicher Landesherr, der sein Volk unterstützte, damit es weiterhin den Lebensstil pflegen konnte, an den es seit langer Zeit gewohnt war. Er hätte die Nomaden auch zwingen können, ihre Lebensweise aufzugeben und in die Städte zu ziehen. Dazu hätte er ihnen einfach nur jede Unterstützung entziehen müssen. Und doch nahm er erhebliche Mühen auf sich, um ihre Existenz zu sichern und ihre einzigartige Kultur zu erhalten. Nach dem Empfang zu schließen, der ihm hier bereitet worden war, war er ein beliebtes und von seinem Volk hoch geachtetes Staatsoberhaupt.
Wie konnte jemand, der zu seinen Untertanen so hilfsbereit und großzügig war, sich ihr gegenüber so rücksichtslos verhalten? Das alles ergab keinen Sinn.
In der Dämmerung konnte sie sehen, wie die Frauen aus den Zelten kamen, ihre langen Gewänder wehten im Wind. Viele trugen Säuglinge in einem Tuch auf dem Rücken, andere hielten ein Kleinkind an der Hand. Sie alle versammelten sich vor einem kleinen Zelt, wo einer der Männer, der mit ihnen gereist war, seine Ausrüstung ausgebreitet hatte.
Sapphy beobachtete die Menschen stumm. Diese Leute mussten ein beschwerliches Leben führen, immer unterwegs und mit nur wenigen Besitztümern. Und doch wirkten sie alle gesund und zufrieden.
„Nach Ihnen“, hörte sie Khaled sagen und begriff, dass er sie, ohne dass sie es gemerkt hatte, zu einem Zelt geführt hatte und nun den Eingang für sie aufhielt. Sie trat ein. Nach wenigen Sekunden hatten ihre Augen sich an das schwache Licht gewöhnt, und vor Staunen hielt sie den Atem an.
Das schlichte Äußere des Zeltes hatte Sapphy nicht auf die Schönheit vorbereitet, die sie in seinem Inneren erwartete. Der Boden war mit farbenfrohen, handgeknüpften Teppichen ausgelegt. Vorhänge aus glänzenden Seidenstoffen bedeckten die Wände, die dadurch wie die Facetten eines Edelsteins wirkten. Weiche und einladend aussehende Kissen waren überall verteilt, ebenso wie zahlreiche Kerzen, die einen betörenden Duft aussandten. Hinter einem Seidenvorhang konnte Sapphy ein riesiges Bett ausmachen. Offenbar ihr Bett, zumindest lag ihre Tasche darauf.
Es war wie ein Kindheitstraum, der nach all den Jahren wahr geworden war. Sie konnte kaum glauben, dass dieser magische Ort eine Nacht lang ihr gehören sollte. Sapphy war Luxus von klein auf gewöhnt, sie war in einem der exklusivsten Hotels in Australien aufgewachsen. Doch das hier übertraf alles, was sie jemals gesehen oder erträumt hatte.
„Glauben Sie, dass Sie es hier bequem haben werden?“
Sie drehte sich langsam um, ohne die Augen von ihrer Umgebung zu wenden. „Oh ja. Es ist wunderschön.“
Khaled legte eine Hand auf ihre Schulter, mit der anderen hob er ihr Kinn. „Wenn auch nicht halb so schön wie Sie.“
Ihr Atem stockte, als er sie durchdringend ansah. Seine Haut leuchtete im Schein der Kerzen golden. Ein Traumprinz in einer traumhaften Umgebung.
Es war wie im Märchen.
Nur dass für sie in diesem Märchen kein Platz war. Sie hatte ihre Entscheidung bereits getroffen: Sie würde Jebbai verlassen und nach Mailand zurückkehren, und schon bald würde der heutige Abend ihr nur noch wie ein Traum erscheinen.
Sie hob eine Hand und legte sie auf seine Brust. Dabei hätte sie selbst nicht sagen können, ob sie ihn damit zurückhalten wollte oder lediglich der Versuchung nachgab, ihn noch einmal zu berühren, ihre Finger über seinen muskulösen Oberkörper gleiten zu lassen und den kraftvollen Schlag seines Herzens zu spüren.
Khaled nahm seine Hand von ihrer Schulter und legte sie auf die ihre. Seine Augen blieben auf sie gerichtet, während er ihre Hand von seiner Brust nahm und an seine Lippen führte. Sapphy hielt die Luft an, als seine warmen Lippen ihre Haut berührten.
„Und nun“, sagte er, „ruhen Sie sich etwas aus. Die Frauen werden Ihnen anschließend behilflich sein. Ich habe einiges mit den Männern des Stammes zu besprechen, danach hole ich Sie ab, und wir essen gemeinsam zu Abend.“
Frauen? Sapphy drehte sich um und entdeckte erst jetzt zwei verschleierte Gestalten, die neben dem Bett standen und damit beschäftigt waren, Sapphys Tasche auszupacken. Eine der Frauen hielt gerade ein blaues Gewand in den Händen, in das goldene Fäden eingewebt waren. Sapphy runzelte die Stirn.
„Das ist nicht meine Tasche“, sagte sie und trat auf das Bett zu.
„Oh doch“, erwiderte Khaled.
„Aber
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