Romana Extra Band 6
meinen Lieblingsdichtern.“
Varo nickte. „Ein berühmter Dichter, ein berühmtes Gedicht …“
„An das ich dich erinnert habe?“ War das sein Eindruck von ihr? Hielt er sie für kalt und unnahbar? Vielleicht sogar für grausam?
Varo antwortete nicht. Er ließ sich rückwärts ins Wasser fallen und streckte die Arme aus. „Komm zu mir.“
Ava zögerte, denn ihr fiel ein, dass Karen sie sehen konnte. In aufregende Situationen war sie bisher noch nicht geraten, aber seit sie Varo kannte … Er war kein gewöhnlicher Verführer. Er wollte, dass sie ihr Leben von Grund auf änderte.
„Komm“, forderte er sie noch einmal auf.
Der Atem stockte ihr, aber was blieb ihr anderes übrig, als sich willenlos in seine ausgestreckten Arme fallen zu lassen?
Gemeinsam sanken sie in die Tiefe – immer weiter in die kristallene Dämmerung, in die kaum noch ein Sonnenstrahl drang. Varo drückte Ava fest an sich, als gehörten sie von jetzt an für immer zusammen. Heiß lagen dabei seine Lippen auf ihren … Geschah so etwas nicht nur im Traum? War es möglich, solch ein Wunder zu erleben?
Doch Varo wollte mehr. Ava entzückte ihn. Ihre Schönheit nahm ihn gefangen. Er schob seine Hand unter das Top ihres Bikinis und umfasste zärtlich ihre Brust. Inzwischen waren sie schon so lange unter Wasser, dass Ava zu ersticken glaubte. Doch das kümmerte sie nicht. Alles war so unwirklich, so zeitlos … Eng umschlungen schwebten sie in der silbergrünen Tiefe und brannten vor Verlangen. Hier unten war das Wasser von fremder, eigenartiger Schönheit. Es umschmeichelte den Körper, weich wie Seide. Hier konnte sie kein neugieriges Auge entdecken …
Langsam glitten sie immer weiter hinunter, ohne es zu spüren, aber Varo fand die Kraft, den Zauber zu brechen. Arm in Arm schossen sie an die Oberfläche und holten keuchend Luft. Dev und Mel hatten sich nach ihnen umgesehen und schwammen auf sie zu, während Karen am Ufer stand und ihnen durch heftiges Winken zu verstehen gab, dass sie endlich herauskommen sollten.
Ava wusste, dass sie eine Gardinenpredigt zu erwarten hatte. Bisher war Karen nie eifersüchtig auf sie gewesen. Sie hatte sich immer für etwas Besseres gehalten – ihrer jüngeren Cousine weit überlegen. Jetzt wurde Ava klar, dass Karen sie bewusst herabgesetzt hatte.
Auch diesmal würde sie nicht mit Ermahnungen sparen und womöglich sogar mit Luke sprechen. In dem laufenden Scheidungsverfahren stand sie auf seiner Seite. Ava gegenüber empfand sie keine Loyalität, was gefährlich werden konnte.
Karen wartete, bis Ava geduscht und sich umgezogen hatte, ehe sie bei ihr anklopfte und sich ohne Aufforderung ins Zimmer drängte.
„Du verbringst auffällig viel Zeit mit Varo“, warf sie Ava vor und bewies damit, dass sie den Spitznamen „Schnüfflerin“, den Mel ihr schon vor Jahren verpasst hatte, zu Recht trug.
„Entschuldige“, antwortete Ava gelassen, denn sie war fest entschlossen, äußerste Ruhe zu bewahren. „Geht dich das irgendetwas an?“
„Natürlich“, erwiderte Karen bissig. „Schließlich passe ich seit unserer Kindheit auf dich auf und hätte nie geglaubt, dass du dich so verirren könntest. Als Ältere von uns beiden muss ich dich auf die Gefahr hinweisen, in die du dich begibst.“
„Du kannst wohl nie aufhören, wie?“, seufzte Ava. „Du musst mir immer noch zeigen, wie viel klüger und erfahrener du bist. Schon auf dem Internat hast du die Überlegene herausgekehrt, und jetzt spielst du die Frau von Welt. Übrigens bist du diejenige, die unseren argentinischen Gast verfolgt. Das hat jeder bemerkt.“
Karen wurde knallrot. „Nun ja“, gab sie sichtlich verlegen zu. „Vielleicht ein bisschen. Aber nur zum Spaß“, setzte sie rasch hinzu. „Um mich etwas von meinem anstrengenden Berufsalltag zu erholen. Außerdem bin ich nicht gebunden. Ich bin niemandem verpflichtet … so wie du.“
„Ein wenig Eifersucht ist wohl doch im Spiel, oder?“
„Mach dich nicht lächerlich. Wie sollte ich auf dich eifersüchtig sein? Besorgt ist eher das richtige Wort. Wir sind Cousinen … gehören zu derselben Familie. Du bist zurzeit sehr verletzlich. Da ist es kein Wunder, dass ein Mann wie Varo dir gefährlich wird. Die dunklen Augen … der Blick, der jeder Frau sagt, dass sie die Schönste für ihn ist … Das Lächeln, die ganze Ausstrahlung … Er ist der typische südamerikanische Macho. So sind sie alle. Auch Varo ist gewohnt, Frauen zu erobern.“
„Davon bin ich überzeugt“,
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