Romana Extra Band 6
Brautjungfern nicht aus schwerer Duchesse, sondern aus leichter Schantungseide nähen lassen. Ihr eigenes Kleid, das über und über mit Glasperlen bestickt war, schimmerte wie Elfenbein. Die drei Brautjungfern sollten unterschiedliche Farben tragen: Ava Malvengelb, Lisa Hortensienblau und Ashleigh Rosarot.
Statt eines Schleiers wollte Mel ihr Haar mit einem Blütenkranz schmücken. Auch die Brautjungfern, alle groß und schlank, sollten Blumen im offenen Haar tragen. Mel wünschte sich keine prächtige, sondern eine romantische Hochzeit. Einen Sommertagstraum.
Der Samstag kam, und alle drängten sich in Mels Zimmer: Dienstmädchen, Friseuse, die drei Brautjungfern und Mels zukünftige Schwiegermutter, Elizabeth Langdon. Sogar Karen hatte sich Eingang verschafft und stand an der offenen Glastür, von wo aus sie alle kritisch beobachten konnte – mit einer Miene, die weder Vorfreude noch Spannung verriet. Sie hatte sich ausnahmsweise nicht schwarz, sondern schwarz-weiß gekleidet und sah sehr chic aus. Trotzdem wäre es Ava lieber gewesen, wenn sie etwas Farbiges gewählt hätte.
Karen wartete, bis alle das Zimmer verlassen hatten, ehe sie Ava am Arm zurückhielt und mit eisiger Stimme fragte: „Du denkst heute natürlich an einen anderen, oder?“
Ava blieb unwillig stehen. „Was irritiert dich eigentlich so an mir? Du warst schon immer gegen mich.“
„Ich wollte nur auf dich aufpassen“, antwortete Karen. Als sie merkte, dass auch Mel stehen geblieben war, dämpfte sie ihre Stimme. „Ein Eheversprechen ist eine ernste Sache.“
„Warte, bis es bei dir so weit ist“, riet Ava ihr. „Wie alt bist du jetzt?“
Die Frage war Karen unangenehm. „Mir sind schon viele Anträge gemacht worden“, erklärte sie, „aber ich habe es nicht eilig. Ich möchte nichts falsch machen … so wie du. Und du machst gerade den größten Fehler deines Lebens. Luke liebt dich und möchte, dass du zu ihm zurückkehrst. Kaum verständlich, wenn man bedenkt, wie schlecht du ihn behandelt hast.“
Was für ein ungerechter Vorwurf!
Ava schüttelte Karens Hand ab – gerade als Mel misstrauisch näher kam. „Hast du es mal wieder auf Ava abgesehen?“, wollte sie wissen und stellte sich so dicht vor Karen hin, dass diese zwei Schritte zurückwich.
Genau wie früher. Da ist sie auch immer für mich eingetreten.
„Schon gut, Mel. Es gibt nichts …“ Wie immer, versuchte Ava zu schlichten, aber die Freundin ließ sich nicht so schnell beruhigen, wenn ihr italienisches Temperament mit ihr durchging.
„Ich wollte Ava nur zur Vernunft bringen“, verteidigte sich Karen. „Ich mache mir Sorgen um sie. Schließlich ist sie meine Cousine. Auch um Luke mache ich mir Gedanken. Der arme Kerl leidet sehr.“
„Er leidet ?“, fuhr Mel auf. „Meinst du das ernst? Luke Selwyn ist der klassische Egozentriker … und außerdem ein Frauenheld. Tu bloß nicht so, als wüsstest du das nicht. Wenn er dir so leidtut, kannst du ihn ja demnächst trösten. Geh doch zu ihm, bemitleide ihn, aber kümmere dich gefälligst nicht mehr um Avas Angelegenheiten. Damit hast du nichts zu schaffen. Und noch etwas. Wie kannst du es wagen, gerade heute Unfrieden zu stiften? Ich warne dich. Verdirb mir nicht die Hochzeit!“
Karen sackte in sich zusammen. Das war ihr bei Mel schon immer so gegangen, und deshalb hasste sie sie. „Keine Sorge“, sagte sie und lächelte gequält. „Ich werde mich schon zusammennehmen.“
Mel nickte. „Das will ich dir auch geraten haben.“
„Du siehst übrigens sehr hübsch aus.“
„Oh, vielen Dank“, antwortete Mel spöttisch. „Komm, Ava. Die Braut darf nicht zu spät zu ihrer Trauung erscheinen.“
Um vier Uhr fand die Trauung statt. Braut und Bräutigam gelobten einander im Schutz des mit weißen Orchideen und rosa Seidenbändern geschmückten Pavillons Treue. Mel trug ihr bezauberndes, über und über mit Glasperlen übersätes Brautkleid und sah ihrem geliebten Dev immer wieder tief in die Augen.
Das Ritual löste bei allen Anwesenden tiefe Rührung aus. Ava, hübsch anzusehen in ihrem malvenfarbenen Kleid, neigte den Kopf zum Gebet und kämpfte gegen die aufsteigenden Tränen.
Möge Gott euch segnen und ein Leben lang beschützen. Möge er euch schöne Kinder schenken, die ihr liebt und zu Glück, Zuversicht und Anstand erzieht, soweit es euch möglich ist.
Als sich das Brautpaar nach dem Ende der Zeremonie – wie üblich – einen Kuss gab, betupften sich vor allem die weiblichen Gäste
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