Romana Extra Band 6
Tür, denn sie wollte sich nicht länger von Karen ärgern lassen. „Ich verschwinde jetzt, damit du in Ruhe auspacken kannst. Essen gibt es um ein Uhr.“
Karen stand langsam auf. Mit ihren langen, schlanken Beinen erinnerte sie an einen Kranich. „Wann fliegt er wieder weg?“, rief sie Ava nach.
Ava blieb an der offenen Tür stehen. „Wann immer er will. Er hat eine weite Reise hinter sich und ist auf Kooraki sehr willkommen.“
Das genügte Karen nicht. „Und nach der Hochzeit?“, forschte sie weiter. „Wenn Dev und Mel in die Flitterwochen gefahren sind? Mel hat wirklich großes Glück gehabt. Ich meine, bei der Mutter …“
„Ich fürchte, du überblickst die Situation nicht ganz“, warnte Ava sie. „Dev liebt Mel über alles … und zwar schon seit seiner Kindheit. Ich, an deiner Stelle, würde das Thema ‚Sarina Norton‘ lieber meiden. Mel wird bald die Herrin von Kooraki sein.“
„Ich habe sie nie gemocht“, murmelte Karen.
„Das weiß ich. Sie war dir stets überlegen. Also noch einmal, Karen, Mel und ihre Mutter sind tabu.“
Karen hob beide Hände, zum Zeichen, dass sie sich geschlagen gab. „Liebe Cousine! Hast du vergessen, dass wir miteinander verwandt sind? Da können wir doch wohl ein harmloses Schwätzchen halten.“
„Natürlich, aber denk daran, dass Mel jetzt auch zur Familie gehört. Ich bin entzückt, endlich eine Schwester zu haben.“
„Sie wird bestimmt eine schöne Braut sein.“ Karen war klug genug, nicht zu weit zu gehen. Ava durfte nicht merken, dass sie schon immer eifersüchtig auf die schöne Amelia Norton gewesen war. „Ich sehe sie direkt vor mir. Eigentlich hatte ich erwartet, dass sie mich bitten würde, eine der Brautjungfern zu sein. Schließlich waren wir auf demselben Internat.“
Manchmal konnte die schlaue Karen merkwürdig begriffsstutzig sein. „Sei froh, dass man dich überhaupt eingeladen hat“, gab ihr Ava zu bedenken. „Also, bis später.“
„Ich freue mich schon auf das Polomatch!“ Karens Stimme klang so munter wie am Anfang. „Du ahnst nicht, was ich anziehen werde.“
„Sicher war es schön teuer.“ Ava schloss hinter sich die Tür. Offenbar wollte Karen die nächsten Tage nutzen, um Varo für sich zu gewinnen. Vermutlich würde er das Spiel mitmachen. Was sie selbst mit ihm erlebt hatte, war nur eine kurze Episode gewesen – das Ergebnis überwältigenden sexuellen Verlangens. Man konnte es vielfältig benennen, nur mit Liebe hatte es nichts zu tun. Liebe war etwas ganz, ganz anderes.
Die Tage vergingen wie im Flug, alle Leute waren in Hochstimmung, und auch Karen war da keine Ausnahme. Sie wechselte mehrmals am Tag die Kleidung, umschwärmte Dev und Varo wie ein unreifer Teenager und heftete sich an ihre Fersen, sobald sie das Haus verließen, um Koorakis Schönheiten zu besichtigen.
„Es hat sie schwer erwischt“, raunte Mel Ava ins Ohr, als Karen wieder einmal den Männern nachstellte. „Sie findet Varo so bestürzend schön wie einen schwarzen Panther … jedenfalls hat sie das zu mir gesagt. In gewisser Weise hat sie ja recht. Er ist wirklich ein Traumtyp.“
Sie lachten beide, dann fuhr Mel fort: „Ich habe allerdings den Eindruck, dass du ihn mehr interessierst.“
„Varo liebt die Frauen“, erwiderte Ava, froh darüber, dass ihr langes Haar teilweise ihr Gesicht verbarg. „Was mich betrifft … Ich darf mich für niemanden interessieren – auch nicht für jemanden, der Karen an einen schwarzen Panther erinnert –, solange meine Scheidung nicht rechtskräftig ist.“
„Ich würde das nicht allzu genau nehmen“, meinte Mel. „Luke verdient es nicht.“
„Ich weiß. Er will aber, dass ich zu ihm zurückkomme.“
„Natürlich möchte er das.“ Mel hatte nicht viel für Avas schwachen, extrem eingebildeten Mann übrig. „Du warst seine Siegestrophäe. Er ist dumm genug zu glauben, dass er dich weiter schikanieren kann, wenn du zu ihm zurückkehrst.“
„Das wird nie geschehen“, erklärte Ava mit seltener Bestimmtheit. „Er braucht nur etwas Zeit, um das zu begreifen.“
„Er hat sich mit mir in Verbindung gesetzt“, gestand Mel nach kurzer Überlegung.
„Wie bitte?“, fuhr Ava auf. „Etwa kürzlich?“
„Vor meiner Abreise. Er ist verzweifelt, Ava. Er behauptet, dass er dich liebt … dich anbetet. Die Scheidung würde ihn vernichten.“
„Was hast du geantwortet?“
„Was du von mir erwartet hättest. Dass es zwischen euch endgültig vorbei ist und dass er meiner Ansicht
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